Natallia Hersche zurück in der Schweiz«Gott hat mir starken Halt gegeben»
red
18.2.2022
Die schweizerisch-belarussische Doppelbürgerin Natallia Hersche ist nach 17 Monaten Haft in Belarus freigelassen worden. Am Freitagabend ist sie in Zürich angekommen und vor die Medien getreten: «Es geht mir emotional und physisch gut», sagte sie.
red
18.02.2022, 18:26
18.02.2022, 19:41
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Die nach 17 Monaten Gefangenschaft in Belarus freigelassene Natallia Hersche ist am Freitag am Flughafen Zürich angekommen. Die schweizerisch-belarussische Doppelbürgerin war nach einer Protest-Demonstration gegen Machthaber Alexander Lukaschenko verhaftet worden.
Hersche wurde am Freitag gegen 17.30 Uhr in Zürich-Kloten am Flugzeug von Johannes Matyassy empfangen, dem stellvertretenden Staatssekretär im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und Direktor der konsularischen Direktion.
Frei Dank Bemühungen der Schweizer Regierung
Sie sei am Morgen im Gefängnis von Mogiljow im Osten von Belarus geweckt worden, sagte die schweizerisch-belarussische Doppelbürgerin mit russischem Akzent am Freitagabend vor den Medien am Flughafen Zürich-Kloten. «Fünf Minuten zum Essen und fünf Minuten zum Anziehen», sei ihr gesagt worden. Danach wurde sie in die Hauptstadt Minsk gefahren.
Sie sei jetzt frei dank den Bemühungen der Schweizer Regierung. Und sie hoffe, dass die Schweiz sich auch für andere Menschen in den Gefängnissen von Belarus einsetzen werde. Das werde sie tun, bekräftigte Matyassy.
Kein «Deal» zwischen Bern und Minsk
Es habe keinen «Deal» gegeben zwischen Belarus und der Schweiz für die Freilassung von Hersche, betonte Matayssy. Minsk habe keine Bedingungen gestellt, und die Freigelassene könne jederzeit nach Belarus einreisen.
Der Freilassung seien intensive und sich über fast eineinhalb Jahre dauernde Bemühungen des EDA und dessen Vorstehers Ignazio Cassis vorangegangen, hiess es in einer Mitteilung des Departements.
Seit Beginn ihrer Festnahme im September 2020 und ihrer Verurteilung zu zweieinhalb Jahren Haft seien die zuständigen Stellen in engem Kontakt mit Hersche, ihrer Familie und den Behörden in Belarus gewesen und hätten an möglichen Wegen gearbeitet, um eine Freilassung zu erwirken.
Das EDA hatte Botschafterin Christine Honegger Zolotukhin erst diesen Monat vor Ort entsandt. Bei Bekanntgabe der Neubesetzung des Botschafterpostens in Minsk hiess es beim EDA, man sei der Überzeugung, dass die Schweiz ihre Interessen mit einer Botschafterin vor Ort besser verteidigen könne als ohne Vertretung auf höchster Stufe.
Hersche wurde laut EDA in der Zeit ihrer Inhaftierung im Rahmen des konsularischen Schutzes betreut. Vertreter der Schweizerischen Botschaft in Minsk besuchten Hersche demnach 14 Mal.
Verhaftung nach Protest gegen Lukaschenko
Hersche hatte am 19. September 2020 in Minsk an einer Protestkundgebung gegen das Regime des Langzeit-Machthabers Alexander Lukaschenko teilgenommen und war verhaftet worden. Nach den manipulierten Wahlen vom August 2020 sind immer wieder Tausende auf die Strasse gegangen, und die Sicherheitskräfte haben brutal durchgegriffen, mehrere Menschen starben durch Misshandlung und Folter.
Auf eine Journalistenfrage am Flughafen Zürich-Kloten, ob sie in den belarussischen Gefängnissen gefoltert worden sei, sagte Hersche: «Den ganzen Tag über lief sehr laut das Radio in meiner Zelle – Musik, Nachrichten, Reden von Lukaschenko - alles. Erst abends um zehn hörte das auf.» Das sei ein grosser Stress gewesen.
Nach Angaben von Schweizer Menschenrechtsorganisationen wurde Hersche «in einem unfairen Schauprozess» im Dezember 2020 zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die Menschenrechtsorganisation Libereco hatte nach der Festnahme Hersches eine Petition mit 9500 Unterschriften beim EDA eingereicht. Cassis wurde damals aufgefordert, sich direkt beim belarussischen Präsidenten Lukaschenko um die Freilassung zu bemühen.