Keine «Lex Ukraine»Ständerat will bei Wiederausfuhr Schweizer Waffen eigenen Weg gehen
su, sda
4.2.2023 - 00:00
Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates will die Regeln für die Weitergabe Schweizer Kriegsmaterial lockern. Eine «Lex Ukraine» wie der Schwesterkommission im Nationalrat soll es aber nicht geben.
04.02.2023, 00:00
SDA
Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates (SIK-S) will die Vorschriften für die Wiederausfuhr von Schweizer Kriegsmaterial lockern. Doch eine «Lex Ukraine» wie die Schwesterkommission des Nationalrates will die Mehrheit der Ständeratskommission nicht.
Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerates (SIK-S) wählt einen anderen Weg. Mit mit 6 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschloss sie eine parlamentarische Initiative für eine Änderung im Kriegsmaterialgesetz, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten.
Die SIK-S will mit der Initiative, dass die Geltungsdauer von Nichtwiederausfuhr-Erklärungen für bestimmte Länder, die Schweizer Kriegsmaterial kaufen, nur fünf Jahre lang gilt. Dazu gehören Deutschland, Frankreich, Italien oder auch die USA. Massgebend ist die Liste im Anhang der Kriegsmaterialverordnung.
Die Zielländer müssen sich laut der Kommissionsinitiative verpflichten, das Material nur unter bestimmten Voraussetzungen weiterzugeben. Zunächst darf das Bestimmungsland nicht in einen bewaffneten Konflikt verwickelt sein, es sei denn, es macht von seinem völkerrechtlichen Selbstverteidigungsrecht Gebrauch.
Weiter darf das Bestimmungsland nicht in schwerwiegender Weise die Menschenrechte verletzen. Und es darf kein Risiko bestehen, dass das Kriegsmaterial gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird.
Nichtwiederausfuhr-Erklärungen schliesslich, die mehr als zwei Jahre vor dem Inkrafttreten der vorgeschlagenen Gesetzesänderung unterzeichnet worden sind, soll der Bundesrat gemäss Initiative für aufgehoben erklären. Das gilt aber nur für Erklärungen der im Anhang der Kriegsmaterialverordnung aufgeführten Länder.
Rüstungsindustrie stärken
Mit der vorgeschlagenen Lockerung will die SIK-S auch die Schweizer Rüstungsindustrie stärken. Ein zu restriktives Wiederausfuhrregime könne bestimmte Staaten davon abhalten, Kriegsmaterial in der Schweiz zu kaufen, wenn sie über nicht mehr benötigtes Material nicht frei verfügen könnten, fand die Mehrheit.
In den Augen der Minderheit ist die verlangte Änderung des Kriegsmaterialgesetzes nicht mit der Neutralität vereinbar. Sie sei in erster Linie eine Unterstützung der Rüstungsindustrie und ein Versuch, das Verbot der Waffenlieferungen an die Ukraine zu umgehen, fand die Minderheit laut Mitteilung.
Über die parlamentarische Initiative der SIK-S entscheidet als nächstes die Schwesterkommission des Nationalrates (SIK-N). Sie selbst hat aber eine Initiative für eine «Lex Ukraine» beschlossen. Demnach soll die Kriegsmaterial-Wiederausfuhr möglich sein, wenn sie im Zusammenhang mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine erfolgt.
Eine solche «Lex Ukraine» lehnte die Ständeratskommission mit 9 zu 3 Stimmen ab. Ihre Mehrheit ist der Ansicht, der Ansicht, dass das Erlauben einer Wiederausfuhr einzig in die Ukraine gegen den im Neutralitätsrecht verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung verstösst.
Die Minderheit fand, dass es an der Zeit sei, dass sich die Schweiz gegenüber Partnerländern, die Schweizer Kriegsmaterial in die Ukraine reexportieren wollten, solidarisch zeige. Der Vorstoss für die «Lex Ukraine» liegt nun wieder bei der SIK-N. Sie kann ihrem Rat beantragen, das Anliegen aufzunehmen – oder es aufgeben.
Die Diskussion aussetzen und einen Mitbericht der Aussenpolitischen Kommission des Ständerates (APK-S) abwarten wollte die SIK-S nicht. Sie sagte mit Stichentscheid von Präsident Werner Salzmann (SVP/BE) Nein. Die APK-S könne sich bei der Ausarbeitung der Vorlage zu neutralitätsrelevanten Aspekten äussern, befand die Mehrheit.
Gegen «Leoparden» für Deutschland
Deutlicher war die Mehrheit in der SIK-S gegen die Ausserdienststellung und Rückgabe von bis zu 30 der 96 stillgelegten Panzer 87 Leopard an Deutschland. Eine entsprechende parlamentarische Initiative wurde mit 8 zu 2 Stimmen abgelehnt.
Die Mehrheit will diese Panzer als strategische Reserve erhalten. Die Minderheit sah in den Panzern eine Möglichkeit, einen Beitrag zur europäischen Sicherheit zu leisten.
Mit den «Leoparden» hätte in den Augen der Minderheit die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands gestärkt werden können. Das Nachbarland habe die Ukraine mit der Lieferung von Rüstungsgütern aus den eigenen Beständen militärisch erheblich unterstützt.