Alles nur heisse Luft?So sinnvoll sind Beiträge zur CO2-Kompensation wirklich
tjnj
30.3.2023
Klimakompensationen bieten ein gutes Gewissen für umweltschädliches Verhalten. Wegen Zweifeln an der Praxis vermeidet die Stiftung den Begriff inzwischen. Was ist dran an den den Zweifeln?
tjnj
30.03.2023, 20:00
25.05.2023, 14:42
tjnj
Die Umweltstiftung Myclimate war die bekannteste Anbieterin für Angebote zur sogenannten Klimakompensation hierzulande. Laut diesem Prinzip können klimaschädliche CO₂-Emissionen durch Spenden ausgeglichen werden, mit denen Aufforstungsprojekte finanziert werden.
An der Effektivität dieses Prinzips gibt es jedoch berechtigte Zweifel. Myclimate hat auf diese nun reagiert, indem es aufgehört hat, von «Klima-Kompensationen» zu sprechen. Stattdessen bietet die Stiftung nun «Klima-Investionen» und «Klima-Beiträge» an.
Auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg hat die Praxis kritisiert. Sie sprach von einem «Klimakompensationsbluff», der «höchstwahrscheinlich in den meisten Fällen mehr schadet als nützt». Waren all die Spenden an Myclimate und ähnliche Organisationen also sinnlos?
«Keine Alternative»
Die Frage lässt sich schwer losgelöst von der Motivation der Spende beantworten. Denn Aufforstungsprojekte und andere Beiträge zum Waldschutz sind an sich natürlich nicht sinnlos und leisten durchaus einen kleinen Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise.
Doch wie der politische Ökologe Manuel Grebenjak in der Zeitung «Neues Deutschland» schreibt, ist Waldschutz «keine Alternative zum Um- und Rückbau von klimaschädlichen Industrien, sondern muss unabhängig davon passieren».
Das heisst konkret: Wer mit einem langen Flug zur Masse an CO₂-Emissionen beiträgt und dann Geld spendet, um diesen Beitrag zu kompensieren, handelt nicht wirklich klimafreundlich. Wer nicht fliegt und trotzdem ein Projekt zum Schutz oder der Aufforstung von Wäldern unterstützt, hingegen schon.
Klima-Kompensation hat seine Grenzen
In Waldschutz zu investieren, bringt aber noch ganz andere Probleme mit sich. Selbst wenn einmal alle von Rodung bedrohten Waldflächen geschützt sein sollten – der Erwerb von solchen «Waldschutz-Zertifikaten» ist ein möglicher Beitrag zur Klimakompensation –, wäre das kein Sieg.
Denn die CO₂-Emissionen würden weiterhin hoch bleiben – während die Möglichkeiten zur Kompensation, so Grebenjak, irgendwann ausgeschöpft sein werden.
Und da durch Klimakompensation der Anreiz zur Abkehr von klimaschädlichem Verhalten verringert wird – schliesslich suggerieren sie, dass diese sich ausgleichen und damit unschädlich machen lassen –, kommt es zu dem Mehr an Schaden, von dem Greta Thunberg spricht: Die Umweltschädigung im Namen des Profits geht weiter, während unzureichende Massnahmen fälschlicherweise versprechen, die Schäden ungeschehen zu machen – und sie so legitimieren.
CO₂-neutral trotz höherer Emissionen
Als Beispiel verweist Grebenjak auf die Modefirma Gucci, die sich mithilfe ihrer Kompensationszertifikate den Status als «CO₂-neutrale» Firma erkauft hat, heute aber mehr klimaschädliche Gase produziert statt weniger. Gucci gibt an, am Klimaschutz beteiligt zu sein, ist aber in Wirklichkeit eine grosse Gefahr für denselben.
Privatpersonen können sich also wohl genauso wenig ein gutes Klimagewissen erkaufen wie die grossen Konzerne. Möchte man dem Klimawandel entgegenwirken, ist eine Einschränkung des eigenen umweltschädlichen Verhaltens nicht zu umgehen. Doch auch eine solche Einschränkung könnte erst dann Wirkung zeigen, wenn genug Menschen sich daran beteiligen und so die grossen Konzerne zum Umdenken bewegen.