Erste Bilanz Neustart für Restaurants und Cafés – kamen schon viele Gäste?

Von Gil Bieler und Tobias Bühlmann

15.5.2020

Seit dieser Woche können Restaurants und Beizen wieder Gäste empfangen. Wie fällt die erste Zwischenbilanz aus? «Bluewin» hat in verschiedenen Lokalen nachgefragt.

Restaurant Calanda, Chur

Gut angelaufen ist der Betrieb im Restaurant Calanda in Chur. «Es läuft, vor allem mittags und abends sind die Tische gut besetzt», sagt Geschäftsführerin Sandra Brunner auf Anfrage von «Bluewin». Gäste abweisen müsse man aber noch nicht. «Ich denke, es braucht ein bis zwei Wochen, bis die Leute auch das Vertrauen haben, dass alles funktioniert.»

Um den Sicherheitsabstand einhalten zu können, werden nur noch halb so viele Plätze angeboten – was sich entsprechend auf den Umsatz auswirkt. Auch die Hälfte des Personals sei deshalb nach wie vor in Kurzarbeit. Brunner findet es schwierig, nach wenigen Tagen bereits eine Bilanz zu ziehen, er sagt: «Wenn es sich so einpendelt, dann kommen wir vom Umsatz und den Gästezahlen auf etwa 50 Prozent des normalen Betriebs.»



Die Mitarbeiter müssten ständig darauf achten, die Hygiene- und Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Diese führten auch zu Mehraufwand, weil etwa die Speisekarten nach jedem Gast gereinigt werden müssten. Schutzmasken seien im Service gemäss Sicherheitskonzept nicht vorgeschrieben, dennoch würden zwei Angestellte im Calanda von sich aus welche tragen. Für das Küchenpersonal dagegen seien Masken Pflicht.

Wenn nächste Woche das Wetter besser werde, wird sich vielleicht auch die grosse Terrasse noch etwas besser füllen, glaubt Brunner. Das bisherige Feedback der Gäste sei erfreulich: «Die Leute sind froh, können sie wieder bei uns einkehren, statt nur Take-away zu holen.»

Sicherheitsabstand und Trennwände: So präsentiert sich das «Calanda» nach der Neueröffnung.
Sicherheitsabstand und Trennwände: So präsentiert sich das «Calanda» nach der Neueröffnung.
Bild: zVg

Restaurant Parterre One, Basel

Die Vorschriften einhalten, aber zugleich mit Kreativität ein angenehmes Restaurant-Erlebnis sorgen – so beschreibt Betriebsleiterin Martina Fischer die Devise im Parterre One in Basel.

Kunststudenten und Künstlerinnen hätten beispielsweise die Trennscheiben aus Plexiglas verziert, um eine wohnlichere Atmosphäre zu schaffen. Die grosse Auswahl an Zeitungen und Zeitschriften, die für das Lokal typisch sei, habe man ebenfalls beibehalten – auch wenn sie nur noch dekorativem Zweck dienen. Denn Wirte dürfen keine Gegenstände mehr anbieten, die von mehreren Gästen geteilt werden.

Vor lauter Sicherheitsvorkehrungen fühle man sich bisweilen «schon etwas wie Krankenschwestern», sagt Fischer scherzhaft. Doch sie glaubt, dass ihre Gäste das Auswärtsessen nun umso mehr geniessen: «Viele gönnen sich auch eine Vorspeise und ein Dessert, nehmen sich viel Zeit.» Das bisherige Gästeaufkommen bezeichnet sie als «recht gut».



Auch im Parterre One hat sich die Platzzahl aufgrund der Bestuhlung gemäss Sicherheitskonzept halbiert. Fischer begrüsst daher die von der Basler Regierung am Dienstag erlassene Sonderregelung, dass Lokale draussen grosszügiger bestuhlen dürfen. Ansonsten wären in der zum Restaurant gehörenden Buvette viele Plätze weggefallen.

Fischer ist guter Dinge, was den weiteren Verlauf angeht: «Ich drücke uns und allen anderen Wirten die Daumen, dass es ein guter Sommer wird.» Und sollte die Situation schwierig bleiben, müsse man halt wieder kreativ werden.

Blick ins Parterre One mit der Zeitungs- und Zeitschriftenwand im Hintergrund.
Blick ins Parterre One mit der Zeitungs- und Zeitschriftenwand im Hintergrund.
Bild: zVg

Restaurant Freibank, Bern

Die Berner Freibank hat ebenfalls am 11. Mai wieder die Türen geöffnet, wie Wirt Adrian Wittwer zu «Bluewin» sagt. Das Restaurant bietet nun vorerst Essen zum Mitnehmen an.

«Wir haben auf 64 Quadratmetern fünf Türen, da können wir die Besucherströme gut steuern.» Der Vorteil seines Restaurants ist die grosse Terrasse: Dort finden nun bis zu 66 Gäste Platz unter Einhaltung der Abstandsregeln. Wenn das Wetter dann wieder schöner ist, können die Gäste auch dort sitzen und essen.



Die Beiz, die sich auf weniger edle Stücke spezialisiert, serviert zurzeit Brisket im Maisbrötchen oder ein anderes Fleisch im Brot oder reichhaltige Salate – das Angebot ist derzeit noch eingeschränkt, die Freibank will es mit dem für sie ungewohnten Konzept ruhig angehen lassen.

Weil die benachbarten Büros von Post und SBB immer noch weitgehend verwaist sind, blieb die Zahl der Gäste bisher überschaubar. «Aber viele unserer Stammgäste kommen trotzdem. Und die haben sich sehr gefreut, dass wir wieder da sind», sagt Wittwer. Und wenn das Wetter dann wieder freundlicher wird, kämen dann nächste Woche auch wieder mehr Leute für ein Feierabendbier vorbei, sagt der Wirt.

Eine grosse Terrasse mit Pflanzen als Trenner: Die Freibank setzt auf Aussensitzplätze.
Eine grosse Terrasse mit Pflanzen als Trenner: Die Freibank setzt auf Aussensitzplätze.
Bild: zVg

Derzeit schmeissen er und sein Co-Geschäftsführer den Betrieb gemeinsam mit einem Praktikanten von der Hotelfachschule. Für diesen sei es eine lehrreiche Zeit, sagt der Freibank-Wirt: In seinem Praktikum ist er nun bei einer Betriebsöffnung mit einem neuen Gastro-Konzept dabei. Einen Gewinn wird diese Art des Betriebs aber keine abwerfen: «Wir versuchen, unsere Fixkosten hereinzuholen. Es geht letztlich auch darum, dass wir wieder da sind für unsere Stammkunden.»

Café Auszeit, Winterthur

Für Lisa Kehrer, die Gastgeberin im Café Auszeit in Winterthur, kam der Lockdown Mitte März äusserst ungelegen: «Ich hatte das Lokal ein Jahr zuvor übernommen und mich gerade etabliert», erklärt sie. In den ersten Tagen seit der Wiedereröffnung seien viele Stammgäste noch nicht zurückgekehrt – nämlich die Seniorinnen und Senioren, die morgens zu Kaffee und Zeitungslektüre vorbeigekommen seien.

Sie vermutet, dass das auch daran liegt, dass Wirte keine Zeitungen mehr auflegen dürfen, denn diese werden von mehreren Gästen genutzt. Dasselbe gilt übrigens für Salz- und Pfefferstreuer. Froh ist Kehrer dafür, dass die Pflicht für Gäste, ihre Kontaktdaten zu hinterlassen, fallengelassen wurde. Wenn jemand nur rasch auf ein Getränk vorbeischauen möchte, hätte das etwas mühsam wirken können.

Kehrers Bilanz der ersten Tage: «Es ist okay angelaufen.» Der Take-away-Service, den sie die letzten Wochen jeweils am Samstag und Sonntag angeboten habe, sei glücklicherweise sehr gut angekommen. Manche Kunden hätten sogar erst in jener Zeit ihr Café entdeckt – zum Beispiel dank Instagram – und sich dann regelmässig einen Kuchen für Zuhause gekauft. Sie wartet nun gespannt auf das Wochenende und schöneres Wetter, um zu sehen, wie viele Gäste sie dann begrüssen kann.

Kuchen der besonderen Art

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