Missbrauch in katholischer Kirche Walliser Staatsanwaltschaft leitet Vorverfahren ein

Red./Agenturen

22.9.2023

Über 1000 Missbrauchs-Fälle in der Schweizer katholischen Kirche

Über 1000 Missbrauchs-Fälle in der Schweizer katholischen Kirche

Katholische Kleriker und Ordensangehörige haben in der Schweiz seit 1950 mindestens 1002 Fälle von sexuellem Missbrauch begangen. Das zeigt eine Analyse von Geheimarchiven kirchlicher Institutionen durch Historikerinnen und Historiker der Universität Zürich (UZH).

13.09.2023

Innerhalb der katholischen Kirche in der Schweiz wurden Missbrauchsfälle untersucht. Mindestens 1002 Fälle von sexuellem Missbrauch wurden seit 1950 belegt. Alle Entwicklungen hier. 

Red./Agenturen

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • In der Schweizer katholischen Kirche kam es seit 1950 zu mindestens 1'002 Fällen von sexuellem Missbrauch.
  • Das zeigt eine Analyse von Geheimarchiven kirchlicher Institutionen durch Historikerinnen und Historiker der Universität Zürich.
  • Bei der Zahl soll es sich um die Spitze des Eisbergs handeln.
  • Mehrere Bischöfe haben auf den erschütternden Bericht reagiert, wie etwa Markus Büchel (Bischof St. Gallen), Charles Morerod (Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg) oder Jean-Marie-Lovey (Bischof von Sitten). 
  • Der St. Galler Bischof hat sich bei einer Medienkonferenz entschuldigt und eine Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht.
  • Ebenfalls bekannt wurde, dass gegen Jean César Scarcella, Abt von Saint-Maurice VS, eine Untersuchung wegen Missbrauchs läuft.
  • Die Walliser Staatsanwaltschaft hat die Kantonspolizei damit beauftragt, mögliche Straftaten im Kanton zu untersuchen.
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  • Freitag, 22. September 2023, 10.06 Uhr

    Walliser Staatsanwaltschaft eröffnet Verfahren

    Der Kanton Wallis wird nach dem Bericht zu Missbrauchs-Vorwürfen in der katholischen Kirche aktiv: Die Walliser Staatsanwaltschaft hat die Kantonspolizei nun mit Untersuchungen zu möglichen Straftaten im Wallis beauftragt. Das teilte sie in einem Communiqué am Freitag mit.

    Dabei geht es um Fälle, die nicht verjährt oder bereits behandelt worden sind und die im vergangene Woche erschienenen Bericht der Universität Zürich erwähnt werden. 

  • Mittwoch, 20. September 2023, 14 Uhr

    Bischof Gmür greift durch und suspendiert Priester

    Ein Priester, der im Bistum Basel tätig war, muss per sofort seinen Posten räumen. Das teilte das Bistum Basel und die Römisch-katholische Kirche des Kantons Jura in einer Medienmitteilung am Mittwoch mit. Der beschuldigte Priester komme aus dem Jura, der zum Bistum Basel gehört. 

    Ihm wird vorgeworfen, im August 2014 im Ausland einen Minderjährigen sexuell missbraucht zu haben. Bischof Felix Gmür (57) lässt ihn daraufhin per sofort freistellen. Zudem macht er die Vatikan-Behörden sowie die Staatsanwaltschaft des Kantons Jura auf den Fall aufmerksam. Um welche Diözese es genau geht, ist unbekannt.

    Seit anfangs vergangener Woche die Studienergebnisse der Universität Zürich zu den sexuellen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche publik wurden, steht auch Bischof Gmür unter Verdacht, von den Missbräuchen gewusst, diese aber verschwiegen zu haben.

    Felix Gmür, Bischof von Basel, suspendiert mit sofortiger Wirkung einen Priester (Archivbild).
    Felix Gmür, Bischof von Basel, suspendiert mit sofortiger Wirkung einen Priester (Archivbild).
    Bild: Keystone/Anthony Anex
  • Mittwoch, 20. September 2023, 12 Uhr

    Justizdirektorin Fehr (SP/ZH) will strafrechtliche Aufarbeitung

    Die Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) hat eine strafrechtliche Aufarbeitung der Missbrauchsfälle bei der katholischen Kirche gefordert. Sie hat der Staatsanwaltschaft einen entsprechenden Auftrag gegeben.

    Die Zürcher Staatsanwaltschaft soll nun mit den Kollegen aus den anderen Kantonen Vorschläge ausarbeiten, wie eine solche Untersuchung aussehen könnte, sagte Fehr in der Sendung «Rendez-vous» von Radio SRF 1.

    Fehr sagte, der Churer Bischof Joseph Bonnemain, der bei der Kirche für die Aufarbeitung zuständig ist, habe zugesagt, Kontakt mit dem Chef der Zürcher Staatsanwaltschaft aufzunehmen.

    Ob die Fälle noch strafrechtliche Konsequenzen haben werden, ist fraglich. Viele dürften verjährt sein. Ziel müsse aber sein, dass solche Fälle in der katholischen Kirche in Zukunft nicht mehr vorkommen, sagte die Zürcher Justizdirektorin. Auch stelle sich die Frage, ob und wie vertuscht wurde.

    Katholische Kleriker und Ordensangehörige haben in der Schweiz in den vergangenen 70 Jahren mindestens 1002 Fälle von sexuellem Missbrauch begangen. Das zeigt die erste Analyse von Geheimarchiven römisch-katholischer Institutionen durch Historikerinnen und Historiker der Universität Zürich (UZH).

  • Freitag, 15. September, 11.31 Uhr

    St. Galler Bischof gesteht Fehler ein

    Der Bischof des Bistums St. Gallen hat sich in einem Brief an Mitarbeitende und Ehrenamtliche gewandt. Um das Vertrauen wieder aufzubauen, müsse ein Perspektivenwechsel das gesamte Denken und Handeln der Kirche prägen. Dafür brauche es alle.

    In den Themen der Machtfragen, der Sexualmoral, des Priester- und Frauenbildes sowie der Ausbildung und der Personalauswahl gelte es, konkrete Schritte zu unternehmen.

    Es gebe keine Alternative zur Wahrheit, schrieb Bischof Markus Büchel in seinem Brief an alle Katholikinnen und Katholiken. «So schmerzhaft es sein mag, wir müssen uns den Tatsachen stellen.» Er ganz persönlich müsse zu den Fehlern stehen, die er gemacht habe. Unendlich viel Vertrauen sei verloren gegangen.

    «Noch nie in meinem Leben als Priester und Bischof habe ich mich so ohnmächtig und hilflos gefühlt wie in diesen Tagen», schrieb Büchel weiter. Er stehe in der Verantwortung und könne sich nicht dahingehend zurückziehen, nichts gewusst zu haben. «Ich gestehe Fehler ein, kann damit aber keine einzige Tat rückgängig machen.»

    Büchel appellierte an die Kirchenmitglieder. «Ausdrücklich bitte ich alle, die auf den verschiedenen Ebenen der Kirche Mitverantwortung tragen, sich für die Aufklärung und den Perspektivenwechsel, für den Aufbau von Vertrauen einzusetzen.»

  • Freitag, 15. September 2023, 1.24 Uhr

    Kirche vermischt laut Kirchenrechtsexperte Moral und Recht

    Das kirchliche Strafrecht hat laut Kirchenrechts- und Präventionsexperte Stefan Loppacher zu einer Vermischung von Moral und Recht geführt. Mit einer Frau zu schlafen, sei als schlimmer betrachtet worden als der sexuelle Missbrauch von Buben durch Priester, sagte er. Die Räson gewisser Bischöfe und Priester sei «natürlich totaler Schwachsinn», sagte Loppacher im Interview mit Tamedia (Freitagausgabe). Der Kirchenrechtler leitet das Fachgremium «Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld» der Schweizer Bischofskonferenz. Zudem ist er Präventionsbeauftragter im Bistum Chur.

    Sexuelle Handlungen mit Buben seien mit Homosexualität begründet und im kirchlichen Kontext als moralisch verwerflich eingeordnet worden. Als gravierender sei Sex zwischen Mann und Frau gewertet worden, sagte Loppacher. Das wäre ein «richtiger Zölibatsbruch». Loppacher habe entsprechende Akten gesichtet.

    Die Frau werde aus biblischen und kultischen Reinheitsvorstellungen heraus als weniger rein gesehen. Bis heute präge dies die Sexualmoral und das Frauenbild der Kirche. «Abstruse Moralvorstellungen haben hier einen direkten Einfluss auf die Verharmlosung eines schweren Verbrechens», sagte Loppacher.

    Das kirchliche Strafrecht sei über Jahrhunderte ein reines Disziplinarrecht gewesen. «Es ging darum, die Täter zu ihrem eigenen Heil vor sich selbst zu schützen und zur Umkehr zu bewegen», sagte er. Unrecht zu benennen und dieses wiedergutzumachen, sei nicht Teil davon. «Das tönt natürlich so naiv, dass einem fast schwindlig wird», sagte der Kirchenrechtler. Doch basiere das kirchliche Strafrecht auf moralischen und theologischen Überzeugungen.

    Die Kirchenverantwortlichen seien es sich zudem gewohnt gewesen, sich über den Staat zu stellen. «Die katholische Kirche kennt keine Fehlerkultur», sagte Loppacher. Aus Sicht des Staates existiere das Kirchenrecht nicht.

    Eine grosse Zahl kirchlicher Mitarbeiter habe aber nur darauf gewartet, dass man diese Themen anspreche. Für einen Kulturwandel braucht es nach Auffassung Loppechers die Masse. Dass sich Schweizer Kirchenvertreter durchgerungen haben, eine Aufklärung in Auftrag zu geben, zeuge von Einsicht.

    Die Universität Zürich hatte am Dienstag in einer Studie 1'002 Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in der Schweiz seit der Mitte des 20. Jahrhunderts dokumentiert.

  • Wir beenden den Live-Ticker am 14. September 2023

  • 16 Uhr

    Charles Morerod notfallmässig im Spital – Grund nun bekannt

    Bischof Charles Morerod ist am Mittwoch notfallmässig ins Spital eingeliefert worden. Das Oberhaupt der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg musste sich einem chirurgischen Eingriff am Kopf unterziehen. Die Operation sei gut verlaufen, teilte das Bistum am Donnerstag mit. Es habe sich um die Folgen einer Schädelblutung gehandelt, die auf einen Sturz mit dem Velo vor einigen Monaten zurückzuführen war. Dabei hätten sich zwei subdurale Hämatome gebildet. Subduralhämatom ist der Fachbegriff für eine Einblutung zwischen zwei Hirnhäuten.

    Zur Spitaleinlieferung kam es am Mittwoch, nachdem der Bischof zu einer Pilotstudie der Universität Zürich über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche Stellung genommen hatte. Am Abend trat Morerod noch in einer Sendung des Westschweizer Radios RTS auf.

    Er bezeichnete die Studie als «erschütternd» und erklärte, er setze sich im Bistum für einen Kulturwandel ein. In einem am Donnerstag publizierten Interview mit der Neuenburger Tageszeitung «Arcinfo» zeigte er sich zum Rücktritt bereit, sollte er grössere Fehler begangen haben.

    Er bezeichnete die Studie als «erschütternd» und erklärte, er setze sich im Bistum für einen Kulturwandel ein. In einem am Donnerstag publizierten Interview mit der Neuenburger Tageszeitung «Arcinfo» zeigte er sich zum Rücktritt bereit, sollte er grössere Fehler begangen haben. Zu den Vorwürfen gegen ihn nahm er nicht Stellung. Er soll bei der Meldung von Missbrauchsfällen nicht eingeschritten sein. Der Churer Bischof Joseph Bonnemain führt auf Geheiss des Vatikans eine Untersuchung gegen Morerod und weitere Mitglieder der Bischofskonferenz.

    Das geschieht aufgrund eines Briefes des Whistleblowers Nicolas Betticher an die Nuntiatur des Heiligen Stuhls in Bern. Betticher ist ehemaliger Generalvikar im Bistum Lausanne, Genf und Freiburg und aktuell Pfarrer in Bern.

  • 13.33 Uhr

    Charles Morerod wurde notfallmässig
    ins Spital eingeliefert

    Am Mittwochabend musste Bischof Charles Morerod laut «20 Minuten» nach einer Sendung des Fernsehsenders RTS notfallmässig ins Spital gebracht werden. Er habe sich einem chirurgischen Eingriff unterzogen, wie die Diözese von Lausanne, Genf und Freiburg am Donnerstag mitteilte. Weitere Einzelheiten wurden vorerst nicht bekannt. 

  • Donnerstag, 14.9., 4.24 Uhr

    Bischof Charles Morerod schliesst Rücktritt nicht aus

    Der Bischof von Genf, Lausanne, Freiburg und Neuenburg, Charles Morerod, hat den Rücktritt von seinem Amt nicht ausgeschlossen. Sollte er feststellen, dass er grosse Fehler gemacht habe, sei es besser zu gehen, sagte er in einem Interview. Der Freiburger wollte sich im Interview mit «Arcinfo» (Donnerstagausgabe) nicht zu den Vorwürfen gegen ihn äussern, da eine Untersuchung im Gange sei. Einen Rücktritt habe er nie ausgeschlossen, sagte Morerod.

    Der «SonntagsBlick» hatte in der aktuellen Ausgabe Vorwürfe gegen den Bischof publik gemacht, wonach er nach der Meldung von Missbrauchsfällen nicht eingeschritten sein soll. Einen Priester soll er dennoch befördert haben.

    Charles Morerod, Bischof von Genf, Lausanne, Freiburg und Neuenburg. (Archivbild)
    Charles Morerod, Bischof von Genf, Lausanne, Freiburg und Neuenburg. (Archivbild)
    Bild: Keystone/Ennio Leanza

    Vom Studienbefund der Universität Zürich zu sexuellen Missbrauchsfällen und deren Vertuschung in der katholischen Kirche zeigte sich Morerod nicht überrascht. Bei der Sichtung von Archiven habe er mehrmals Dokumente an Orten gefunden, wo sie nichts zu suchen gehabt hätten, sagte er.

    Zwischen 2012 und 2016 gab es laut der Studie in der Diözese von Morerod keine Fachstelle für Fragen rund um sexuellen Missbrauch. Die zuständige Kommission sei «insbesondere auf Wunsch einiger Opfer» nicht erneuert worden, sagte Morerod, darauf angesprochen. «Ich wollte dann eine neue Westschweizer Kommission bilden», sagte er. Dies habe aber nicht funktioniert.

    Der Bischof empfing die Betroffenen also persönlich: «Es war sehr selten, dass ich selbst die Untersuchungen durchführte.» Denn er habe die Fälle selbst gemeldet. Über die Zeit ohne Anlaufstelle zeigte er sich «überhaupt nicht glücklich».

    Morerod ging auch auf die Missbrauchsfälle von fünf Priestern in seiner Diözese ein. Sie standen 2020 unter Verdacht, pädophile Handlungen begangen zu haben. In zwei Fällen sei die Justiz zum Schluss gekommen, dass es keinen Grund für eine Strafverfolgung gab, sagte er.

    In weiteren Fällen waren die Taten juristisch verjährt. Die Personen müssten überwacht werden, sagte Morerod. Eine psychologische Betreuung werde beantragt. «In den problematischsten Fällen kann ich einem Priester sein Amt entziehen oder ihn in seinem Wirkungsbereich stark einschränken», so Morerod. Das seien Massnahmen, die er nach eigenen Angaben relativ kürzlich ergriffen habe.

  • Wir beenden den Live-Ticker vom 13. September 2023

  • 15.15 Uhr

    Ein Berner Grossrat verlangt die Sistierung der Kirchengelder

    Nach dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle will ein Berner Grossrat «sämtliche Zahlungen» des Kantons an die Römisch-katholische Kirche sistieren. Die Gelder sollen erst wieder freigegeben werden, wenn der Grosse Rat das Konzept zur Aufarbeitung der Übergriffe abgesegnet habe.

    In einer Motion, die am Mittwoch eingereicht wurde, verlangt der Berner GLP-Grossrat Tobias Vögeli, dass der Kanton Bern alle Zahlungen an die katholische Kirche sistiert, die nicht in Zusammenhang mit einer Leistungsvereinbarung stehen. Der «Blick» hatte zuerst darüber berichtet.

    Auch sollen bis auf Weiteres keine neuen Leistungsverträge abgeschlossen und diese auch nicht verlängert werden. Vögeli begründet seinen Vorstoss damit, dass es aus säkularer Sicht äusserst problematisch sei, wenn die gleichen Institutionen oder Personen die Vorfälle untersuchten, die bereits zum Zeitpunkt der Vertuschungen im Amt waren.

    Die Aufarbeitung der Fälle sei zwar eine interne Sache der Kirche und entziehe sich der Kontrolle des Kantons Bern. Doch diesen treffe «eine politische und historische Verantwortung», weil die Beschuldigten zum Zeitpunkt der ihnen vorgeworfenen Taten durch die kantonale Beiträge an die Pfarrerlöhne «Staatsangestellte» gewesen seien. Der Kanton Bern unterstützt die drei Landeskirchen mit insgesamt 72 Millionen Franken pro Jahr.

    Die Ergebnisse und Massnahmen zur Anpassung des Systems der katholischen Kirche müssten deshalb unabhängig geprüft werden. Die Gelder dürften erst wieder freigegeben werden, wenn ein «Konzept vorliegt, das die Übergriffe innerhalb der katholischen Kirche des Kantons Bern in den letzten Jahrzehnten umfassend und transparent aufarbeitet und in Zukunft verhindert».

    Die Freigabe müsse vom Grossen Rat abgesegnet werden. Da die Motion als dringlich eingegeben wurde, dürfte sie bereits nächste oder spätestens übernächste Session behandelt werden, teilte Vögeli auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.

  • 14 Uhr

    Bischof von Sitten bestreitet Kenntnis und Vertuschung von Missbrauch

    Der Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey, würde zurücktreten, falls die Untersuchung über sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung ihn belasten sollte. Das sagte er am Mittwoch an einer Medienkonferenz in Sitten.

    Bischof Lovey bestritt jegliche Kenntnis und Vertuschung der Vorfälle. «Ich habe kein Dokument aus diesem Bereich in den Archiven vernichtet», versicherte er vor den Medien. Der Bischof war im «SonntagsBlick» der Vertuschung beschuldigt worden und ist Ziel einer internen Untersuchung der Schweizer Bischofskonferenz.

    Der Bischof von Sitten sprach von insgesamt 19 Fällen von sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche im Wallis seit 2015. Ein Fall betreffe einen inkardinierten Priester. Lovey bestätigte auch, dass sein Vorgänger, Bischof Norbert Brunner, Archive aussortiert habe.

  • 13.30 Uhr

    Bistum Lugano gelobt Besserung in Sachen Missbrauchsaufklärung

    Das Bistum Lugano hat am Mittwoch vor den Medien eine bessere Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in Aussicht gestellt. Gemäss dem am Dienstag veröffentlichten Bericht von Historikerinnen und Historikern der Universität Zürich wurden im Bistum Lugano zahlreiche Dokumente vernichtet.

    Es sei für das Bistum Lugano unmöglich, die Schuld in dieser Sache nicht anzuerkennen, sagte der apostolische Administrator des Bistums Lugano, Alain de Raemy, am Mittwoch vor den Medien. Er stellte eine «definitive Veränderung» in Aussicht. Es brauche Gerechtigkeit für die Opfer.

    Als konkrete Verbesserung stellte de Raemy die Schaffung einer unabhängigen Meldestelle für sexuelle Übergriffe in Aussicht. Die heute bestehende Kommission für solche Fälle ist Teil des Bistums Lugano selbst und dürfte daher für viele Opfer keine wirklich unabhängige Anlaufstelle darstellen.

    Die Missbrauchsfälle sind im Bistum Lugano äusserst schlecht dokumentiert, wie der Bericht der Universität Zürich festhält. Demnach sind in den 1990er-Jahren zahlreiche Dokumente vernichtet worden. Zudem sei das historische Archiv des Bistums während vieler Jahre von «archivarisch ungeschultem Personal» geführt worden.

    Die Verantwortlichen anerkannten vor den Medien die durch den Bericht dokumentierte Vernichtung von Unterlagen. Jedoch seien in den letzten 20 Jahren im Bistum Lugano keine Dokumente mehr zerstört worden.

    Die Universität Zürich hatte am Dienstag eine Studie, die 1'002 Fälle von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in der Schweiz seit der Mitte des 20. Jahrhunderts dokumentiert, veröffentlicht. Den Forschern zufolge handelt es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs, da die meisten Fälle nicht gemeldet und Dokumente vernichtet wurden. Die Studie war von drei katholischen Gremien in Auftrag gegeben worden, darunter der Schweizer Bischofskonferenz.

  • 12.20 Uhr

    Bischof nennt Bericht über Missbrauch als «erschütternd»

    Der Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg, Charles Morerod, hat die Studie der Universität Zürich über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche als «erschütternd» bezeichnet. Er betont, dass sich die Diözese für einen Kulturwandel einsetze.

    Der Bericht zeige einmal mehr den schlechten Umgang mit Missbrauchsfällen in der Kirche auf, heisst es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme von Morerod. Das Bistum Lausanne, Genf und Freiburg unterstütze die von der Bischofskonferenz vorgeschlagenen Massnahmen.

    Diese umfassen insbesondere neue institutionelle Strukturen für die Meldung von Fällen, eine psychologische Kontrolle der Priester- und Weihekandidaten, die Professionalisierung der Personalressourcen und ein absolutes Verbot der Vernichtung von Dokumenten, die mit Missbrauch in Verbindung stehen.

    «Wir setzen uns für einen Kulturwandel innerhalb der Kirche ein», versichert Morerod. Er erinnerte daran, dass dieser insbesondere dank der Opferhilfe bereits begonnen habe.

    Die Schweizer Bischofskonferenz hatte am Sonntag bekannt gegeben, dass sie am 23. Juni die Einleitung einer Voruntersuchung aufgrund von Vorwürfen der Vertuschung von sexuellem Missbrauch angeordnet hatte. In einem Brief seien Anschuldigungen gegen mehrere emeritierte und amtierende Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz sowie andere Geistliche im Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch erhoben worden.

    Laut «SonntagsBlick» wird Morerod vorgeworfen, nach der Meldung von Missbrauchsfällen nicht eingeschritten zu sein. Er soll den betreffenden Priester sogar befördert haben. Bischof Morerod erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, er könne diese Anschuldigungen nicht kommentieren, da die «Fakten bei den zuständigen Organen» eingereicht worden seien, d. h. bei der staatlichen und der kirchlichen Justiz. Er wolle sich nicht in die Arbeit dieser Ermittlungen einmischen.

  • 11.40 Uhr

    St. Galler Bischof entschuldigt sich und reicht Strafanzeige ein

    In der am Dienstag veröffentlichten Pilotstudie der Uni Zürich ist die Rede von rund 1'000 Fällen sexuellen Missbrauchs im Umfeld der katholischen Kirche. Es handle sich dabei um die Spitze des Eisbergs, hiess es. Ausführlich dargestellt wurden aber nur einige exemplarische Fälle. Zwei davon stammen aus dem Bistum St. Gallen.

    In einem Kinderheim in Lütisburg SG gab es zwischen 1978 und 1988 massive sexuelle Übergriffe und Gewalt, die einem Priester, der als Direktor amtete, aber auch Menzinger Schwestern vorgeworfen werden.

    Betroffene hatten sich damals bei den beiden Vorgängern des aktuellen St. Galler Bischofs Markus Büchel gemeldet. Der damalige Direktor ist inzwischen verstorben. Nach 1988 wurde die Institution komplett reorganisiert und wird seither nicht mehr von der Kirche geführt.

    Bischof Markus Büchel: «Ich bin ertappt worden»

    Bischof Markus Büchel: «Ich bin ertappt worden»

    «Ich habe keine Anzeige eingereicht, obwohl ich es hätte tun sollen», so der St. Galler Bischof Markus Büchel in Bezug auf die sexuellen Missbräuche in der katholischen Kirche. Er sei gewiss ertappt worden, denke im Moment aber noch nicht daran, von seinem Amt zurückzutreten.

    13.09.2023

    Nach Meldungen nicht gehandelt

    Der zweite Fall handelt von einem Priester mit dem Übernamen «Pfarrer Tätscheli». Ihm wurden wiederholt sexuelle Übergriffe – unter anderem in einem Kinderheim – vorgeworfen. In die Abklärungen, die durch Meldungen ausgelöst wurden, war Ivo Fürer, der Vorgänger von Büchel, involviert.

    Es gab damals Empfehlungen des Fachgremiums des Bistums, einer 2002 ins Leben gerufenen Anlaufstelle für sexuelle Übergriffe in der Seelsorge. Diese verlangte den Rücktritt des Pfarrers von seiner Funktion im Bistum sowie eine Überprüfung von dessen Lebens- und Arbeitsfeldern.

    Doch der damalige Bischof unternahm keine Schritte, die dokumentiert wären. Der Fall wurde auch nicht nach Rom gemeldet. 2012 sei der Pfarrer nach erneuten Meldungen in ein Kloster versetzt worden, heisst es in der Pilotstudie. Er sei aber auch danach noch im Bistum seelsorgerisch tätig gewesen.

    An der Medienkonferenz ging es hauptsächlich um diesen Fall. Bischof Markus Büchel erklärte, bei seinem Amtsantritt sei ihm kein offener Fall gemeldet worden. «Ich habe einen grossen Fehler gemacht», sagte er. Er habe die Abklärungen seines Vorgängers nicht erneut geprüft und gehandelt.

    Bischof Markus Büchel: «Ich habe einen grossen Fehler gemacht»

    Bischof Markus Büchel: «Ich habe einen grossen Fehler gemacht»

    An einem Mediengespräch nahm der St. Galler Bischof Markus Büchel Stellung zu den sexuellen Missbräuchen in der katholischen Kirche. «Ich habe einen grossen Fehler gemacht», sagte er vor den Medien.

    13.09.2023

    Strafanzeige gegen Unbekannt

    Nun sei aber eine Voruntersuchung eingeleitet worden. Zudem wurde eine Strafanzeige eingereicht. Sie richtet sich gegen unbekannt. Das Bistum wisse nicht, wer die in der Studie nur mit einem Kürzel bezeichnete Person sei, wurde gleich mehrfach erklärt.

    Er werde sich für ein schonungsloses Aufdecken und Aufarbeiten einsetzen, sagte Büchel. Er sei zudem bereit, Betroffene persönlich zu treffen.

    Die an der Medieninformation anwesende Präsidentin der IG für missbrauchsbetroffene Menschen im kirchlichen Umfeld (IG-M!kU), Vreni Peterer, wollte vom Bischof wissen, ob der betreffende Priester suspendiert wurde und nicht mehr seelsorgerisch tätig sei. Es seien Massnahmen getroffen worden, lautete die Antwort.

    Das Bistum will als Folge der Pilotstudie unter anderem interne Abläufe kritisch überprüfen. Weiter würden keine Akten mehr vernichtet. Bisher war dies nach Ablauf von zehn Jahren möglich.

    Meldungen von sexuellen Übergriffen durch das Kirchenpersonal dürfe ein Bischof seit 2019 nicht mehr selber abklären, hiess es an der Medienorientierung. Es müsse immer eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gemacht werden.

  • Mittwoch, 13.9., 10.50 Uhr

    Gegen Abt von Saint-Maurice VS läuft Untersuchung wegen Missbrauchs

    Der Abt von Saint-Maurice VS, Jean César Scarcella, wird in der Missbrauchsaffäre der katholischen Kirche angeschuldigt. Gegen ihn ermittelt der apostolische Sonderermittler Joseph Bonnemain. Scarcella lässt sein Amt ruhen, bis die Ermittlungen abgeschlossen sind.

    Dies kündigte der Abt am Mittwochmorgen in einer Medienmitteilung an. Die Ermittlungen wegen Verdachts in der katholischen Kirche würden auch einen Vorwurf betreffen, der gegen ihn erhoben worden sei. Der Abt von Saint-Maurice ist auch Mitglied der Schweizer Bischofskonferenz (SBK).

    Derzeit läuft eine kirchliche Voruntersuchung wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch und dessen Folgen durch Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz. Sie wurde vom Bischofskonzil angeordnet, die für solche Vorwürfe zuständigen Behörde in Rom.

    Der Churer Bischof Joseph Bonnemain wurde mit der Leitung der Untersuchung beauftragt. Scarcella schrieb im Communiqué, er habe Bischof Bonnemain seine volle Kooperation zugesichert.

    Von Whistleblower gemeldet

    Die Voruntersuchung wurde eingeleitet, nachdem der ehemalige Generalvikar Nicolas Betticher sich mit einem internen Schreiben an den Vatikan gewandt hatte. Darin erhob er schwere Vorwürfe im Umgang mit sexuellen Missbrauchsfällen gegen mehrere emeritierte und amtierende Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz.

    Gegen einzelne Personen steht gar der Vorwurf im Raum, in der Vergangenheit selber sexuelle Übergriffe begangen zu haben. Am vergangenen Sonntag machte der «SonntagsBlick» die kircheninternen Untersuchungen publik.

    Scarcella steht seit 2015 der Abtei St. Maurice vor. In der SBK leitet er das Departement «Glaube, Liturgie, Bildung, Dialog». Der 1951 in Montreux geborene Ordenspriester wurde ausserdem im August 2022 zum Abtprimas der Konföderation der Augustiner Chorherren gewählt.

  • Wir beenden den Ticker für heute Dienstag.

    Vielen Dank für Ihr Intresse

  • 10:30 Uhr

    Kirche ergreift Massnahmen

    Der Bischof erklärt, dass Massnahmen eingeführt werden. So schaffe die Kirche nun neue Meldestrukturen. In Zukunft solle die Überwachung bei kirchlichen Anstellungen verstärkt werden.

    Hierfür wird eine standardisierte psychologische Prüfung eingeführt, sagt Bischof Joseph Bonnemain. Dies gelte für viele, die in der katholischen Kirche arbeiten. Zudem kündigt der Bischof an, dass alle kirchlichen Verantwortlichen sich neu verpflichten werden, keine Akten mehr zu vernichten, die in Zusammenhang mit Missbrauchsfällen stehen. Dies sei bislang offenbar mehrfach geschehen. 

  • Dienstag, 12.9., 10:28 Uhr 

    Bischof wendet sich an die Opfer

    Der Bischof Joseph Bonnemain wendet sich zuerst an die Opfer: «Jedem Einzelnen von Ihnen wurde grosses Leid zugefügt. Die Täter haben Ihr Vertrauen schamlos ausgenützt.»

    Er sagt weiter: «Kirchliche Führungspersonen haben es zugelassen, dass Kinder und Jugendliche Sexualstraftätern ausgeliefert waren. Täter wurden geschützt und versetzt. Manche wurden der Strafverfolgung entzogen.» Man habe immer wieder versucht, die Taten als Einzeltaten abzutun. 

  • Dienstag, 12.9., 10:26 Uhr

    Täter- statt Opferschutz

    Professorin Monika Dommann sagt im Zuge der Pressekonferenz: «Die katholische Kirche hätte diesen Forschungsprozess schon vor mindestens 20 Jahren anstossen müssen.»

    Auch seien Täter geschützt worden. Jacques Nuoffer, Präsident der Betroffenenorganisation «Groupe Soutien aux personnes abusées dans une relation d'autorité religieuse» (SAPEC), sagt, dass die Kirche viel zu lange die Täter geschützt und die Opfer ignoriert habe.

  • Dienstag, 12.9., 9:52 Uhr

    «Beschuldigte waren bis auf wenige Ausnahmen Männer»

    Aus den 1'002 Fällen, die in der Studie analysiert wurden, wurde deutlich, dass es 510 Beschuldigte gibt – und 921 Betroffene. Einige Betroffene wurden mehrfach sexuell missbraucht. «Die Beschuldigten waren bis auf wenige Ausnahmen Männer», sagt die Studienbeteiligte Prof. Dr. Marietta Meier.

    Unter den Missbrauchsopfern seien Kinder, Jugendliche, Erwachsene, aber «auch Säuglinge». Sie sagt: «74 Prozent der Fälle betreffen sexuellen Missbrauch an Minderjährigen.»

  • Dienstag, 12.9, 9:43 Uhr

    «Es bedrückt uns»

    Renata Asal-Steger, Präsidentin der Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz, öffnet die Medienkonferenz über die Studie der Uni Zürich. Sie sagt: «Es ist ein wichtiger Tag für die Römisch-katholische Kirche Schweiz.» Doch sie macht auch klar, dass es ein trauriger Tag für die Kirche ist.

    «Es bedrückt uns», sagt sie zu sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche. «Wir haben als Kirche in der Schweiz lange versagt, uns dem Thema zu stellen», erklärt sie.

Katholische Kleriker und Ordensangehörige haben in der Schweiz seit 1950 mindestens 1'002 Fälle von sexuellem Missbrauch begangen. Das zeigt eine Analyse von Geheimarchiven kirchlicher Institutionen durch Historikerinnen und Historiker der Universität Zürich (UZH).

Bei den identifizierten Fällen handle es sich zweifellos nur um die Spitze des Eisbergs, hiess es im am Dienstag veröffentlichten Bericht. Es seien aber deutlich mehr Fälle, als von der Kirche bislang kommuniziert wurden.

Mindestens 1'002 Fälle belegt

Die 1'002 Missbrauchsfälle, die die Forschenden für die Zeit seit 1950 belegen konnten, wurden von 510 Personen an 921 Opfern verübt. In 74 Prozent der Fälle waren die Opfer minderjährig. Knapp 56 Prozent der Opfer waren männlich. Die Beschuldigten waren bis auf wenige Ausnahmen Männer.

Bis in die 2000er-Jahre hinein haben die Verantwortlichen der Kirche sexuellen Missbrauch in den meisten der ausgewerteten Fälle ignoriert, verschwiegen oder bagatellisiert, wie es im Bericht heisst. Erst ab Beginn des neuen Jahrhunderts veränderten sich demnach die Reaktionen der Kirche.

In der Schweiz wurden Fälle von sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche analysiert.
In der Schweiz wurden Fälle von sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche analysiert.
Bild: Keystone/dpa/Peter Kneffel