Nach Attacke auf Drag-Veranstaltung Schweizer Neonazis zeigen sich offen im Internet

amo

24.10.2022

Dass sich Rechtsextreme offen im Internet zeigen, ist neu. In einem Video sprechen zwei Mitglieder einer rechtsradikalen Gruppe über den Vorfall im Tanzhaus Zürich.
Dass sich Rechtsextreme offen im Internet zeigen, ist neu. In einem Video sprechen zwei Mitglieder einer rechtsradikalen Gruppe über den Vorfall im Tanzhaus Zürich.
Screenshot Video

Mitglieder einer rechtsextremen Gruppe haben Mitte Oktober eine Veranstaltung für Kinder gestört. Nun erklären zwei der Mitglieder in einem Video ihre Gründe zur Tat. Dass sich Rechtsextreme unverhüllt vor der Kamera zeigen, ist neu.

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Sie mischten sich unter das Publikum, störten die Veranstaltung für Kinder im Zürcher Tanzhaus und riefen Parolen: Am vorletzten Wochenende erschreckten Rechtsradikale Kinder an einer Vorstellung, die von Dragqueens durchgeführt wurde.

Weiter hat eine Gruppe den Eingang blockiert und Rauchfackeln gezündet. Das schreibt das Tanzhaus Zürich in seinem Statement. Ebenfalls ein Statement veröffentlichte am Sonntag nun die Gruppe, die für den Vorfall verantwortlich ist. Dabei zeigen sich zwei Männer, anders als an der Kinderveranstaltung, unverhüllt vor der Kamera. Auch ihre Vornamen werden bekannt.

Die Kinderveranstaltung, die von Dragqueens durchgeführt wird, erfreut sich gemäss dem Tanzhaus Zürich (im Bild) grosser Beliebtheit.
Die Kinderveranstaltung, die von Dragqueens durchgeführt wird, erfreut sich gemäss dem Tanzhaus Zürich (im Bild) grosser Beliebtheit.
Keystone

Aktion als Kritik am «woken Wahnsinn»

Die beiden Männer erklären, dass sie sich für eine gesunde und intakte Familie sowie für ein positives Geschlechterverständnis einsetzen. Den «woken Wahnsinn» und die Genderideologie würden sie dagegen kritisieren, heisst in dem veröffentlichten Video. Dass sich Rechtsradikale so in der Öffentlichkeit zeigen, ist ungewöhnlich und soll wohl Stärke signalisieren.

Die Gruppe wolle ihr Tun so verkaufen, als handle es sich um eine legitime Form des politischen Protests, sagt Dirk Baier, Leiter des Instituts für Delinquenz und Kriminalprävention an der ZHAW zu «20 Minuten». Ausserdem seien die Beteiligten der Aktion inzwischen durch Medienrecherchen bekannt. Es mache daher keinen Sinn, sich weiterhin zu verstecken, so Baier.

Dass die Gruppe versuche, ihre rechtsextremen Positionen salonfähig zu machen, sei brandgefährlich, wird der Basler SVP-Grossrat Pascal Messerli von «20 Minuten» zitiert. Auch FDP-Nationalrätin Doris Fiala verurteilt den Vorfall und fordert zum Handeln auf. Die Namen und Gesichter der Mitglieder seien bekannt, der Rechtsstaat habe entsprechend zu reagieren.

Veranstaltung seit vier Jahren im Programm

Die Veranstaltung «Drag Story Time» im Zürcher Tanzhaus, die durch die rechtsextreme Gruppe gestört wurde, findet bereits seit vier Jahren regelmässig statt. Die Vorlesestunde für Kinder von drei bis zehn Jahren erfreue sich grosser Beliebtheit, schreibt das Tanzhaus.

Die Veranstaltung lebe von einem offenen Diskurs über Geschlechteridentitäten und Rollenvorbilder. Diese Ideologie widerstrebt der rechtsradikalen Gruppe, welche die Vorstellung gestört hat. Das Tanzhaus hat Anzeige erstattet.

blue News verzichtet bewusst darauf, die rechtsradikale Gruppe beim Namen zu nennen.