Karin Keller-Sutter: «Eigentliche Integration braucht es bei Europäern ja nicht»
Bundesrätin Karin Keller-Sutter tauschte sich am Mittwoch mit den Sozialpartnern aus. Das Thema war die Integration von Menschen aus der Ukraine in den Schweizer Arbeitsmarkt. Der Bund wolle sich bei den Kantonen vor allem am Spracherwerb der Ukrainer und Ukrainerinnen beteiligen. Weiter seien 70 Prozent der Flüchtlinge Familien mit Kindern – deshalb brauche es noch mehr Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder, sollten ihre Mütter in der Schweiz arbeiten, so Adrian Wüthrich, Präsident von Travail Suisse.
16.03.2022
Bis Juni könnten 50'000 Flüchtlinge aus der Ukraine in der Schweiz ankommen. Bundesrätin Keller-Sutter erklärt, wie sie in den Arbeitsmarkt integriert werden können.
Zusammenfassung
Die Flüchtlinge aus der Ukraine sollen bei ihrer Integration in den Schweizer Arbeitsmarkt vor Missbrauch und Sozialdumping geschützt werden. Darauf haben sich am Mittwoch die Sozialpartner bei einem Treffen mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter verständigt.
Das Treffen sei ein wichtiges Signal, dass die Sozialpartner eingebunden seien, sagte die Justizministerin nach dem Treffen vor den Medien. Und: «Wir haben ja viele Partner, die Kantone sind wichtig, die Privaten, aber auch die Organisationen in der Arbeitswelt sind zentral.»
Nachdem der Bundesrat am Samstag den Schutzstatus S aktiviert hatte, können die Schutzsuchenden ohne Wartefrist eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz aufnehmen. Die Sozialpartner hätten sich bereit gezeigt, zur Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen beizutragen, hiess es in einer Mitteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) nach dem Treffen vom Mittwoch.
Aus Sicht des Bundesrates ist der Zugang zur Erwerbstätigkeit zentral, damit die geflüchteten Personen während ihres Aufenthalts in der Schweiz am sozialen und beruflichen Leben teilnehmen können. Es soll ihnen ein strukturierter Alltag, finanzielle Unabhängigkeit und der Erhalt ihrer beruflichen Qualifikationen im Hinblick auf eine Rückkehr in ihre Heimat ermöglicht werden, wie es weiter hiess.
Schutz vor Missbrauch und Sozialdumping
Die Flüchtlinge aus der Ukraine seien überwiegend Frauen, zum Teil mit Kindern, die ihre Männer zur Verteidigung in ihrer Heimat zurückgelassen hätten, sagte Keller-Sutter. Entsprechend sei davon auszugehen, dass sie auch wieder in die Ukraine zurückkehren wollten.
Ziel des Bundesrates und der Sozialpartner sei es, den Schutz vor Missbrauch und Sozialdumping sicherzustellen, schreibt das EJPD. Zuständig für die Bewilligung einer Erwerbstätigkeit sind die kantonalen Arbeitsmarktbehörden. Sie müssten prüfen, ob die Arbeits- und Lohnbedingungen orts-, berufs- und branchenüblich seien.
Die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen werden anschliessend durch die paritätischen und die tripartiten Kommissionen kontrolliert, in denen die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite vertreten sind.
Bund und Sozialpartner sind sich laut EJPD einig, dass grundsätzlich auch Personen mit Schutzstatus S von der Integrationsvorlehre profitieren sollen. Mit diesem Instrument können Personen, die den Schutz der Schweiz voraussichtlich für längere Zeit beanspruchen müssen, gezielt und praxisorientiert auf eine Berufslehre oder die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Schweiz vorbereitet werden.
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14.45 Uhr
Damit ist der Auftritt auch schon beendet
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14.43 Uhr
Besteht Einigkeit bei den Partnern?
«Wir stehen zusammen», sagt Keller-Sutter. Es sei ein Zeichen der Einigkeit, das von dem Gespräch ausgehe. Die verschiedenen Verbände, Organisation und auch die Kantone würden auch in der Arbeitswelt in der Ukraine-Krise zusammenstehen. «Das sei zentral».
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14.41 Uhr
Wie steht es um Schweizer Unternehmen in der Ukraine?
Gesprochen wurde auch über Unternehmen, die Niederlassungen in der Ukraine oder Geschäftsbeziehung dorthin haben. Man gehe davon aus, dass es auch für sie mitunter zu Problemen in den Lieferketten komme.
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14.39 Uhr
Was sind die drängendsten Probleme?
Schnelle Hilfe steht im Vordergrund, nicht die Frage nach dem Sozialdumping. Die praktischen Fragen würden sich schon bald stellen. Da es sich um viele Familien handle, ginge es vor allem um Vereinbarkeitsprobleme, die gelöst werden müssen. Gut ausgebildete Ukrainerinnen können nicht arbeiten, wenn die Kinder währenddessen nicht betreut werden. Das seien die Fragen im Zentrum des Gesprächs gewesen.
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14.38 Uhr
Zu den Prioritäten
Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt sagt: «Erste Priorität ist, dass Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in der Schweiz ein Dach über dem Kopf haben.» Die Frage nach dem Eintritt in den Arbeitsmarkt stelle sich wohl erst in ein paar Wochen. Es sei allerdings gut, wenn man nun früh mit Vereinbarung dran sei. «Es geht jetzt darum, die Prozesse festzulegen, wie wir diese Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren können. Wir wollen helfen und die Situation nicht ausnutzen», so Vogt.
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14.37 Uhr
Was war der Zweck des Treffens?
Zweck des Treffens sei, auszuloten, wie auch Arbeitgeber und Arbeitnehmerverbände, die Integration der ukrainischen Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt befördern könnten, sagt Keller-Sutter den Journalistinnen und Journalisten.
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14.35 Uhr
Es geht los
«Die Männer sind an der Front und kämpfen, diese Frauen wollen eigentlich nichts mehr als zurück», sagt Bundesrätin Keller-Sutter zur Lage der aus der Ukraine flüchtenden Frauen und ihren Kindern. Wenn diese Frauen arbeiten wollen würden, müssten sie sich anmelden bei der Arbeitsmarktbehörde. Dann würden auch die branchenüblichen Lohnverhältnisse überprüft. «Sozialdumping gibt es daher nicht», sagt Keller-Sutter.
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14.32 Uhr
Der Start der Medienkonferenz verzögert sich
Die Ausgangslage
Stand Dienstag wurden 5211 Flüchtlinge aus der Ukraine in der Schweiz registriert. Bis Juni dürften es nach Schätzung des Staatssekretariats für Migration (SEM) zwischen 35'000 und 50'000 Personen werden. Für sie gilt der Schutzstatus S, mit dem sie mindestens ein Jahr lang im Land bleiben dürfen.
Bereits jetzt stellt die Zahl der Kriegsflüchtlinge die sechs Bundesasylzentren, wo viele der Vertriebenen unterkommen, vor Probleme: In Boudry, Basel, Bern, Chiasso, Altstätten und Zürich waren die Kapazitäten zuletzt ausgeschöpft.
Eine noch grössere Aufgabe als die Registrierung dürfte die Integration der Geflüchteten in den Schweizer Arbeitsmarkt werden. Um hier die nächsten Schritte zu beraten, trifft sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter heute mit Sozialpartnern in Bern. Ab 14:30 informiert sie auf einer Medienkonferenz über die Ergebnisse der Gespräche.
An der Medienkonferenz nehmen teil:
- Bundesrätin Karin Keller-Sutter, Vorsteherin des Justiz- und Polizeidepartements (EJPD)
- Christine Schraner Burgener, Vorsteherin des Staatssekretariats für Migration
- Boris Zürcher, Leiter der Direktion für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco)
- Vertreter des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes (SAV)
- Vertreter des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB)