Sterben auf KnopfdruckTodeskapsel soll in der Schweiz bald zum Einsatz kommen
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4.7.2024
Die Suizidkapsel «Sarco» vom umstrittenen Aktivisten Philip Nitschke soll in der Schweiz schon bald einer Person zum freiwilligen Tod verhelfen. Die Methode kommt nicht bei allen gut an.
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04.07.2024, 12:02
Andreas Lunghi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Todeskapsel Sarco soll bald in der Schweiz zum Einsatz kommen.
Die Rechtslage ist unklar. Die Maschine verstosse gegen keine Gesetze, es sei aber nicht klar, ob sie als Medizinprodukt zertifiziert werden müsse.
Eine Exekution mit Stickstoff in den USA nährt Zweifel an der Methode.
Andere Sterbehilfeorganisationen bezweifeln, dass die Suizidkapsel in der Schweiz oft zum Einsatz kommen wird, weil sie Nähe zu den Angehörigen nicht zulasse.
Die Schweiz ist für ihre liberalen Regulierungen bezüglich des assistierten Suizids bekannt. So kommt es auch immer wieder vor, dass sterbewilligen Personen aus dem Ausland in die Schweiz kommen, um mit Organisationen wie Exit Schweiz oder Dignitas ihren Wunsch zu erfüllen.
Für den Freitod müssen bei den Personen, die zumeist an unheilbaren Krankheiten leiden, gewisse Bedingungen gegeben sein. Sie müssen urteilsfähig sein und eine medizinische Fachperson muss feststellen, ob der Sterbewunsch angesichts der Lebenssituation nachvollziehbar ist.
Die sterbewillige Person muss zudem in der Lage sein, die Handlung selbst vorzunehmen. Sie schluckt oder injiziert sich Natrium-Pentobarbital, welches von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben werden muss.
Sauerstoffmangel dank Stickstoff
Die Verwendung von diesem Gift will der umstrittene australische Aktivist Philip Nitschke mit seiner Kapsel Sarco umgehen. Auf Knopfdruck aus dem Inneren soll die geschlossene Kapsel mit Stickstoff geflutet werden. Das soll in wenigen Sekunden zu Hypoxie und Hypokapnie, also Sauerstoff- bzw. Kohlendioxidmangel, führen, wie Nitschke 2021 in einem Interview mit Swissinfo erklärte.
Das führe zu einem eher angenehmeren Tod, wie Christian Jackowski, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin an der Universität Bern, der NZZ sagt. Der Sauerstoffmangel werde im Körper als angenehm empfunden, was manche Leute auch zur Luststeigerung bewusst herbeiführen. Dies führe laut Jackowski immer wieder zu «autoerotischen Unfällen» mit Todesfolgen.
Umstrittene Exekution mit Stickstoff in den USA
Die Stickstoff-Methode wurde am 25. Januar dieses Jahres in den USA für die Hinrichtung des verurteilen Mörders Kenneth Eugene Smith verwendet. Der Verurteilte trug dabei eine Maske, mit der er Stickstoff einatmete.
Das Vorgehen wurde von den Vereinten Nationen verurteilt, die US-Behörden hätten Smith als Versuchskaninchen missbraucht und die Aussichten eines «schnellen, humanen und schmerzlosen» Todes nicht erreicht. Wie die NZZ in ihrem Artikel berichtet, hätten die Zeugen der Hinrichtung darüber gesprochen, wie Smith minutenlang nach Luft schnappte, sich krümmte und an den Fesseln riss.
Nitschke reiste daraufhin nach Alabama, um das Setting der Exekution zu überprüfen. Er mahnte, dass die Maske Risiko berge, dass sie verrutschen könnte und den Sterbeprozess so verlängere, wie die NZZ schreibt.
Rechtslage zu Verwendung von Sarco unklar
Dass Sarco nun schon bald in der Schweiz zum Einsatz kommen soll, ist laut der NZZ überraschend. Denn der Schweizer Partner von Exit International, der Organisation von Nitschke, die nicht mit Exit Schweiz zu verwechseln ist, habe sich aufgrund der unklaren Rechtslage zurückgezogen.
Zwar kam bei einem von Nitschke in Auftrag gegebenen juristischen Gutachten heraus, dass die Maschine keine Gesetze verstosse, weil sie kein Medizinprodukt ist, welches vor der Anwendung geprüft werden muss. Doch damit seien nicht alle Expert*innen einverstanden.
Die NZZ zitiert dabei Kerstin Noëlle Vokinger, Professorin für Recht und Medizin an der Universität Zürich. Laut Vokinger fallen unter das Medizinproduktegesetz auch Apparate, die dem Zweck dienen, einen «physiologischen oder pathologischen Zustand» zu verändern. Dazu könne auch ein Gerät gehören, das einen Menschen tötet.
Sarco müsse vor dem Einsatz von Swissmedic zertifiziert werden. Wenn diese Zertifizierung nicht vorliege und ein Gericht zu den gleichen Schlüssen wie Vorkinger käme, könnte Nitschke als Hersteller das Risiko einer Haftstrafe eingehen.
«Grundsätzlich eine sinnvolle Erfindung»
Die Sterbehilfeorganisation Pegasos, ehemals Schweizer Partnerin von Exit International, und andere Mitstreiter sehen Sarco grundsätzlich als sinnvolle Erfindung. So helfe die Maschine Personen, die aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage seien, das Medikament zu trinken oder bei denen keine Infusion angelegt werden könne, sagte Pegasos-Präsident Ruedi Habegger zur NZZ.
Habegger betont aber, dass viele Patient*innen während des Sterbeprozess die Nähe von medizinischen Begleitpersonen und Angehörigen spüren möchten, was bei der Suizidkapsel nicht der Fall wäre. Aus diesem Grund bezweifelt Habegger, dass Sarco in der Schweiz oft zum Einsatz kommen wird.
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