Littering Wieso das Coronavirus uns auch noch zu Umweltsündern macht

Von Gil Bieler

25.5.2020

«Bluewin»-Video-Tutorial: So vermeiden Sie Fehler beim Masken tragen

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Längst nicht jede Maske schützt gleich gut. Welches Modell Sie wann nutzen sollten und welche Fehler Sie beim Anziehen und Tragen unbedingt vermeiden müssen – jetzt im Video.

09.05.2020

Das traumhafte Wetter zieht die Schweizer in Scharen ins Freie. Das hat unschöne Folgen: Vielerorts bleibt der Abfall liegen. Und die Corona-Situation dürfte die Situation noch verschlimmern.

Bierflaschen, Chips-Packung oder Zigistummel: Nach dem Grillplausch im Wald lassen viele ihren Abfall einfach liegen. Littering heisst dieses Phänomen, ist verboten, aber dennoch weit verbreitet. Im Frühling nehme das Littering jeweils traditionell zu, sagt Nora Steimer, Geschäftsleiterin der Interessengemeinschaft saubere Umwelt (IGSU) – und die Corona-Krise verstärke das Problem zusätzlich.

«Weil viele Freizeitangebote noch immer geschlossen oder nur beschränkt nutzbar sind, zieht es noch mehr Menschen in die Natur und an abgelegene Orte», sagt Steimer. Das Social Distancing habe denselben Effekt.

Zudem sinke aus Angst vor Viren wohl die Bereitschaft, Abfall anderer Leute einzusammeln. Das sei in Ordnung, findet Steimer, die Gesundheit gehe in der aktuellen Corona-Situation vor. «Doch umso wichtiger wäre es, dass jeder seinen eigenen Abfall korrekt entsorgt und nicht einfach liegen lässt.»

2'700 Tonnen Abfall werden jedes Jahr illegal entsorgt

Daniel Eberhard, Mediensprecher der Abteilung Entsorgung und Recycling der Stadt Zürich, sagt auf Anfrage von «Bluewin», dass die Abfallmengen im öffentlichen Raum im Frühling jeweils merklich zunähmen. Wobei man dieses Jahr nach Beginn der Lockdown-Massnahmen im März noch gemerkt habe, dass weniger Leute draussen unterwegs gewesen seien. «Mittlerweile hat sich die anfallende Abfallmenge aber normalisiert.»

Weil mehrere Parks und Plätze aber immer noch gesperrt sind, falle zum Beispiel auf dem Sechseläutenplatz mehr Abfall an als gewöhnlich – legal wie illegal entsorgter.



Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) geht davon aus, dass allein durch Littering jährlich 2'700 Tonnen Kunststoff in Schweizer Böden und Gewässern landen – das zeigt eine kürzlich veröffentlichte Schätzung. Am häufigsten würden Zigarettenstummel und Verpackungen illegal entsorgt.

In diesem Jahr kommen auch Gegenstände zum Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus dazu: Bei Schutzmasken beispielsweise rät das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zu Einwegprodukten, die nach Gebrauch direkt im Abfall landen.

Was ist Littering?

Littering bezeichnet das achtlose Liegenlassen oder Wegwerfen kleiner Mengen von Siedlungsabfällen, ohne die dafür vorgesehenen Abfalleimer oder Sammelstellen zu verwenden. Es ist in der Schweiz verboten und nicht zu verwechseln mit dem illegalen Entsorgen von Abfällen: Hierbei geht es um Siedlungs- oder Industrieabfälle, die bewusst ausserhalb einer bewilligten Deponie abgelagert werden.

Respektive – dort landen sollten. Denn oft kommt es anders. Der Tessiner SP-Grossrat Henrik Bang findet sogar: «Die Situation ist alarmierend.» Ganze Bachbetten in Bellinzona drohten, zu Abfallhalden zu verkommen, sagte der Politiker zu SRF und zu Tio.ch

Die Gemeinde Uzwil SG etwa sprach das Thema kürzlich in ihrer wöchentlichen Publikation an: «Schon jetzt beobachten die Mitarbeitenden des Werkhofes zunehmend Masken und Handschuhe, welche etwa nach dem Einkaufen oder nach dem Zug- oder Busfahren irgendwo in der Umgebung landen», heisst es dort. Und weiter: «Dieses doch ziemlich dümmliche und rücksichtslose Verhalten stört wie jedes Littering.»

Nicht jeder trifft die Abfalltonne: Sammelstelle am Genfersee.
Nicht jeder trifft die Abfalltonne: Sammelstelle am Genfersee.
Bild: Keystone/Salvatore Di Nolfi

Die Gemeinde bittet deshalb um eine korrekte Entsorgung zu Hause oder in einem öffentlichen Kübel. Und sie erinnert daran, dass sich sonst das Reinigungspersonal dem Risiko einer Ansteckung aussetzen müsse.

Das BAG rät beim Entsorgen: Man müsse darauf achten, dass die gebrauchte Maske mit nichts anderem in Berührung komme als mit anderem Abfall. Den Abfallsack sollte man danach fest verschliessen und sich die Hände gründlich waschen oder desinfizieren.

Hat das Bewusstsein zugenommen?

Nora Steimer von der IGSU hat sich ebenfalls schon über liegengelassene Masken geärgert, «aber bisher waren es nur Einzelfälle». Sie ist überzeugt, dass in der Bevölkerung das Bewusstsein für die Littering-Problematik mit den Jahren generell sogar zugenommen habe. 



Die IGSU organisiert zudem jährlich die schweizweite Aktion «Clean-Up-Day», an der Freiwillige die Natur von Unrat befreien. Dabei wird jährlich mehr Abfall gesammelt – wie passt das mit der angeblich geschärften Sensibilisierung zusammen? Für Steimer kein Widerspruch: Sie führt dies auf die steigende Anzahl von Teilnehmern zurück. In diesem Jahr ist die Aufräumaktion für den 11. und 12. September geplant.

In Uzwil hat sich die Problematik mit den auf der Strasse entsorgten Masken und Handschuhen mittlerweile entschärft, wie Gemeindesprecher Thomas Stricker auf Anfrage sagt. Er wisse zwar nicht, ob das aufgrund des Artikels im «Uzwiler Blatt» geschehen sei, findet aber: «Es geht hier doch um gegenseitige Rücksichtnahme, auch gegenüber dem Reinigungspersonal.»

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