Der Ständerat stellt sich klar gegen die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot». Der Gegenvorschlag des Bundesrats wird hingegen genauso klar angenommen.
Chancenlos: Die Volksinitiative für ein Verhüllungsverbot, im Volksmund Burka-Initiative genannt, wurde im Ständerat am Donnerstag regelrecht abgeschmettert. Die Initiative wird mit 34 zu 9 Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt.
Den Gegenvorschlag des Bundesrats unterstützt das Stöckli hingegen mit 35 zu 8 Stimmen bei ebenfalls zwei Enthaltungen. Der Bundesrat will Verhüllungsverbote in der Kompetenz der Kantone belassen und dabei Probleme mit der Identifizierung gezielt angehen.
Hinter der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» steht das Egerkinger Komitee um SVP-Nationalrat Walter Wobmann. Das Komitee hatte im November 2009 bereits die Initiative für ein Minarett-Verbot durchgebracht. Ihr nun abgelehntes Begehren fordert ein landesweites Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum.
Betroffen wären Schweizer Musliminnen und Touristinnen, die Niqab oder Burka tragen, sowie vermummte Demonstranten oder Hooligans. Fasnachtsmasken wären weiterhin erlaubt.
Bei Kontrollen das Gesicht zeigen
Gemäss indirektem Gegenvorschlag des Bunderats soll eine gesetzliche Pflicht eingeführt werden, das Gesicht zu zeigen, wenn die Person identifiziert werden muss. Als Beispiele genannt werden die Bereiche Migration, Zoll, Sozialversicherungen oder Billettkontrollen in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Bei Verstössen sollen Bussen von bis zu 10'000 Franken ausgesprochen werden. Eine verlangte Leistung wird verweigert, wenn jemand das Gesicht nicht zeigt – soweit das anwendbare materielle Recht es nicht ausschliesst. Das schrieb der Ständerat ausdrücklich in den Gesetzesentwurf.
«Anti-muslimischer Unterton»
«Die Initiative hat einen anti-muslimischen Unterton», konstatierte Daniel Jositsch (SP/ZH). Verschleierung sei ein Instrument für die Unterdrückung, aber die Initiative tue nichts dagegen. Doch auch der Gegenvorschlag enthalte kein Instrument gegen diese Unterdrückung.
Géraldine Savary (SP/VD) unterstützte die Initiative, obwohl sie ihr «Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie» attestierte. Doch ihr stelle sich die Gewissensfrage: Dass das Tragen einer Burka als individuelle Freiheit angesehen werden könne, verstehe sie nicht, sagte sie. Das sei eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts.
«Es gibt auch Männer, die vermummt herumspazieren», sagte Filippo Lombardi (CVP/TI), Präsident beim Eishockey-Klub EHC Ambri Piotta. In seinem Heimatkanton funktioniere das Verhüllungsverbot, das das Volk mit dem Ja zu einer Initiative gewünscht habe.
Kantonale Verbote gibt es bereits
Burka-Verbote gibt es heute in den Kantonen St. Gallen und Tessin. In St. Gallen trat das Verbot Anfang Jahr in Kraft. Bestraft wird dort, wer im öffentlichen Raum sein Gesicht verhüllt und dies «die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet». Ob eine solche Bedrohung oder Gefährdung vorliegt, ist in jedem einzelnen Fall zu beurteilen.
Im Tessin gilt es seit dem 1. Juli 2016. Dort traf es bisher vor allem vermummte Fussballfans. Frauen mit Burka oder Niqab wurden dagegen kaum je gebüsst.
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