Kritik trotz Anstieg Leistet die Schweiz zu wenig Ukraine-Hilfe?

Von Stefan Michel

22.2.2023

Bundesrat Ignazio Cassis ist zufrieden mit der Schweizer Hilfe in der Ukraine. Auch wenn die meisten europäischen Staaten gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung deutlich mehr geben.
Bundesrat Ignazio Cassis ist zufrieden mit der Schweizer Hilfe in der Ukraine. Auch wenn die meisten europäischen Staaten gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung deutlich mehr geben.
KEYSTONE

Die Bundesräte Berset und Cassis haben ein neues Hilfspaket im Wert von 140 Millionen Franken bekannt gegeben. Auch damit bleibt die Schweiz im internationalen Vergleich sparsam. Was der Aussenminister anders sieht.

Von Stefan Michel

22.2.2023

Die Kritik tut weh: Unter 40 Ländern liegt die Schweiz mit ihrer Hilfe an die Ukraine auf Platz 33. Nur gerade 0,03 Prozent des Bruttoinlandprodukts wendet der Bund für das angegriffene Land auf.

Und kaum sind die letzten Artikel zum Thema publiziert, treten Bundespräsident Berset und Aussenmninister Cassis vor die Medien, um ein neues Hilfspaket zugunsten der Ukraine vorzustellen. 

Natürlich hat der Bundesrat dieses Paket nicht erst geschnürt, nachdem die Schweizer Medien auf die Rangliste des Kiel Instituts für Weltwirtschaft reagiert haben. Die Vorwürfe stehen dennoch überdeutlich im Raum. 

Alain Berset betont zudem gleich zu Beginn, dass der Bundesrat am Beschluss festhalte, keine Weitergabe von Schweizer Waffen an die Ukraine zu erlauben.

114 Millionen Soforthilfe für die Ukraine, 26 für Moldawien

«Die Schweiz ist mehr als der Bund und die Hilfe der Schweiz geht weit über die Unterstützung hinaus, die der Bund beschlossen hat», erklärt Ignazio Cassis. Auch Kantone, Gemeinden, NGOs und Private hätten Geld gespendet und Hilfe geleistet. 

Das neue Hilfspaket bezeichnet er denn auch nicht als Erhöhung des Schweizer Engagements, sondern einfach als die nächste Tranche des Bundes. Auf 140 Millionen Franken beläuft sich diese, 114 Millionen für die Ukraine, 26 Millionen für das Nachbarland Moldawien, das ebenfalls unter massivem russischen Druck steht.

Cassis betont, dass die Schweiz zudem weit mehr tue, als Hilfsleistungen in die Ukraine zu schicken. Sie setze sich diplomatisch für das angegriffene Land ein und habe mit der Wiederaufbau-Konferenz in Lugano im Sommer 2022 bereits in die Zukunft des Landes investiert. Das sei ein Generationen-Projekt, das mit der humanitären Soforthilfe nichts zu tun habe, um die es an diesem Tag geht.

Cassis schämt sich nicht

Dennoch stellen mehrere Journalisten an der Medienorientierung die Frage, ob die reiche Schweiz genug für die Ukraine tue. «Ich werde nicht rot, wenn ich mit Regierungsvertretern anderer Länder über die Unterstützung der Ukraine spreche», wehrt sich Ignazio Cassis.

Ausserdem kommt der Aussenminister auf 270 Millionen Euro Hilfe des Bundes und nicht bloss auf 240 Millionen wie das Kieler Institut, welches den Ukraine Support Tracker führt. Er habe dort nachfragen lassen, wie sie auf ihre Zahlen kämen und habe bis heute keine Antwort erhalte, so Bundesrat Cassis.

Die weiteren 140 Millionen bedeuten in jedem Fall eine deutliche Erhöhung des Gesamtbetrags an bilateraler Hilfe der Schweiz um mehr als 50 Prozent. Der Anteil am BIP, den der Bund für bilaterale Hilfe an die Ukraine aufwendet, steigt damit auf 0,05 Prozent.

Auf der Hilfe-Rangliste weiter unter ferner liefen

Auf der Kieler Rangliste befindet sich die Schweiz aber weiterhin unter ferner liefen und deutlich hinter weniger wohlhabenden, aber direkter betroffenen Staaten wie Estland (1,1 Prozent), Lettland (1 Prozent), Litauen (0,7 Prozent) oder Polen (0,6 Prozent). 27 weitere Länder wenden gemäss dem Ukraine Support Tracker mindestens 0,1 Prozent ihres BIP für bilaterale Hilfe an die Ukraine auf.

Zudem sind die 140 Millionen noch nicht in trockenen Tüchern. 92 Millionen davon müssten noch vom Parlament bewilligt werden, erklärt Cassis. 

Immerhin in einem Ranking des Kieler Instituts für Weltwirtschaft steht die Schweiz ganz oben: Bei der Datentransparenz erreicht kein Land ein so hohes Niveau wie die Schweiz.