Schutz vor FolterNun hat es der Bundesrat mit Sadomaso-Spielzeug zu tun
aru
6.10.2023
Güter, die zur Folter oder zur Vollstreckung der Todesstrafe dienen, sollen nicht mehr verkauft werden dürfen. Mit dem Sexspielzeug könnten nun aber Probleme folgen.
aru
06.10.2023, 11:42
06.10.2023, 12:22
aru
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Gemeinsam mit 56 anderen Staaten will die Schweiz den Handel von Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zur Folter genutzt werden, unterbinden.
Dabei könne es sich auch um Güter handeln, die im Sexshop zu finden sind, monieren zwei Kantone und sehen eine grosse Rechtsunsicherheit.
Der Bundesrat liess sogar Abklärungen in Deutschland treffen, um zu schauen, ob es hier zu Problemen kommen könnte.
Der Bundesrat befasste sich an seiner letzten Sitzung vor den Herbstferien mit einem ganz speziellen Thema. Und zwar mit Sadomaso-Spielzeug. Dies berichten die CH-Media-Zeitungen.
Die Frage lautete, ob und wie Güter aus dem Erotikbereich, die für Sadomaso-Praktiken eingesetzt werden, vom neuen Foltergütergesetz betroffen sein könnten.
Dies geht aus der bundesrätlichen Botschaft zum Foltergütergesetz hervor, die der Bundesrat zuhanden des Parlaments verabschiedet habe und CH Media vorliege.
Gemeinsam mit 56 anderen Staaten unterzeichnete die Schweiz eine Deklaration zur Beendigung des Handels mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe und zur Folter verwendet werden können. Das war 2017. Der Europarat verabschiedete 2021 eine Empfehlung an seine Mitgliederstaaten – auch an die Schweiz.
Stossend, falls die Schweiz Umgehungsplattform würde
Solche Güter sind bereits im Waffengesetz oder Heilmittelgesetz geregelt. Dort wird aber keine Überprüfung vorgesehen, ob ein solches Gerät zur Folter oder Todesstrafe verwendet wird.
Daher will der Bundesrat nun Anpassungen vornehmen: Denn «es wäre stossend, wenn die Schweiz aufgrund fehlender rechtlicher Vorgaben als Umgehungsplattform für den Handel mit Foltergütern genutzt werden könnte», heisst es weiter.
Nun soll das Foltergütergesetz für Klarheit sorgen. Bei diesem wurde im Rahmen der Vernehmlassung bei Parteien, Kantonen und weiteren Organisationen jedoch darauf verwiesen, dass das neue Gesetz Auswirkungen auf Spielzeug aus dem Sadomaso-Bereich haben könnte. Die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten (KKPKS) und die Kantone Appenzell Ausserrhoden und Solothurn äusserten Bedenken hinsichtlich der Rechtssicherheit.
So könnten etwa sekundäre Foltergüter im Gesetz enthalten sein. Diese definiert der Bundesrat als «Güter, die neben der Vollstreckung der Todesstrafe oder dem Zweck der Folter auch andere praktische Verwendungen haben».
Bewilligungspflicht bei Sadomaso-Spielzeug?
Die Ausserrhoder Regierung befürchtet, dass die Polizeikorps vermehrt repressiv tätig werden müssten, sollte der Bundesrat darunter Sadomaso-Spielzeug verstehen und künftig eine Bewilligungspflicht benötigt werden.
Weil das neue Gesetz nicht dazu führen sollte, «dass die Polizeien bei sämtlichen Erotikmessen und Sexshops Verstösse gegen das Foltergütergesetz ahnden müssten, weil Gerätschaften für Sadomaso-Praktiken angeboten werden», müsse der Bundesrat die rechtlichen Folgen abklären.
Dies tat die Landesregierung dann auch und erkundigte sich bei den deutschen Behörden. So würden Güter aus dem Erotikbereich nicht in den Anwendungsbereich der EU-Anti-Folter-Verordnung fallen und sollten vom neuen Foltergütergesetz nicht erfasst sein.
Vollständig verschwunden sind die Bedenken der Skeptiker*innen jedoch noch nicht. Man nehme die Antwort des Bundesrates zur Kenntnis, heisst es bei der KKPKS: «Auch wenn unsere Bedenken bezüglich Güter des Erotikbereichs nicht vollständig ausgeräumt worden sind.» Man werde «die Entwicklungen in der Praxis» verfolgen.