«Kritische Lage»Zieht der Bundesrat heute die Notbremse?
Von Lukas Meyer
24.11.2021
Heute hat der Bundesrat seine letzte Sitzung vor der Wintersession. Nächste Woche tagt er erst am Freitag – wartet er so lange mit neuen Massnahmen gegen die steigenden Corona-Zahlen?
Mitte Dezember würden Massnahmen des Bundesrates voraussichtlich in Kraft treten, wenn er nicht heute Mittwoch seine Strategie ändert.
Denn die Landesregierung wartet bisher ab. Weitere Massnahmen seien nicht notwendig, sagte Gesundheitsminister Alain Berset vergangene Woche. Am Sonntag stimmt die Bevölkerung über die Revision des Covid-Gesetzes ab, was ein Grund für die Zurückhaltung sein könnte.
Doch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schätzt die Lage als «sehr ungünstig und kritisch» ein, wie dessen Vertreter Patrick Mathys am Dienstag ausführte. Seit Mitte November verdoppeln sich die Fallzahlen alle zwei Wochen.
Kantone wollen einheitliche Regeln
Die Kantone ergreifen dagegen zusätzliche Massnahmen, wobei ihr Spielraum begrenzt ist. Einige haben die Maskenpflicht an Schulen und in Pflegeheimen eingeführt, auch eine Ausdehnung der Zertifikatspflicht oder eine Einschränkung der Personenzahl an Veranstaltungen steht zur Debatte.
Sie wollen aber auch, dass der Bund handelt, seine Führungsrolle wahrnimmt und die Massnahmen harmonisiert, um einen Flickenteppich zu verhindern. Der Kern der Massnahmen soll «national einheitlich» gelten, fordert etwa der Zuger Gesundheitsdirektor Martin Pfister im «Blick».
Die Kantone erwarteten vom Bundesrat mindestens ein Signal, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung». Er solle die Führung übernehmen, falls Verschärfungen notwendig werden. Gesamtschweizerische Massnahmen könnten für die Bevölkerung besser nachvollziehbar sein und würden darum besser befolgt, so die Hoffnung in den kantonalen Behörden.
Die Konferenz der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) sagte gestern Dienstag auf Anfrage von Keystone-SDA, man müsse mit Vorlauf auch über weitere nationale Massnahmen diskutieren wie etwa Ausweitung der Maskenpflicht, vermehrtes Homeoffice oder Kapazitätsbeschränkungen.
Nächste Sitzung erst am Freitag in einer Woche
Nun hat der Bundesrat heute Mittwoch seine letzte Sitzung vor der Wintersession. Das heisst, die nächste reguläre Sitzung findet erst am Freitag der folgenden Woche statt.
Bis dann könnte sich die Corona-Lage weiter verschlechtert haben. Hat die Regierung dann noch genug Zeit, um zu reagieren?
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Corona-Fallzahlen steigen: Muss der Bundesrat jetzt die Notbremse ziehen?
Denn: Wenn der Bundesrat am Freitag, 3. Dezember, seine Vorschläge für Verschärfungen in die Vernehmlassung schickt, könnte er frühestens am 10. Dezember definitiv darüber entscheiden, diese würden wohl ab Montag, 13. Dezember, in Kraft treten.
Zur Erinnerung: Momentan verdoppeln sich die Fallzahlen alle zwei Wochen, heute wurden 6354 Neuinfektionen gemeldet.
Ein politischer Entscheid
Ein ausserordentliches Treffen zu einem früheren Zeitpunkt wäre kein Problem. «Bei Bedarf kann der Bundesrat jederzeit eine Sitzung einberufen und Entscheide fällen», teilt die Bundeskanzlei auf Anfrage von blue News mit.
Auf eine Vernehmlassung verzichten könnte der Bundesrat dagegen nur, wenn er erneut die «ausserordentliche Lage» ausruft. Momentan ist das die Schweiz in der «besonderen Lage», die eine Anhörung der Kantone verlangt.
Was könnte der Bundesrat überhaupt tun? «Wenn es erneut schärfere Massnahmen braucht, kommen die bisher bekannten infrage», sagte Patrick Mathys vom BAG gestern. Wichtig sei vor allem, die Kontakte in Innenräumen zu reduzieren oder dabei mindestens eine Maske zu tragen.
Mathys betonte allerdings auch, dass die Lage in den Kantonen zum Teil sehr unterschiedlich auch und diese selber strengere Massnahmen ergreifen könnten. «Am Schluss wird es schon die Frage sein, ob es nationale Massnahmen braucht», so Mathys. Dies sei aber eine politische Frage, über die der Bundesrat entscheiden werde.
Die Frage ist nur, wann.
Alain Berset: «Wir sind skeptisch gegenüber weiteren Verschärfungen»
Laut Gesundheitsminister Alain Berset sind trotz steigender Corona-Fallzahlen und Spitaleintritte keine zusätzlichen Massnahmen notwendig. Die Kantone seien aber gebeten, Spitalkapazitäten auszubauen.