So will der Bundesrat die Kostenexplosion im Gesundheitswesen verhindern
Der Bundesrat will die steigenden Kosten im Gesundheitswesen weiter bremsen. Er hat am Mittwoch verschiedene Massnahmen beschlossen, über die nun das Parlament zu befinden hat. Wie viel Geld mit den Massnahmen insgesamt eingespart werden kann, ist noch unsicher.
07.09.2022
Wer in der Schweiz wohnt, kommt um das Bezahlen der Krankenkassen-Prämien nicht herum. Nächstes Jahr sollen die Prämien stark steigen. Doch wie setzen sich diese überhaupt zusammen?
Andrea Moser
27.09.2022, 12:26
Andrea Moser
Fast auf den Tag genau vor einem Jahr verkündete Gesundheitsminister Alain Berset, dass die Krankenkassen-Prämien im nächsten Jahr sinken. Dieses Szenario erwartet uns am Dienstagnachmittag kaum erneut. Die Prämien steigen, und zwar massiv. Der Krankenversicherer-Verband Santésuisse erachtet einen durchschnittlichen Anstieg der Prämien um 10 Prozent für nötig, um die Kosten zu decken.
In einer Studie des Beratungsunternehmens Accenture heisst es ausserdem, dass ein entsprechender Nachholbedarf bestehe, wenn die Prämien die tatsächliche Kostensteigerung im Gesundheitswesen berücksichtigen sollen.
Mit ein Grund für den Nachholbedarf sei, so die Studie, dass in den letzten beiden Jahren auf politischen Druck hin die Prämien knapper kalkuliert und Reserven teils abgebaut worden seien. Dies, um das Prämienwachstum zu bremsen. Doch auch die Corona-Pandemie habe zur aktuellen Situation beigetragen.
Alter, Wohnort und Konkurrenz: Viele Faktoren spielen mit
Dazu kommen die diversen Faktoren, die letzten Endes in die Berechnung der Prämien einfliessen. Beispielsweise das Durchschnittsalter der Versicherten. Da ältere Menschen für gewöhnlich mehr medizinische Versorgung brauchen, fallen die Prämien bei einem hohen Anteil an älteren Menschen für alle Versicherten höher aus.
Um die Prämien zu berechnen, braucht eine Krankenkasse Belege von Leistungen, die der Versicherer über das ganze Jahr bezahlt hat. Hinzu kommen die Prämiengelder, die die Krankenkasse eingenommen hat. So wird klar, in welchen Kantonen die Prämien um wie viel steigen.
Der Wohnort selbst spielt eine grosse Rolle bei der Höhe der Prämien. Je höher die Kosten für Gesundheitsleistungen dort sind, desto höher ist die monatliche Prämie. In Städten bezahlen Kunden oftmals mehr als auf dem Land. Gesetzlich geregelt ist übrigens, dass die Grundversicherung keinen Gewinn machen darf.
Grobe Analyse startet bereits im Frühling
Damit sind die Prämien allerdings noch nicht vollständig berechnet. Krankenkassen müssen Prognosen erstellen, welche Kosten im laufenden und im kommenden Jahr anfallen. Alfred Amrein, Finanzchef einer Krankenkasse, sagt in der «NZZ», dass er bereits im April eine grobe Analyse erstelle. Einbezogen werden dabei auch die Angebote der Konkurrenz.
Schwierig sei, die Zu- und Abgänge einzuberechnen. Diese würden stark davon abhängen, welche Prämien andere Krankenkassen anbieten, so Amrein. Das sei von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Er rechne daher immer mit einem Nullwachstum.
Hinzu kommt der sogenannte Risikoausgleich. Das bedeutet, dass Krankenkassen, die weniger Kunden mit hohem Erkrankungsrisiko versichern, Geld in den Risikoausgleich bezahlen. Krankenkassen, die viele hohe Risiken versichern, erhalten dagegen Geld aus dem Risikoausgleich. Für die Prämienberechnungen sei das sehr schwer einzukalkulieren, sagt Amrein.
Von der Krankenkasse zum BAG
Abschliessend reichen die Krankenkassen ihre im Sommer berechneten Prämien beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein. Das Amt hat nur wenige Wochen Zeit für die hochkomplexe Aufgabe, die Vorschläge von allen Krankenkassen zu prüfen. Als Anhaltspunkte dienen dabei unter anderem die Erwartungen der Konjunkturforschungsstelle der ETH sowie die der Krankenkassen selbst.
Sind die Prämien beschlossene Sache, hat Gesundheitsminister Alain Berset die undankbare Aufgabe, die Zahlen gegen Ende September der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das passiert heute Dienstagnachmittag. blue News überträgt und tickert die Medienkonferenz zu den Prämien 2023 ab 14 Uhr live.