Die wichtigsten AntwortenDarf ich im ÖV noch essen? Und wer diskutiert mit Betrunkenen ohne Maske?
Von Jennifer Furer
2.7.2020
«Bluewin»-Video-Tutorial: So vermeiden Sie Fehler beim Masken tragen
Längst nicht jede Maske schützt gleich gut. Welches Modell Sie wann nutzen sollten und welche Fehler Sie beim Anziehen und Tragen unbedingt vermeiden müssen – jetzt im Video.
09.05.2020
Der Bundesrat hat gestern Mittwoch die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr eingeführt. Werden jetzt SBB-Restaurants geschlossen und wo kriege ich überhaupt Masken? Sieben Fragen und Antworten.
Der Ruf nach einer Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr wurde erhört: Der Bundesrat hat gestern Mittwoch verkündet, dass ab nächstem Montag, 6. Juli, schweizweit eine solche eingeführt wird.
Es ist nach dem Ende des Lockdowns die erste einschneidende Massnahme, welche auf Bundesebene eingeführt wird. Und sie kommt, nachdem die Infektionszahlen wieder deutlich angestiegen sind. Am Mittwoch lagen sie erstmals wieder im dreistelligen Bereich.
Noch gibt es ungeklärte Frage zur Einführung der Maskenpflicht. «Bluewin» hat diese den ÖV-Unternehmen gestellt und folgende Antworten erhalten:
1
Werden jetzt SBB-Restaurants geschlossen?
Nein. Im SBB-Speisewagen darf die Maske während des Konsums abgezogen werden.
Epidemiologie Andreas Cerny sagt zu «Bluewin», dass er es unproblematisch findet, wenn die Speisewagen offen blieben, «solange die geltenden Vorgaben und der Abstand dort eingehalten werden.»
Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Schweizer Kantonsärztinnen und -ärzte, ergänzt gegenüber «Bluewin», dass im SBB-Restaurant wie in allen anderen Restaurants das Einhalten der Hygiene- und Abstandsregeln gelte und ein Schutzkonzept vorliegen müsse. «Können diese Massnahmen nicht eingehalten werden, bleibt wohl nur die Schliessung.»
2
Darf ich im ÖV noch essen und trinken?
Essen und Trinken bleibt weiterhin erlaubt. Nach dem Konsum muss die Maske allerdings wieder angezogen werden.
Epidemiologe Andreas Cerny sagt, dass es eher unproblematisch sei, wenn man für kurze Zeit die Maske runternimmt, um etwas zu essen und trinken.
«Es wäre ideal, wenn man in solchen Situationen schaut, dass man genügend Abstand zu anderen Leuten hält und die Maske nicht die ganze Zeit abgezogen lässt.» Das Essen und Trinken selbst übertrage zudem das Coronavirus nicht.
Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Schweizer Kantonsärztinnen und -ärzte, stellt auch fest, dass das Tragen von Masken Essen und Trinken wohl stark einschränkt. «Formell verboten ist es damit aber nicht.»
3
Wie wird die Maskenpflicht in Nachtbussen und -zügen umgesetzt?
Nicht ganz einfach gestaltet sich wohl die Umsetzung der Maskenpflicht in Nachtzügen und -bussen. Man denke etwa an stark alkoholisierte Menschen, die schwer zu überzeugen sind, die Masken in ihrem Zustand nicht vertragen.
Bei der SBB heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme, dass sich an den grundsätzlichen Aufgaben des Personals keine Änderungen durch die Maskenpflicht ergäben.
«Es gilt die bisherige Kompetenzordnung im ÖV: Die Mitarbeitenden mit Kundenkontakt machen Kundinnen und Kunden, welche keine Masken tragen, auf die geltende Maskenpflicht aufmerksam; wie dies heute bei ungebührlichem Verhalten der Fall ist», so Sprecher Reto Schärli. Bei Bedarf würden die Transportpolizei oder entsprechende Sicherheitsdienste hinzugezogen.
Bei Postauto heisst es, dass in Bezug auf die Nachtbusse Details zur Umsetzung und Durchsetzung der Maskenpflicht noch geplant werden müssten. «Die Nachtbusse liegen zudem nicht alleine in der Verantwortung von Postauto. Meist sind mehrere Transportunternehmen gemeinsam für ein Nachtbus-Netz verantwortlich», sagt Sprecher Urs Bloch. Deshalb sei es wichtig, dass man sich abspreche, um die gleichen Regeln umzusetzen.
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Wieso gibt es in Clubs, Restaurants und Läden keine Maskenpflicht?
Gegenüber SRF und «20 Minuten» fordern Kantonsärzte eine Maskenpflicht auch in Clubs und Läden. «Eine generelle Maskenpflicht wäre jetzt angezeigt», sagt Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Schweizer Kantonsärztinnen und -ärzte. «Epidemiologisch gesehen wäre auf jeden Fall eine Ausweitung auf den gesamten öffentlichen Raum denkbar und das würden wir auch begrüssen.»
An der Pressekonferenz von gestern Mittwoch sagte Gesundheitsminister Alain Berset, dass es keine generelle Maskenpflicht in Clubs gebe, da dies in der Verantwortung der Kantone liege.
Berset erklärte zudem, dass Clubs die Möglichkeit hätten, genaue Listen mit Kontaktdaten aller Besucherinnen und Besucher zu erstellen. Im ÖV gebe es diese Möglichkeit nicht.
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga ergänzte, dass es sich bei der Maskenpflicht um eine präventive Massnahme handle. Diese erfolge nicht etwa deshalb, weil davon ausgegangen werde, dass die Ansteckungsgefahr im ÖV besonders gross sei. Dort, wo es spezifische Gefahrenherde gebe – etwa in den Clubs – gebe es auch die notwendigen Instrumente um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, so Sommaruga. Es gelte nun, diese konsequent umzusetzen.
Und was ist mit Läden und Restaurants? Sommaruga sagte an der Pressekonferenz, dass es in Läden und Restaurants beispielsweise Sicherheitskonzepte gebe, die die Kantone kontrollieren könnten.
Der SRF-Wissenschaftsredaktor Daniel Theis sagt zudem, dass man argumentieren könne, dass das Distanzhalten im ÖV schwieriger sei als beim Einkaufen oder im Restaurant. «Die Maskenpflicht im ÖV sehe ich deshalb als erste Massnahme, um zu schauen, dass die Fallzahlen nicht zu stark hochgehen», sagt er in einem Interview. «Wenn wir jetzt eine intensive Woche erleben, wird da wohl rasch noch mehr kommen. Ich denke da in erster Linie an grössere Veranstaltungen.»
5
Was passiert mit dem Nachtnetz, wenn Clubs wieder schliessen müssen?
In Clubs gibt es trotz Ansteckungen und einem Superspreader-Fall keine Maskenpflicht. Gesundheitsminister Alain Berset sagte an der Pressekonferenz von gestern Mittwoch, dass die Einführung einer solchen Pflicht in der Verantwortung der Kantone liege. Er warnte: «Wenn Listen mit Daten der Besucher nichts nützten, könnte man die Clubs auch wieder schliessen.»
Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf die Wiederinbetriebnahme des Nachtnetzes? Beim Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) heisst es, dass die Planung aktuell unverändert bleibe. Das Nachtnetz wird am 17./18. Juli 2020 wieder hochgefahren, schreibt Sprecher Caspar Frey. Dieses werde nicht nur von Clubgängerinnen und -gängern benutzt, sondern auch von anderen Gruppen wie beispielsweise Restaurantbesucherinnen und -besuchern.
«Wir stellen aktuell zudem fest, dass an den Wochenenden die letzten sowie die ersten Kurse am Morgen jeweils überdurchschnittlich ausgelastet sind», teilt Frey mit. Um hier eine ausgewogenere Verteilung der Fahrgäste zu erreichen, sei die Wiederinbetriebnahme des Nachtnetzes angezeigt. Frey hält aber auch fest: «Natürlich verfolgen wir die Entwicklung rund um die Clubs genau und erörtern die Lage fortwährend.»
Bei Bernmobil heisst es, dass das Nachtnetz in der Region Bern den Betrieb erst nach den Sommerferien wieder aufnimmt. «Daher stellt sich diese Frage momentan nicht», sagt Sprecher Rolf Meyer.
6
Wie wird die Maskenpflicht durchgesetzt?
Die Verantwortung dafür liegt bei den Kundinnen und Kunden, insbesondere im unbegleiteten Regionalverkehr, schreibt die SBB auf Nachfrage von «Bluewin». Im begleiteten Fernverkehr werde das Personal Kundinnen und Kunden, welche keine Masken tragen, auf die geltende Maskenpflicht aufmerksam machen. «Die Masken müssen von den Reisenden selber besorgt werden», sagt SBB-Sprecher Reto Schärli.
7
Wo kriege ich Masken?
Laut der SBB gibt es an Selecta-Automaten Masken zu kaufen – und in grösseren Bahnhöfen auch in einigen Ladengeschäften. Masken können zudem in Läden wie Coop, Migros, Aldi und Lidl oder in Apotheken gekauft werden. Zwar wurden nach der Bekanntgabe der Maskenpflicht einige Läden überrannt und alle Masken sind dort bereits aufgekauft. An Nachschub mangelt es aber derzeit nicht. Auch in Apotheken heisst es, dass es zwar einen Ansturm gab, man aber genug Masken an Lager habe.
Wo es in der Schweiz einst noch einen Engpass gab, ist davon heute praktisch nichts mehr zu spüren. Der Bund selbst hat grosse Mengen an Masken importieren können und sein Lager aufgestockt. Zudem haben Spitäler, Apotheken und Läden mittlerweile Kontakte zu Grosshändlern, welche die Versorgung mit Masken sicherstellen.
Zudem gibt es inzwischen Angebote von Menschen, die selbst Masken herstellen – und auch einige Läden verkaufen trendige Stoffmasken. Allerdings muss beim Kauf auf die Qualität geachtet werden. Denn nicht jede Maske schützt gleich gut, wie eine Studie gezeigt hat.
Ein britisches Forscherteam stellte fest, dass es stark auf den Stoff ankommt, ob eine Maske durchlässig ist oder nicht. Ein Test zeigte: Der Anteil der Viren, die beim Ausatmen zurückgehalten werden, beträgt bei OP-Masken 90 Prozent, bei Staubsaugerbeuteln 86 Prozent, bei Baumwollmischgewebe 70 Prozent. Am schlechtesten schnitt der Schal ab: nur 49 Prozent der Viren wurden zurückgehalten.