Rocker-Prozess in Bern Haupt-Angeklagter schweigt, Zeugin kann sich nicht erinnern

SDA/smi

30.5.2022 - 09:28

Polizei muss an Berner Rocker-Prozess verfeindete Gruppen trennen

Polizei muss an Berner Rocker-Prozess verfeindete Gruppen trennen

Am ersten Prozesstag gegen Mitglieder verfeindeter Rockerbanden flogen am Montag in Bern zwischen Hells Angels und Bandidos die Steine. Die Polizei musste die Gruppen trennen und es kam zu Behinderungen des Verkehrs.

30.05.2022

Der erste Verhandlungstag des Prozesses gegen 22 Mitglieder von Motorradgangs in Bern ist vorüber. Der Hauptangeklagte verweigert die Aussage. Auf der Strasse ist es zu Kämpfen zwischen Mitgliedern der Gangs gekommen. 

Alles, was er in früheren Befragungen ausgesagt habe, werde er weder bestätigen noch dementieren, sagte der Hauptangeklagte, dem die Staatsanwaltschaft unter anderem versuchte vorsätzliche Tötung vorwirft.

Er soll der designierte Sicherheitschef der «Bandidos» gewesen sein. Diese Rockergang wollte in der Schweiz laut Anklage einen Ableger bilden, was den Platzhirschen, den Hells Angels, ein Dorn im Auge war.

Laut Anklage sollen die Hells Angels und die mit ihnen befreundeten Broncos den verfeindeten Bandidos im Mai 2019 in ihrem designierten Clublokal einen «Besuch» abgestattet haben, um ihnen einen Denkzettel zu verpassen. Es kam zur gewaltsamen Auseinandersetzung mit mehreren zum Teil schwer Verletzten. Er mache keine Aussagen, sagte der Hauptangeklagte zu allen Fragen des Gerichts zu dem verhängnisvollen Tag.

Auch eine vorgeladene Zeugin sagte, sie könne sich nicht mehr genau an die Ereignisse erinnern, es sei halt lange her. Sie sei mit ihrem damaligen Partner an einem Grillfest in Belp gewesen, als es offenbar zur Auseinandersetzung gekommen sei. Sie habe sich in einem Raum aufgehalten und nichts Konkretes mitbekommen.

Während der Hauptangeklagte vor dem Gericht stoisch wiederholte, er mache keine Aussagen, sassen in seinem Rücken die übrigen Angeschuldigten, namentlich auch Mitglieder des Motorradclubs Hells Angels. Sie alleine waren einheitlich in ihren martialisch anmutenden Kutten zum Prozess angerückt. Alle anderen Beschuldigten trugen keine augenfälligen Embleme zur Schau.

Gitter und Steinwürfe vor dem Gerichtsgebäude

Bereits vor acht Uhr hatten sich rund 100 Anhänger der Hells Angels und anderer Motorradclubs vor dem Gerichtsgebäude versammelt. Die Polizei war mit einem grossen Aufgebot vor Ort und wies die Anhänger der Gruppen in verschiedene mit Gittern abgesperrte Sektoren.

Wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur Keystone-SDA beobachtete, drehten die Hells Angels auf einmal eine Runde um den Gebäudekomplex, zu dem das Gerichtsgebäude gehört, und griffen die Bandidos von der Berner Schützenmatte her an. Der Polizei gelang es, die beiden Gruppen zu trennen. Sie setzte dabei Gummischrot und Reizmittel ein, wie der Fotograf beobachtete. Er schätzte den Umfang der beiden Gruppen auf je etwa hundert Personen. Nach dem Polizeieinsatz beruhigte sich die Situation nach seinen Worten.

Eine Mediensprecherin der Berner Kantonspolizei sagte am Montagmorgen gegen 10 Uhr, zu Anhaltungen sei es bisher nicht gekommen. Der Polizeieinsatz dauere an. Mehrere Strassen im Gebiet Bollwerk/Kunstmuseum Bern seien von der Polizei gesperrt worden. Berns städtische Verkehrsbetriebe Bernmobil meldeten, am Bollwerk würden gewisse Bushaltestellen nicht bedient. Wie der «Blick» berichtet, wurden kurz vor Mittag Wasserwerfer eingesetzt, um die Gruppierungen zu trennen.

Die Sympathisanten der Angeklagten befanden sich in einem mit Gittern abgesperrten Raum seitlich des Gerichts. Die Männer waren in Kleidern mit Emblemen ihrer Gang erschienen, manche machten sich mit Kopfbedeckung und Sonnenbrille unkenntlich.

Drinnen im Saal begann die Gerichtsverhandlung mit einiger Verspätung. Zunächst mussten die Parteien alle in den Saal vorgelassen und platziert werden. Rund ein Dutzend der Angeklagten hatten sich dispensieren lassen.

Inzwischen ist die Gerichtsverhandlung für heute beendet. Die Kantonspolizei Bern meldet, dass sie die Sperrungen aufgehoben habe und die Strassen im Gebiet Bollwerk wieder frei befahrbar seien. Auch die vorüberehend nicht bedienten Haltestellen des öffentlichen Verkehrs würden wieder angefahren.

SDA, smi

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