Auftrag an BundesratAuch Ständerat will dröhnende Motoren zum Verstummen bringen
Von Lia Pescatore
1.6.2021
Nach dem Nationalrat will auch der Ständerat härter gegen laute Fahrzeuge vorgehen – auch mithilfe von Blitzern. Die Gegner kritisieren, die Schweiz sei technisch gar noch nicht so weit, um die Forderungen umzusetzen.
Von Lia Pescatore
01.06.2021, 13:42
02.06.2021, 09:58
Lia Pescatore
Motorenlärm stört, er kann aber auch krank machen, wie Studien zeigen. Die Schweizer Bevölkerung sei sensibilisierter, was die schädliche Wirkung des Lärms anbelangt, sagt Jean-Marc Wunderli, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Lärmbekämpfung, anlässlich des «Tags gegen den Lärm» zu «blue News».
Dies zeigt sich auch an der Agenda des Parlaments: Mehrere Anträge zum Thema sind hängig. Heute hat der Ständerat einen davon behandelt, die Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (UREK). Die Kommission fordert eine gesetzliche Grundlage, durch die Verursacher von «übermässigem» Lärm besser zur Rechenschaft gezogen werden sollen, und zwar mittels Busse, Führerausweis-Entzug oder Beschlagnahmung des Fahrzeugs.
Wie zuvor der Nationalrat hat am Dienstag auch der Ständerat die Motion angenommen, mit 34 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung. Nun geht sie an den Bundesrat. Die Regierung soll nun einen Gesetzesentwurf ausarbeiten und zum Beispiel aufzeigen, wie Lärm verursachendes Tuning an Autos besser bestraft werden kann. Der Bündner FDP-Ständerat Martin Schmid nannte dies im Namen der Kommissionsmehrheit «ein lästiges Übel, das beseitigt werden soll».
Braucht es überhaupt eine Gesetzesänderung?
Die Motion geht unter anderem auf zwei parlamentarische Initiativen von Lärmliga-Präsidentin und SP-Politikerin Gabriela Suter zurück, die in der Kommissionsmotion vereinigt wurden. Die eine Initiative richtete sich mit einem schweizweitem Fahrverbot für Töffs, die ein Standgeräusch über 95 Dezibel erzeugen, direkt gegen Motorrad-Lärm. Mit der anderen Initiative wollte Suter zudem eine gesetzliche Grundlage für die Einführung von Lärmblitzern schaffen. Das Fahrverbot für laute Töffs wird in der Motion nur für bestimmte Strecken vorgesehen, die Idee der Lärmblitzer ist aber geblieben.
Unterstützt wird die Motion auch vom Städteverband. Absichtlich verursachte laute Motorengeräusche würden in Städten ein Ärgernis darstellen. «Die Beseitigung von Gesetzeslücken und von Unklarheiten soll wirksame Gegenmassnahmen ermöglichen», schreibt er in einer Stellungnahme.
Für die Gegner existieren aber solche Gesetzeslücken nicht. «Die Polizei darf bereits basierend auf dem jetzigen Gesetz Lärmkontrollen durchführen und Personen büssen, wenn diese zu laut unterwegs sind», sagt Walter Wobmann, der der ablehnenden Minderheit der UREK angehört und die Föderation Motorradfahrer der Schweiz präsidiert. Die Regelung von Verkehrskontrollen sei zudem Sache der Kantone und nicht des Bundes.
Für Lärmliga-Präsidentin Gabriela Suter gehen die jetzigen Massnahmen aber zu wenig weit: Die Bussen seien zu tief, Kontrollen zu aufwendig, sie hätten für Fahrzeug-Tuner kaum eine abschreckende Wirkung. «Wir brauchen härtere Strafen, damit es nicht einfach als Kavaliersdelikt hingenommen wird», fordert die Aargauerin.
Lärmblitzer sind noch Zukunftsmusik
Für Wobmann ist hingegen klar: «Wir sind technisch noch nicht so weit, um einen Lärmradar mit harten Lärmschutzgrenzen einzuführen.» Einerseits gäbe es noch keinen funktionstüchtigen Lärmblitzer auf dem Markt, andererseits seien die Fahrzeuge noch nicht mit einer Dezibel-Anzeige ausgestattet, nach der sie ihr Fahrverhalten richten könnten.
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Auch der TCS steht diesem Aspekt der Motion skeptisch gegenüber. Der Verein befürworte zwar die Vorlage grösstenteils, da sie ermögliche, Fahrer von illegal gehandhabten Fahrzeugen zu bestrafen. Jedoch sei es nach heutigem Kenntnisstand nicht zu beurteilen, «ob der Einsatz des zukünftigen Lärmradars effektiv und geeignet ist, um übermässigen Lärm zu bekämpfen», wie der TCS in einer Stellungnahme schreibt.
Suter stimmt zwar zu, dass in der Schweiz zurzeit noch kein Lärmblitzer einsatzreif sei. «Entwicklungen im Ausland zeigen jedoch, dass dies nicht nur ein Schweizer Anliegen ist», betont Suter. So ständen Lärmblitzer bereits in London und Paris im Einsatz. «Bis es die Vorlage bis zur konkreten Gesetzesänderung durch die Vernehmlassung und die beiden Räte geschafft hat, werden auch die ersten Schweizer Lärmblitzer bereit sein», ist sie sich sicher. Das Parlament habe jetzt die Chance, auf die Entwicklung Einfluss zu nehmen.