Welchen Kampfjet braucht die Schweiz?
16.04.2019
Für die Befürworter geht es um nicht weniger als die Sicherheit der Schweiz – die Gegner sprechen von «Milliarden für Luxusjets». Fragen und Antworten zum Planungsbeschluss für neue Kampfjets.
Worum geht es?
Bundesrat und Parlament wollen für sechs Milliarden Franken neue Kampfjets kaufen. Über diesen Kredit befinden die Stimmberechtigten am 27. September. Es geht um die Frage, ob die Schweizer Luftwaffe erneuert werden soll oder nicht. «Ohne Kampfflugzeuge oder ohne Luftwaffe funktioniert die Armee nicht», sagte Verteidigungsministerin Viola Amherd dazu «Bluewin» vor einem Jahr. Vors Volk kommt der Planungsbeschluss, weil die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Gsoa) das Referendum dagegen ergriffen hatte.
Warum muss die Luftwaffe erneuert werden?
Die Kampfjets kommen in die Jahre. Die F/A-18-Jets wurden 1996 beschafft, die Tiger F-5E bereits 1978. Während die 30 F/A-18 Hornets laut Bund noch bis 2030 einsatzfähig sind, können die 26 Tiger-Maschinen bereits heute nur noch tagsüber und bei guten Sichtverhältnissen für den Luftpolizeidienst eingesetzt werden. Kommt dazu, so das Verteidigungsdepartement, dass auch die Systeme der Luftverteidigung am Boden ersetzt werden müssen.
Und das heisst?
Entgegen früheren Plänen hat Verteidigungsministerin Viola Amherd vor einem guten Jahr beschlossen, die Beschaffung von neuen Kampfflugzeugen und Boden-Luft-Raketen zu trennen. In der Grundsatzabstimmung vom September geht es also allein um den Kredit für die Kampfjets, die Raketen sollen auf dem üblichen Weg über das Rüstungsprogramm beschafft werden. Welcher Kampfjet-Typ gekauft wird, entscheidet der Bund nach der Abstimmung.
Warum erfolgt der Typen-Entscheid erst später?
Das dürfte eine Lehre aus dem Gripen-Debakel vor sechs Jahren sein. Die Frage, ob der Gripen das beste Modell wäre, wurde im Vorfeld jener Abstimmung hitzig diskutiert. Unter dem damaligen Verteidigungsminister Ueli Maurer hatte sich das Verteidigungsdepartement für einen nicht fertig entwickelten Jet entschieden. Das Volk liess den als «Papier-Flieger» verunglimpften Gripen schliesslich mit 53,4 Prozent der Stimmen an der Urne abstürzen.
Welche Modelle stehen zur Auswahl?
Derzeit läuft die Evaluierung. Im Rennen sind vier Flieger von vier unterschiedlichen Anbietern: der F-35 von Lockheed Martin, der F/A-18 Super Hornet von Boeing, der Rafale von Daussalt und der Eurofighter von Airbus (mehr zu den Typen oben im Video). Eine zweite Offerte dieser vier Anbieter wurde wegen der Coronakrise vom August in den November verschoben.
Wie viele Kampfflieger will die Schweiz kaufen?
Stand heute wird von 30 bis 40 Jets ausgegangen. Die genaue Anzahl hängt davon ab, welches Flugzeug gekauft wird.
Um wie viel Geld geht es insgesamt?
Für den Kauf der Jets stehen wie erwähnt sechs Milliarden Franken zur Verfügung. Wie teuer es kommt, die gekauften Jets zu betreiben und zu warten, darüber ist ein Streit zwischen Befürwortern und Gegnern entbrannt. Die Gegner sprechen von Totalkosten über die gesamte Lebensdauer der Jets von bis zu 24 Milliarden Franken. Das VBS wiederum schätzt diese Kosten auf etwa 18 Milliarden Franken.
Wie argumentieren die Befürworter?
Von den grossen Parteien unterstützen SVP, CVP, BDP und Grünliberale den Kauf neuer Kampfflugzeuge. Noch keine Parole gefasst hat die FDP, auch sie dürfte Ja sagen. Niemand wisse, wie sich die Bedrohungslage in den nächsten Jahr(zehnt)en verändere, deshalb brauche die Schweiz eine moderne Luftwaffe, sagen die Befürworter. Nur so sei die Sicherheit der Schweiz gewährleistet. Und da die aktuellen Jets veraltet seien, müssten neue gekauft werden. Ansonsten sei der Schweizer Luftraum ab 2030 ungeschützt.
Da ein geordneter Beschaffungsprozess mehrere Jahre dauern könne, sei es sinnvoll, die beiden alten Flugzeugtypen frühzeitig – also jetzt – zu ersetzen. Ohne die Sicherung in der Luft könne die Armee den verfassungsmässig festgelegten Verteidigungsauftrag nicht erfüllen. 60 Prozent des Kaufpreises sollen des Weiteren über Gegengeschäfte an die Schweizer Wirtschaft zurückfliessen.
Was sagen die Gegner?
Die Gegner wollen keinen der vier zur Auswahl stehenden Jets – die luftpolizeilichen Fähigkeiten der Schweiz könne auch ohne «Luxusjets» aufrechterhalten werden, finden sie. Für die Gegner um die Referendumsführerin Gsoa sowie die Unterstützerinnen SP und Grüne reichen auch leichte Trainingsflugzeuge, wie sie die SP vorschlägt.
Die Gegner befürchten, dass das Geld für neue Kampfjets im Gesundheitswesen, beim Katastrophenschutz oder bei der Bekämpfung des Klimawandels fehlen würde. Auch seien die neuen Jets «eine Katastrophe» für die Umwelt. Weiter ist eine Diskussion darüber entbrannt, dass sich die Schweiz mit den Kampfjets von den Herstellerländern – besonders von den USA – abhängig machen würde.
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