Organisierte Kriminalität Die nigerianische Mafia ist hier – und doch kaum zu fassen

mmi

20.12.2022

Hauptschauplatz soll die Lugano-Bar an der Zürcher Langstrasse sein. Hier sollen die jungen Frauen aus Nigeria untergebracht sein und ihre Freier unter widrigen Bedingungen empfangen. 
Hauptschauplatz soll die Lugano-Bar an der Zürcher Langstrasse sein. Hier sollen die jungen Frauen aus Nigeria untergebracht sein und ihre Freier unter widrigen Bedingungen empfangen. 
Keystone

Menschenhandel, Zwangsprostitution und Geldwäsche – die Liste der Straftaten von «Black Axe» ist lang. Warum sich die nigerianische Mafia in der Schweiz ausbreiten kann, erfährst du hier.

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Die jüngste Recherche der «NZZ» liest sich wie ein brutaler Krimi: Junge Frauen, meist aus Nigeria stammend, werden Ausbildung und Jobs in Europa versprochen. Vor deren Abreise müssen sie während eines religiösen Rituals schwören, alles zu tun, was ihnen dort aufgetragen werde. Das bedeutet meist Zwangsprostitution.

Dahinter steckt das international agierende kriminelle Netzwerk aus Nigeria, am häufigsten bekannt unter dem Namen «Black Axe». Während lange Zeit die italienische Mafia oder südamerikansiche Drogenkartelle hierzulande vorherrschend waren, breitet sich nun die nigerianische Mafia mehr und mehr aus. So auch die Machenschaften von «Black Axe». 

In den 70er Jahren hatten nigerianische Studenten «Black Axe» ursprünglich das Neo Black Movement gegründet mit dem Zweck, gegen Rassismus und Unterdrückung schwarzer Menschen zu kämpfen. Doch von dessen Ursprungsidee kam die Bewegung rasch ab und entwickelte sich zu einem brutalen Netzwerk, das mittlerweile weit über ihr Ursprungsland hinaus gefürchtet wird.

Unter dem Deckmantel von «Black Lives Matter»

Zwar geben sich die Mitglieder der Bruderschaft nach wie vor als Vorkämpfer für die Rechte von Schwarzen aus, so war die Schweizer Sektion von «Black Axe» auch an den hiesigen Black-Lives-Matter-Demonstrationen zugegen.

Doch gemäss den Ermittlern sei dies nur eine Tarnorganisation. Dahinter stecke das organisierte Verbrechen. Die Liste ihrer Straftaten ist lang, schreibt die «NZZ»: Menschen- und Drogenhandel, Zwangsprostitution, Romance Scam und Geldwäsche.

Viel mehr sei über «Black Axe» allerdings nicht bekannt. Es gelinge nur selten, die Banden zu infiltrieren, berichten Ermittler der NZZ. Die Recherche zeichnet mithilfe von Behördenberichten, internen Dokumenten, Anklageschriften und Informantengesprächen ein Bild des komplexen Konstrukts rund um «Black Axe» – und wie Opfer zu Täterinnen werden.

Schauplatz ist die im Milieu bekannte Lugano-Baro an der Zürcher Langstrasse, wo die jungen Frauen nach einer beschwerlichen Reise von Nigeria über Libyen und Italien landen. Meist nur für wenige Wochen, dann verschwinden sie. Hilfsorganisationen fällt es schwer, eine Verbindung zu Betroffenen aufzubauen. 

Ermittlungen laufen nur langsam an

Ermittlungen gegen «Black Axe» kommen erst langsam ins Rollen. Denn in der Schweiz liegt die Verantwortung im Kampf gegen Menschenhandel bei den Kantonen. Jeder Kanton muss für sich schauen, bis heute fehle eine nationale Datenbank, die einen ganzheitlichen Überblick liefern würden. 

Gross angelegte Aktionen gegen «Black Axe» wie jene von diesem Herbst – angeführt von Interpol – bleiben vorerst die Ausnahme. Bei der Operation «Schakal» arbeiteten Ermittler aus 14 Staaten zusammen und konnten 75 Personen festnehmen, 1,2 Millionen Euro einfrieren sowie Luxusautos und Liegenschaften beschlagnahmen.

Kriminelle Maschinerie dreht weiter

Politiker von Mitte bis rechts sollen sich schockiert über die Rechercheergebnisse gezeigt haben, schreibt  «20 Minuten». Auf Anfrage des Newsportals fordern sie ein härteres Durchgreifen gegen «Black Axe», mehr Polizeikompetenz und mehr Razzien bis hin zur Ausschaffung von verurteilten Tätern. Politikerinnen der Grünen und der SP erachten hingegen die Koordination zwischen den Behörden am wichtigsten – neben dem besseren Zugang zu Opferhilfestellen. 

So endet der Artikel der «NZZ» auch mit dem ernüchternden Ergebnis, dass sich währenddessen die kriminelle Maschinerie weiterdreht.