Kampfjet-Kauf«Nun haben das VBS und seine Chefin ein Glaubwürdigkeitsproblem»
Von Alex Rudolf
8.7.2022
Ein Bericht der Finanzkontrolle zeigt: Die Kosten beim Kauf des Kampfjets F-35 könnten tatsächlich aus dem Ruder laufen. Dies ist Wasser auf die Mühlen der Gegner*innen.
Von Alex Rudolf
08.07.2022, 19:05
08.07.2022, 19:22
Alex Rudolf
Am Freitag veröffentlichte die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) einen Bericht zum Kauf des F-35-Kampfjets und dieser hat es in sich. Die Experten weisen darin nämlich auf finanzielle Risiken hin, die das Bundesamt für Rüstung vehement zurückweist.
Laut der EFK gebe es bei der Beschaffung der Kampfjets «keine rechtliche Sicherheit für einen Festpreis im Sinne einer Pauschale nach schweizerischer Rechtsprechung.» Kurz gesagt: die Kosten von rund 6 Milliarden Franken könnten überschritten werden. Des weiteren bestünden Unsicherheiten bei den Betriebs- und Wartungskosten hinsichtlich der gesamten Lebensdauer.
Als Empfehlung hält die Finanzkontrolle fest, dass die finanziellen Risiken in die Risikodatenbank des Projekts aufgenommen und Massnahmen zu ihrer Beherrschung festgelegt werden sollen. Es gebe Verbesserungspotenzial, heisst es im Bericht.
Armasuisse seinerseits veröffentlichte unter dem Titel «Risikomanagement funktioniert gut» eine Replik auf den Bericht. Beim VBS sehe man keinen Anlass, Verbesserungen beim Risikomanagement vorzunehmen, heisst es darin. Denn: Die in den Offerten enthaltenen Zahlen seien hinsichtlich Beschaffung und Betrieb verbindlich.
Kann sich Amherd den Kauf ohne Volksentscheid leisten?
Seit Verteidigungsministerin Viola Amherd vor rund einem Jahr den Entscheid des Bundesrates für den US-Kampfjet F-35 bekannt gegeben hat, sorgten besonders die Kosten für viel Gesprächsstoff. Obwohl die SP, die Grünen und die Gruppe für eine Schweiz ohne Arme (Gsoa) derzeit Unterschriften gegen den Typentscheid sammeln, will der Bundesrat vorwärtsmachen.
So erhielt Amherd in der Sommersession die Erlaubnis vom Ständerat, den Kaufvertrag bis im kommenden Frühling zu unterzeichnen, auch wenn dann die Volksabstimmung noch nicht stattgefunden hat. Der Grund: Man befürchtet, die Offerte des Herstellers Lockheed Martin würde an Gültigkeit verlieren. Kann sich Amherd den Kauf ohne Volksentscheid nun noch leisten?
Genugtuung für Schlatter
«Ich bin froh, dass die Finanzkontrolle genau hinschaut und auf wunde Punkte hinweist», sagt Marionna Schlatter zu. Die Zürcher Nationalrätin der Grünen sitzt in der Sicherheitspolitischen Kommission und sammelt derzeit Unterschriften gegen den Typ-Entscheid.
«Für mich ist dies eine Genugtuung, dass die Finanzkontrolle hinsichtlich Kosten dieselben Bedenken hat wie wir», sagt Schlatter weiter. Die Verbindlichkeit der Preise für die F-35 Kampfjets gebe es nicht: «Das sagten wir schon seit jeher.»
«Wir wollen Klärung.»
Marionna Schlatter
Nationalrätin (Grüne/ZH)
Auch dass die Kosten über die Lebensdauer keineswegs so verbindlich festgelegt wurden, wie dies vom VBS kommuniziert wurde, vermuteten die Gegner*innen des F-35 schon länger. «Nun haben das VBS und seine Chefin ein Glaubwürdigkeitsproblem», sagt Schlatter.
Salzmann hat kein Grund für Zweifel
Werner Salzmann (SVP/BE) präsidiert die sicherheitspolitische Kommission des Ständerates und ist ob des Berichts keineswegs besorgt. «Innerhalb der Kommission haben wir all diese Kritikpunkte bereits behandelt und sehen keinen Grund an den Ausführungen des VBS zu zweifeln», sagt er zu blue News.
Denn bei der Beschaffung des FA-18 Mitte der 1990er-Jahre habe eine Vertretung der EFK die amerikanische Preisfestsetzung genau unter die Lupe genommen, fährt Salzmann fort. «Es gab damals keine Beanstandungen und die Lösung wurde als richtig anerkannt. Daher gibt es aus meiner Sicht keinen Grund an den Angaben von Armasuisse zu zweifeln.» Von den 5 Prozent Risikozuschlag sei damals kein Rappen beansprucht worden. Dass man im EFK-Bericht die Kosten derart stark in Frage stelle, könne er nicht nachvollziehen.
«Wir hören uns dies nochmals an, auch wenn ich keine neuen Erkenntnisse erwarte.»
Werner Salzmann
Ständerat (SVP/BE)
Wie geht es nun weiter? Der Bericht der Finanzkontrolle wird voraussichtlich noch im August in der nationalrätlichen Sicherheitspolitischen Kommission im Rahmen der Armeebotschaft behandelt. «Ich hoffe, dass sich die Kommission dann nochmals inhaltlich damit beschäftigt. Wir wollen Klärung», so Schlatter.
Hinsichtlich der Initiative ist Schlatter zuversichtlich. «Der Bericht zeigt das Finanzrisiko deutlich auf, was die Legitimation und Relevanz unserer Unterschriftensammlung stärkt.» Und zudem werde so der Druck auf Viola Amherd erhöht: «Wir hoffen, dass sie die Abstimmung auch tatsächlich zulässt.»
Für Salzmann steht fest, dass Amherd die Flugzeuge dennoch ohne Volksabstimmung erwerben soll. Denn es hätten bei allen in Frage kommenden Flugzeug-Typen dieselben Kriterien gegolten. Obwohl der Ständerat die Militärbotschaft bereits verabschiedet hat, wird sie sich den EFK-Bericht im August präsentieren lassen. «Wir hören uns dies nochmals an, auch wenn ich keine neuen Erkenntnisse erwarte.»
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