Migros verkauft Globus Schweizer Warenhäuser – und wie sie zukunftsfähig werden könnten

Von Anna Kappeler

5.2.2020

Die Globus-Filiale am Zürcher Bellevue – Migros verkauft das Detailhandelsunternehmen an eine ausländische Luxuswarenhausgruppe.
Die Globus-Filiale am Zürcher Bellevue – Migros verkauft das Detailhandelsunternehmen an eine ausländische Luxuswarenhausgruppe.
Bild: Keystone

Die Migros verkauft Globus an eine ausländische Luxuswarenhausgruppe – was halten die Parteien davon? Und was hat das mit Pinterest und Instagram zu tun? Ein PR-Berater über die Zukunft unserer Einkaufszentren.

Schweizer Einkaufscenter kämpfen gegen sich verändernde Konsumgewohnheiten: Globus wird ins Ausland verkauft und gehört neu der österreichischen Signa-Gruppe um Investor René Benko und der thailändischen Central Group.

Gemeinsam mit dem Detailhandelsgeschäft verkauft die Migros auch acht Globus-Liegenschaften an die Luxuswarenhausgruppe. Dies, nachdem der Migros-Konzern bereits das landesweit umsatzstärkste Einkaufszentrum Glatt* verkaufen und die Genfer Maus-Frères-Gruppe Manor-Filialen schliessen (etwa an der Zürcher Bahnhofstrasse) musste.*

Was ist los mit den Schweizer Einkaufszentren? «Die Digitalisierung ist der Grund, dass die ganze Detailhandelsbranche im Umbruch ist», sagt der Zürcher Kommunikationsexperte Stephan Oehen. Die Kategorie der Luxusgüter sei besonders betroffen, das illustriere der Globus-Verkauf. «Die Kunden schauen sich im Laden um, bestellen die Waren aber zunehmend erst online zu Hause.» So könnten sie Preise und Ware international vergleichen – tatsächlich komme das oft billiger.

«Globus hat den Sprung ins Heute nicht geschafft»

Die Schweizer Kaufhäuser tragen daran eine Mitschuld: «Sie haben zwar einen Onlinehandel, aber es versäumt, damit auch einzigartig zu sein.» Der Kunde könne vergleichbare oder identische Produkte auch auf anderen Onlinekanälen kaufen. «Das Konzept von Globus hat vor 30 Jahren funktioniert, doch den Sprung ins Heute hat der Laden nicht geschafft», sagt Oehen.



«Wenn ausländische Inhaber Schweizer Traditionsmarken übernehmen, ist das nicht grundsätzlich schlecht», sagt der PR-Berater. Es heisse auch nicht, dass die Marken dann verschwinden. «Wir werden bei Globus wie bei Möbel Pfister, der vom österreichischen XXXLutz übernommen wurde, genau beobachten, was der Investor damit macht.» Die Anzahl der Filialen wird laut Oehler wohl abnehmen, aber die Marke weiter bestehen.

Win-win für beide Seiten

Oehlers Einschätzung: «Der Globus-Verkauf ist für beide Seiten ein Gewinn.» Der Verkauf von Globus sei ein guter Entscheid gewesen, die Migros sei damit einen Klotz am Bein los. Der österreichische Investor René Benko gewinne ebenso.



«Dank dem Kauf der Schweizer Traditionsmarke kann er am Schweizer Markt teilnehmen – und der ist bekanntlich sehr kaufkräftig.» Ohne die Marke Globus, von deren hoher Bekanntheit er profitiere, wäre es für Benko viel schwieriger, sich hier zu etablieren. «Nun kann er die Marke zukunftsträchtig verändern.» Gut möglich ist laut Oehler allerdings auch, dass sich Benko hauptsächlich für die Immobilien interessiert.

«Eine Zerstörung lokaler Güterkreisläufe»

Und was sagt die Politik dazu, dass Schweizer Traditionsmarken zunehmend von ausländischen Investoren gekauft werden? «Wenn Konzerne ihre Produktion verlagern, werden lokale Güterkreisläufe zerstört. Dagegen wehren wir uns», sagt SP-Sprecher Nicolas Haesler. «Es braucht einen neuen Anlauf zu einer Revision des Kartellgesetzes.» So könnten zu hohe Preise effizient bekämpft werden.

Anders klingt es bei der FDP: «Verkäufe von Schweizer Traditionshäusern ins Ausland sind schmerzlich, doch dies muss nicht unbedingt zum Schaden der Marke Schweiz sein», sagt FDP-Sprecher Martin Stucki. «Solange die Produkte weiterhin in der Schweiz und mit der entsprechenden Qualität produziert werden, wird die Schweiz weiterhin eine sehr starke Marke bleiben.» Solche Übernahmen ermöglichten es, dass Unternehmen länger am Leben blieben, die sonst vielleicht Konkurs anmelden müssten. Wichtig seien für die FDP gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen etwa über den Abbau von Handelshemmnissen oder den Verzicht auf bürokratische Hindernisse.



Einen nochmals anderen Fokus legen die Grünen. «Was uns mehr Sorgen macht als die Folgen dieser Entwicklung für die Marke Schweiz, sind die Folgen für das Personal», sagt deren stellvertretender Generalsekretär, Urs Scheuss. «Es werden viele Detailhandelsstellen abgebaut in den nächsten Jahren.» Hier brauche es eine Umschulungs- und Zweitausbildungsoffensive.

Scheuss weiter: Es sei schwer nachvollziehbar, weshalb viele Warenhausketten bis vor Kurzem in neue Einkaufszentren investiert und sich so einen veritablen Verdrängungswettkampf geliefert hätten. Die Politik könne die Investitionsentscheide der Warenhausketten nicht beeinflussen, sondern nur die Rahmenbedingungen. «Es war zum Beispiel ein Fehler, für neue Warenhaustempel an den Stadträndern wertvolles Kulturland einzuzonen.»

Den Detailhandel als wichtigen Wirtschaftszweig betont auch die CVP. Entsprechend brauche dieser gute Rahmenbedingungen. Die Preise in der Schweiz müssten konkurrenzfähig bleiben – durch eine Einschränkung des Einkaufstourismus. «Im Rahmen der Fair-Preis-Initiative setzt sich die CVP deshalb für einen umsetzbaren Gegenvorschlag ein», sagt deren Sprecher Michael Girod.

Keine Antwort innert der Frist kommt von der SVP.

«Konzept geht in Richtung Showroom»

Innovation also ist gefragt – PR-Berater Oehen macht hierfür zwei Ketten aus dem Ausland: Harrods in London und die Pariser Galeries Lafayette. «Die machen Gewinn – eben weil die Marken einzigartig sind», sagt Oehen. Auch seien Letztere zu einer so starken Marke geworden, dass die Läden nun sogar nach China expandieren.

Und er nennt ein Beispiel in der Schweiz: den Circle am Zürcher Flughafen. Dieser Konsumtempel soll noch dieses Jahr eröffnet werden – und gilt als Test für die Zukunft des Detailhandels.

«Das Konzept geht in Richtung Showroom. Als Kunde kann ich die Produkte im Laden ansehen. Und sie dann vor Ort oder erst online zu Hause bestellen.» So oder so werden die Produkte nach Hause geliefert. «Das finde ich interessant. Und es spart erst noch Ladenfläche, wodurch die Miete günstiger wird.» Auch Manor und Jelmoli haben sich gemäss Website dort eingemietet.

Und doch: «In Zukunft läuft ohne attraktiven Onlineauftritt nichts mehr», sagt Oehen. Vermarktungsplattformen wie Pinterest und Instagram gewinnen an Bedeutung. «Sie könnten insbesondere im Luxussegment den stationären Verkauf dereinst vollständig ersetzen.»


Korrigenda: In einer früheren Version dieses Artikels wurde das Einkaufszentrum Glatt fälschlicherweise Glattpark genannt, und es war unklar formuliert, dass Manor nicht zur Migros-, sondern zur Maus-Frères-Gruppe gehört. Pardon.

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