BAG-Empfehlung Was spricht eigentlich gegen Stoffmasken?

von Jennifer Furer

6.8.2020

Das Bundesamt für Gesundheit setzt nach wie vor auf medizinische Wegwerfmasken statt auf Stoffmasken.
Das Bundesamt für Gesundheit setzt nach wie vor auf medizinische Wegwerfmasken statt auf Stoffmasken.
Keystone

Eine Falschmeldung sorgte für Aufregung: Das BAG empfehle neu Stoffmasken statt Hygienemasken. Die Behörde dementierte. Doch wieso wird nicht auf Stoffmasken gesetzt? Und was sagen die Detailhändler?

Die Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete heute Donnerstag, dass das Bundesamt für Gesundheit seine Empfehlung zum Tragen von Masken angepasst hat. Neu gelte es, Stoffmasken statt medizinische Hygienemasken zu tragen. Letztere empfehle man nur Menschen mit Atemwegserkrankungen.

Die Behörde reagierte schnell und dementierte die Meldung vehement. Stoffmasken seien weder für die allgemeine Bevölkerung noch für erkrankte Personen je ein Thema gewesen. Aber warum? Schliesslich gibt es einige Argumente, die für Stoffmasken sprechen.

Laut Greenpeace würde durch Stoffmasken die Umwelt weniger verschmutzt. Zudem werde so eine Maskenknappheit verhindert – und die Stoffmasken würden obendrein genügend Schutz bieten.

Material setzt Qualität fest

Ob Stoffmasken hinreichend schützen, ist von der Herstellung und insbesondere vom verwendeten Material abhängig. Denn nicht jede Maske schützt gleich gut, wie eine Studie gezeigt hat. Ein britisches Forscherteam stellte fest, dass es stark auf den Stoff ankommt, ob eine Maske durchlässig ist oder nicht.

Ein Test zeigte: Der Anteil der Viren, die beim Ausatmen zurückgehalten werden, beträgt bei OP-Masken 90 Prozent, bei Staubsaugerbeuteln 86 Prozent, bei Baumwollmischgewebe 70 Prozent. Am schlechtesten schnitt der Schal ab: Nur 49 Prozent der Viren wurden zurückgehalten.

Ein Test zeigt: Schals halten im Vergleich wenig Viren auf.
Ein Test zeigt: Schals halten im Vergleich wenig Viren auf.
Screenshot Researchgate

Swissmedic warnte in einer Mitteilung vom Juni, dass auf dem Schweizer Markt nicht konforme oder nur vorgeblich konforme medizinische Gesichtsmasken angeboten würden. Bei diesen sei das Schutzniveau nicht sichergestellt. 

Die Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte empfiehlt zur Beschaffung von konformen Produkten, auf etablierte Beschaffungskanäle zu setzen.

Standard für Textilmasken

Auch das BAG sagt, dass industriell gefertigte Textilmasken, auch Community Masks genannt, unbedingt einem einem Standard entsprechen müssen, damit sie wirken. Sie würden dann bei korrekter Anwendung vor allem andere Personen vor einer Ansteckung schützen. 

Die Swiss National Covid-19 Science Task Force habe solche Standards ausgearbeitet. In der Schweiz sind geprüfte Masken etwa mit dem Label Testex oder dem SQTS-Prüfsiegel gekennzeichnet.

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Das BAG schreibt auf seiner Website, dass auch selbstgenähte Masken nicht empfohlen werden. Denn diese würden keinen zuverlässigen Schutz gewährleisten.

Die Behörde rät ausserdem davon ab, einen Schal oder ein Tuch zu tragen. Das schütze nicht ausreichend vor einer Ansteckung und habe nur eine beschränkte Fremdschutzwirkung. 

Auch Visiere würden sich nicht als Ersatz für eine Maske anbieten. Diese würden die Augen vor einer möglichen Infektion durch Tröpfchen schützen, jedoch sei eine Ansteckung über Mund und Nase nicht auszuschliessen. «Visiere dienen nur als ergänzende Schutzmassnahme zu einer Maske», so das BAG.

Entscheidend bei der Frage, ob eine Maske wirkt oder nicht, ist das richtige Tragen. Denn auch konforme Masken können ihren Schutz verlieren, wenn sie etwa falsch angezogen und aufbewahrt werden.  

Auf Anfrage von «Bluewin» geht das BAG nicht auf den Umstand ein, wieso Hygienemasken nicht durch qualitativ zufriedenstellende Stoffmasken als Standard ersetzt werden könnten. Es ist wahrscheinlich, dass der Grund darin liegt, dass sich derzeit noch nicht genügend geprüfte und demnach konforme Masken auf dem Markt befinden.

Zudem ist es momentan für die Konsumentinnen und Konsumenten nicht ganz einfach, eine qualitativ gute Maske zu erkennen. Zumal Privatpersonen und Firmen sich vom Verkauf von Stoffmasken Geld erhoffen – und bezüglich der Qualität nicht vollumfassende Transparenz herrscht.

Genug Hygienemasken?

Auch die Frage, ob Stoffmasken nicht eine gute Möglichkeit wären, um die Lagerbestände von Masken für die Zukunft zu sichern, lässt das BAG unbeantwortet. Derzeit ist aber davon auszugehen, dass es in der Schweiz genügend Hygienemasken gibt.

«Gemäss unserem Kenntnisstand sind die Lager gut gefüllt und die Lieferung von weiteren Masken der erforderlichen Qualität ist sichergestellt», sagt etwa Tobias Bär, Sprecher der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren, zu «Bluewin».

Doch auch das könnte sich wieder ändern. Situationen, in denen Masken nicht mehr aus dem Ausland importiert werden, sind nicht auszuschliessen. 

Für den Bund stellt sich bezüglich Stoffmasken eine ähnliche Situation wie bereits bei den Hygienemasken: Da es derzeit nicht genügend konforme Masken hat und viele unspezifizierte auf dem Markt sind, ist eine Änderung der Maskenempfehlung kaum denkbar. Es muss sich wohl zuerst ein Markt mit konformen Stoffmasken entwickeln, damit Hygienemasken nicht mehr als Standard gelten.

Wo kaufe ich Stoffmasken?

Wer bereits jetzt eine qualitativ gute Stoffmaske kaufen will, kriegt eine solche etwa beim Detailhändler Coop für 9.95 Franken. Sprecherin
Rebecca Veiga sagt: «Wir werden in Kürze Stoffmasken im Angebot haben, die anhand der Norm für Community Masks geprüft sind.»

Aktuell würden Einwegmasken stärker nachgefragt, aber auch die Nachfrage nach Stoffmasken nimmt kontinuierlich zu. Wir bieten unseren Kundinnen und Kunden die Wahlfreiheit.»

Auch bei Lidl gebe es Stoffmasken zu kaufen. «Mitte Juni hatten wir bereits Stoffmasken aktionsweise im Verkauf.» Diese sei sehr gut angenommen worden. Deshalb folge in Kürze eine erneute Aktion mit elastischen Textilmasken, die für CHF 4.99 erhältlich sein werden.

Aktuell habe Lidl zudem ausreichend Hygienemasken in den Filialen. «Wir stehen jedoch im laufenden Austausch mit unseren Lieferanten, um das Angebot dauerhaft aufrecht erhalten zu können», sagt Sprecherin Corina Milz.

Aldi hat noch keine Stoffmasken

Auch Migros-Sprecher Patrick Stöpper sagt, dass es derzeit genügend Stoff- und Hygienemasken gebe. Diese Woche sei wieder Nachschub eingetroffen. «Wir erwarten aktuell keine Engpässe.» 

Derzeit hat die Mirgos Stoffmasken von zwei Lieferanten im Sortiment. «Beide Modelle werden in Europa hergestellt und kosten 8.90 Franken», sagt Stöpper.

Einzig Aldi verkauft noch keine Stoffmasken. «Der Verkauf von Stoffmasken, welche auch den Träger schützen, ist in Prüfung», sagt Sprecher Philippe Vetterli. Aktuell sei jedoch noch kein Beschaffungsprozess angesetzt. 

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