16,5 Millionen Franken Schulden Unternehmer gibt sich als bedürftig aus – und lebt in Saus und Braus

Samuel Walder

22.10.2024

Ein Mann aus dem Kanton Bern beschwindelt die Behörden 20 Jahre lang. (Archivbild)
Ein Mann aus dem Kanton Bern beschwindelt die Behörden 20 Jahre lang. (Archivbild)
sda

Ein Mann im Kanton Bern lebt über 20 Jahre in Saus und Braus. Dabei ergaunert er durch eine betrügerische Masche Beträge in Millionenhöhe. 16,5 Millionen Franken Schulden hat er bei Kanton, Stadt und Bund. 

Samuel Walder

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  • Ein Berner Unternehmer zahlte über 20 Jahre keine Steuern, während er Millionen verdiente.
  • Er gab sich als mittelloser Rentner aus, um Sozialhilfe zu beziehen.
  • Bei einer Hausdurchsuchung 2022 wurden wertvolle Gegenstände sowie über eine Million Franken auf Bankkonten entdeckt.
  • Der Mann und seine Ex-Frau stehen vor Gericht wegen Pfändungsbetrugs und Urkundenfälschung.

Ein Berner Unternehmer hat über 20 Jahre hinweg keine Steuern bezahlt, obwohl er mit seinem Temporärbüro Millionen verdiente. Er gab sich als mittelloser Rentner aus und erhielt nach seiner Pensionierung im Alter von 63 Jahren Ergänzungsleistungen und später Sozialhilfe. 

Erst im Sommer 2022 brachte der Kanton Bern eine Anzeige ein, die zu einer Hausdurchsuchung führte. In der gemeinsamen Wohnung des Mannes und seiner Ex-Frau entdeckten die Behörden Luxus-Gegenstände.

Luxus-Güter bei Hausdurchsuchung gefunden

So zum Beispiel: 20 Luxusuhren von Marken Audemars Piguet, Chopard, Hublot und Omega. 19 Pelze und Pelzmäntel, 214 Handtaschen, Reisetaschen und Portemonnaies von Luxusmarken wie Chanel, Gucci, Hermès, Louis Vuitton und Prada, 63 Kisten Wein sowie 69 einzelne Wein- und Champagnerflaschen, teilweise mit klingenden Namen wie Château Mouton Rothschild, 21 Goldvreneli und weiteres

Auch in der Garage wurden die Behörden fündig. Sie beschlagnahmte drei Autos – ein VW Golf Highline, ein Porsche 911 Turbo und ein Porsche Cayenne Turbo – im Gesamtwert von rund 400'000 Franken. Zudem wurden fünf Bankkonten des Mannes mit einem Guthaben von insgesamt über einer Million Franken gesperrt sowie drei Konten der Ex-Frau, die über 400'000 Franken enthielten.

16,5 Millionen Franken Schulden bei Kanton, Stadt und  Bund

Der Unternehmer steht nun gemeinsam mit seiner Ex-Frau vor dem bernischen Wirtschaftsstrafgericht. Beide sind wegen mehrfachen Pfändungsbetrugs und Betrugs angeklagt. Laut Anklage schuldet der Mann dem Bund, dem Kanton und der Stadt Bern insgesamt 16,5 Millionen Franken. Zusätzlich wird ihm Urkundenfälschung zur Last gelegt, da er abgelaufene Parkkarten für Behinderte fälschte und für sich selbst nutzte.

Der mittlerweile 76-Jährige erscheint im Gerichtssaal als hagerer Mann mit markanten Gesichtszügen, die dünnen Haare sorgfältig nach hinten gekämmt. Seine Karriere begann er als Spengler, bevor er 1985 ins Personalvermittlungsgeschäft einstieg.

Seit 1999 zahlte er keine Steuern mehr, was er mit einer vermeintlich ungerechten Steuerveranlagung begründete. Auf Fragen des Gerichts, warum er keinen rechtlichen Einspruch eingelegt habe, hatte der Mann keine überzeugende Antwort.

Die Ermittlungen zeigten zudem, dass er 2000 über drei Millionen Franken nach Liechtenstein verschoben und eine Stiftung namens Abendstimmung gegründet hatte, mutmasslich um sein Vermögen zu verstecken.

Bereits 2006 waren die Behörden dem Betrüger auf der Spur

Auch die Scheidung von seiner Frau scheint Teil seines Steuervermeidungsplans gewesen zu sein. Obwohl die beiden nach einigen Jahren wieder zusammenlebten, wurden Wertgegenstände wie die Luxusautos in den Besitz der Ex-Frau übertragen, die keine Steuerschulden hatte.

Bereits 2006 war der Mann wegen Pfändungsbetrugs verurteilt worden, was jedoch sein weiteres Vorgehen nicht stoppte. 2011 beantragte er Ergänzungsleistungen und erhielt ab 2020 auch Sozialhilfe.

Sein Versuch, seine Steuerschulden durch einen «Jahrhundertdeal» drastisch zu reduzieren, brachte ihn schliesslich zu Fall. Er bot der Steuerverwaltung an, seine Schulden von 8,7 Millionen Franken für nur 25'000 Franken abzukaufen.

Nachdem die Stadt Bern ein Veto gegen den Deal eingelegt hatte, begannen die Ermittlungen, die zahlreiche Ungereimtheiten aufdeckten. Dabei stellte sich heraus, dass der Mann im Jahr 2020 insgesamt 130 Goldbarren im Wert von 1,6 Millionen Franken erworben hatte, die bis heute nicht gefunden wurden.

Das Urteil im Fall des Mannes und seiner Ex-Frau wird am Donnerstag erwartet.