Sommaruga stellt Klimapolitik vor «Das ist die wichtigste Botschaft: Wir müssen jetzt vorwärtsmachen»

Von Philipp Dahm und Gil Bieler

17.9.2021

Sommaruga präsentiert ein CO2-Gesetz ohne neue Abgaben

Sommaruga präsentiert ein CO2-Gesetz ohne neue Abgaben

Noch 2021 will der Bundesrat eine neue Vorlage für ein CO2-Gesetz in die Vernehmlassung schicken. Am Freitag hat Simonetta Sommaruga die Eckwerte vorgestellt.

17.09.2021

Der Bundesrat nimmt einen neuen Anlauf in der Klimapolitik und zieht Lehren aus dem gescheiterten CO2-Gesetz. Anreize und Förderung statt Abgaben lautet die Devise.

Von Philipp Dahm und Gil Bieler

17.9.2021

Trotz des Volks-Nein zum CO2-Gesetz vom 13. Juni hält der Bundesrat an seinen Klimaschutzzielen fest: Die Schweiz soll ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2030 gegenüber den Werten von 1990 halbieren. Wie das erreicht werden soll, hat die Landesregierung an ihrer heutigen Sitzung beraten.

Sie will die künftige Klimapolitik auf «eine möglichst breite Basis» abstellen und bis Ende Jahr eine neue Gesetzesgrundlage in die Vernehmlassung schicken, wie es in einem Communiqué vom Freitag heisst. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) von Simonetta Sommaruga hat den Auftrag erhalten, die Vorlage zu erarbeiten.

Eines steht für den Bundesrat schon fest: «Auf Instrumente, die massgeblich zum Nein beigetragen haben, soll verzichtet werden.» Damit sei insbesondere eine Erhöhung des Benzinpreises gemeint, führte Sommaruga vor den Bundeshausmedien aus.



Überhaupt solle auf neue Abgaben verzichtet werden. Generell sollten Mittel aus verschiedenen klimapolitischen Instrumenten jenen Sektoren zugutekommen, aus denen die Einnahmen stammen. «Für den Fall, dass im Gebäudebereich zusätzliche Mittel notwendig sind, prüft das UVEK, die Zweckbindung bei der CO2-Abgabe vorübergehend anzupassen», teilt der Bundesrat mit. 

Mit finanziellen Anreizen wird ebenfalls gearbeitet. So soll im Gebäudebereich der Ersatz alter Öl- und Gasheizungen finanziell unterstützt werden. Beim Verkehr soll die Infrastruktur für Elektroautos gefördert werden. Im öffentlichen Verkehr soll der Wechsel von Diesel- auf Elektrobusse angestossen werden. Im Flugsektor soll eine sogenannte Beimischquote für nachhaltige Treibstoffe eingeführt werden.

Die angedachte Möglichkeit für Unternehmen, sich von der CO2-Abgabe befreien zu können, soll beibehalten und sogar auf weitere Branchen ausgedehnt werden.

Das Reduktionsziel von minus 50 Prozent bis 2030 sei so erreichbar, heisst es. Wobei es der Bundesrat offen lässt, wie das Verhältnis von Kompensationen im Inland und im Ausland aussehen soll.

Der Ticker zum Nachlesen

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  • 14.33 Uhr

    Schluss

    Damit ist die Medienkonferenz mit Simonetta Sommaruga beendet. Als Nächstes ist Alain Berset dran: Der Innenminister wird ab 15 Uhr die neuesten Corona-Entscheide des Bundesrats präsentieren.

  • 14.29 Uhr

    Abgabe für Elektroautos?

    Wenn es keine neuen Abgaben gebe: Sei dann auch eine Abgabe auf Elektroautos denkbar? Diese sei nicht vom Tisch, so Sommaruga. Es könnte ja auch als Anreiz zum Umsatteln angesehen werden, wenn man wisse, dass die Befreiung von der Abgabe irgendwann auslaufe.

  • 14.29 Uhr

    «Bevölkerung erwartet Klimaschutz»

    Kommen noch weitere Massnahmen? Sommaruga sagt, das Programm solle sie bis 2030 festlegen, die Situation sei aber dynamisch. Sollte die EU zum Beispiel Dinge ändern, könnten Nachbesserungen nötig werden. Darauf wolle sie aber nicht warten. «Die Bevölkerung erwartet Klimaschutz.»

    Dann wird nachgefragt, ob Diesel-Bus-Betreiber Kosten nicht auf die Kunden abwälzen würden und das eine versteckte Finanzierung sei. Sommaruga verneint: Der Steuer-Anreiz wirke sich nur auf die Beschaffung günstig aus, während sie im Betrieb teurer seien und deshalb Kunden keine Kosten entstünden.

  • 14.26 Uhr

    Braucht es Vorgaben für den Finanzsektor?

    Der Bankensektor sei sehr wichtig, sagt Sommaruga. Aber man könne nicht sagen, dass das CO2-Gesetz überladen gewesen sei und dann die nächste Vorlage ebenfalls wieder überladen. Das neue Gesetz sei ein erster Schritt, um vorwärtszumachen. Alles Weitere könne später folgen.

  • 14.24 Uhr

    Zur Finanzierung

    Welche Sektoren verlieren Geld, wenn «sektorspezifisch» investiert werden soll? Einnahmen aus dem Gebäudebereich sollen für Renovierungen genutzt werden, Auto-Import-Einnahmen in den Ausbau von Ladestationen fliessen und auch die Prüfung einer «Beimischquote» für umweltfreundlicheres Kerosin könne mit Mitteln für die Luftfahrt bestritten werden. Das biete auch Anreize für industrielle Innovationen, so Sommaruga.

    Reichen die Einnahmen denn aus – etwa beim Auto-Import? «Das muss man jetzt anschauen.» Sommaruga ergänzt, die Finanzierung solle «möglichst» aus dem jeweiligen Sektor erfolgen. Sie führt noch die Diesel-Busse an, die heute immer noch steuerlich gefördert würden, was widersinnig sei. «Wir müssen jetzt vorwärtsmachen», betont sie nochmal, «damit wir hier jetzt den letzten Schritt machen können.»

  • 14.20 Uhr

    Worauf stützt sich der Bundesrat?

    Worauf stützt Sommaruga ihre Interpretation des Abstimmungsresultats vom 13. Juni? In den Gesprächen mit den betroffenen Akteuren habe sich gezeigt, dass die Vorlage überladen gewesen sei, so die Bundesrätin. Zu viele Massnahmen seien vorgesehen gewesen. Und gerade die Sorge über eine Erhöhung des Benzinpreises sei gross gewesen.

  • 14.16 Uhr

    Wieso der Optimismus?

    Plötzlich soll Klimaschutz möglich sein ohne Abgaben oder Einschränkungen – wie kommt das? Nochmals, sagt Sommaruga: Es gebe bereits jetzt ein CO2-Gesetz, und im Vergleich zum Ausland eine höhere CO2-Abgabe. Es gehe jetzt vor allem darum, die Mittel gezielter einzusetzen, und es brauche eine technologische Entwicklung. Aber der Bundesrat war sich einig, dass man nun vorwärtsmachen müsse.

  • 14.14 Uhr

    Was ist mit der CO2-Abgabe?

    Ist die Erhöhung der CO2-Abgabe ein Thema? Eine Erhöhung auf 210 Franken pro Tonne, wie es im CO2-Gesetz vorgesehen war, werde es nicht geben, so Sommaruga. Die maximale Erhöhung werde 120 Franken pro Tonne betragen. Insgesamt soll ein «Mix von Anreizen» zur Erreichung der Ziele führen. «Ohne zusätzliche Massnahmen können wir die Ziele nicht erreichen», unterstreicht sie.

  • 14.12 Uhr

    Woher kommt das Geld?

    Die Fragerunde ist für die Journalist*innen eröffnet. Keine neuen Abgaben, gleichzeitig sind finanzielle Anreize geplant – woher kommt das Geld dafür her? Es gebe schon jetzt Einnahmen etwa aus der CO2-Abgabe, zudem müssten Autoimporteure etwa Bussen bezahlen bei Verstössen der CO2-Vorgaben.

  • 14.10 Uhr

    Kritik an den Energieversorgern

    500 Megawatt mehr Solarstrom im Vergleich zum Vorjahr – doch den Energieversorgern gibt Sommaruga einen mit. Sie hätten viel im Ausland investiert und den Ausbau erneuerbarer Energien in der Schweiz vernachlässigt. Mit einem «Winterzuschlag» soll das Speichern vom Strom gefördert werden.

  • 14.08 Uhr

    «Je länger wir zuwarten, desto schwieriger wird es»

    300 Millionen Franken seien im letzten Jahr allein für bauliche Fördermassnahmen ausgegeben worden. Das Klimaziel von Paris werde aber nicht erreicht. Deshalb müssten «rasch» weitere Schritte folgen. «Die Bevölkerung möchte den Klimaschutz, darf aber nicht das Gefühl haben, dass sie bestraft werden.» Und auch: «Je länger wir zuwarten, desto schwieriger wird es.»

  • 14.04 Uhr

    Konkrete Massnehmen

    «Es gibt dafür eine gemeinsame Basis», sagt Sommaruga nach Gesprächen, die sie mit Beteiligten geführt hat. «Die jetzige Vorlage baut auf dem CO2-Gesetz auf», sagt sie. Zum Beispiel bei der stärkeren Förderung des Ersatzes alter Heizungen. Bei der Mobilität soll die Infrastruktur für Elektroautos ausgebaut und klimafreundliche Busse beschafft werden. Finanzierungen sollten «sektorspezifisch» erfolgen, so Sommaruga. Will heissen: Einnahmen aus dem Mobilitätssektor sollen auch diesem zugutekommen. 

  • 14 Uhr

    Beginn der Pressekonferenz

    Simonetta Sommaruga stellt die Eckwerte der künftigen Klimapolitik vor: Es gehe wieder «vorwärts», sagt die Bundesrätin. Das Nein zur CO2-Vorlage sei vor allem ein Nein zu höheren Kosten und insbesondere den Benzinpreisen gewesen. Dem wolle der Bundesrat Rechnung tragen.

Die Ausgangslage

Der Bundesrat informiert heute um 14 Uhr in Bern über die künftige Klimapolitik, nachdem das Stimmvolk dem CO2-Gesetz am 13. Juni 2021 eine Absage erteilt hat.

Dennoch will die Schweiz an ihren Zielen festhalten und die Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 halbieren. Auf Massnahmen, die zu dem Nein des Stimmvolks geführt haben, soll dabei aber verzichtet werden.

Wie das gelingen soll, erklärt heute Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die dem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation vorsteht.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga stellt in Bern den weiteren Klimakurs vor. 
Bundesrätin Simonetta Sommaruga stellt in Bern den weiteren Klimakurs vor. 
Bild: Keystone/Peter Klaunzer