Druck, Anreize, Kampagnen So überzeugen andere Länder die Menschen von der Impfung

Von Lukas Meyer

5.8.2021

Die Kantone setzen auf niederschwellige Angebote wie Impfbusse, hier in Yverdon-les-Bains VD.
Die Kantone setzen auf niederschwellige Angebote wie Impfbusse, hier in Yverdon-les-Bains VD.
Bild: KEYSTONE

Die Schweiz ist das westliche Land, das am wenigsten Leute geimpft hat. Die Impfkampagne stockt seit einem Monat, die Taskforce fordert weitere Massnahmen. So gehen andere Länder vor.

Von Lukas Meyer

5.8.2021

Rund 55 Prozent der Schweizer sind bisher mindestens einmal geimpft. Die meisten Kantone fahren ihre Kapazitäten allerdings zurück, weil die Nachfrage nachgelassen hat. Dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Taskforce bereitet dies Kopfzerbrechen, wie deren Vertreter am Dienstag vor den Medien sagten. 

Laut BAG liegt es in der Hand der Kantone, die Leute anzusprechen, die sich noch nicht geimpft haben – doch das ist gar nicht so einfach. Offensichtlich machen es umliegende Länder besser: In Süd-, West- und Nordeuropa sind bis zu 80 Prozent der Bevölkerung geimpft, wie der «Tages-Anzeiger» aufzeigt.

Dabei gibt es verschiedene Vorgehensweisen, die je nachdem auch in der Schweiz zum Einsatz kommen.

(Finanzielle) Anreize

Die Taskforce schreibt in ihrem letzten Update, dass das Potenzial noch nicht ausgeschöpft sei und die Anreize erhöht werden müssten. Sie verweist auf andere Länder, wo Geimpfte etwa erleichterten Zugang zu Veranstaltung hätten, Gutscheine erhielten oder direkt oder über eine Lotterie finanzielle Anreize bekämen.

US-Präsident Joe Biden forderte kürzlich eine Prämie von 100 Dollar für alle, die sich impfen lassen. Staaten und Gemeinden bieten unter anderem Lotterien mit Millionengewinnen, kostenlose Taxifahrten, Getränke oder Freiflüge an. In Deutschland wurde zur Impfung eine Gratis-Bratwurst gereicht. In China erhielten einige Geimpfte ein Geschenk, in Grossbritannien bieten Dienste wie Uber oder Deliveroo Vergünstigungen für Geimpfte.

Grundsätzlich ist das keine schlechte Idee, wie Expertin Heike Klüver im «Spiegel» sagt: «Wir wissen aus der Forschung und unserer eigenen Studie, dass Belohnungen in welcher Form auch immer dabei helfen können, Bürgerinnen und Bürger von der Impfung zu überzeugen.»

Kampagnen

Viele Länder fahren Kampagnen, um die Leute von der Impfung zu überzeugen. Die USA haben kürzlich 50 Influencer rekrutiert, um Junge anzusprechen. In Deutschland sind David Hasselhoff und andere Prominente im Einsatz.

Auch in der Schweiz nehmen Bund und Kantone die Hilfe von Werbung in Anspruch, unter anderem mit Testimonials wie Gastronom Rudi Bindella, der Musiker Crimer oder Ex-Miss Christa Rigozzi. Ausserdem arbeitet das BAG mit verschiedenen Organisationen, um in diversen Sprachen Gruppen anzusprechen, die noch nicht stark geimpft sind.



Niederschwellige Angebote

Die Kantone setzen momentan vor allem auf niederschwellige Angebote. Mit Impfbussen und Walk-in-Möglichkeiten zum Beispiel in Einkaufszentren versucht man die Ungeimpften zu erreichen. Sie können sich vor Ort registrieren und müssen sich nicht um einen Termin kümmern.

Für die Taskforce ist klar: «Zentral für das Erreichen einer hohen Impfabdeckung ist es, dass die Impfung möglichst einfach und mit geringem Aufwand zugänglich ist.» Dieser Meinung ist auch Expertin Heike Klüver – die Möglichkeit einer Impfung beim Hausarzt etwa erhöhe die Impfbereitschaft: «Man muss es den Leuten so einfach machen wie möglich.»

Druck

Viele Länder erhöhen den Druck auf Ungeimpfte, etwa mit Zugangsbeschränkungen. Auch in der Schweiz wird gefordert, dass der Einsatz des Covid-Zertifikats ausgeweitet wird und es auch für den Besuch etwa von Restaurants obligatorisch wird.

Zudem sollen Ungeimpfte sich nicht mehr kostenlos testen lassen können. Dies forderte Bundespräsident Guy Parmelin an seiner 1.-August-Ansprache. FDP-Nationalrat Kurt Fluri wollte sogar, dass Ungeimpfte im Fall einer Erkrankung die Behandlungskosten selber tragen müssen, wie er CH Media sagte.

Druck gibt es auch für internationale Reisende. Die USA etwa wollen nur noch Geimpfte ins Land lassen. Auch Deutschland verschärft die Regeln für die Einreise.

Direkte Ansprache

Die Taskforce fordert auch, dass «ungeimpfte Personen kontaktiert und direkt angefragt werden, ob sie geimpft werden möchten, sich noch nicht sicher sind oder ob sie definitiv nicht geimpft werden möchten». Andere Länder wie Grossbritannien und Spanien machen das mit grossem Erfolg.

In der Schweiz ist das aber schwierig, wie der «Blick» schreibt. Da weder das BAG noch die Kantone ein Impfregister führen, habe man die nötigen Daten gar nicht. Die Gesundheitsdirektion des Kantons Bern findet, die direkte Kontaktaufnahme sei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht vertretbar. Auch der Eidgenössische Datenschützer hat Bedenken. Die Information, ob jemand geimpft sei oder nicht, sei sensibel und darum besonders schützenswert, sagt Adrian Lobsiger.

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