Teuerung und Zinsanstieg Mieten werden voraussichtlich weiter steigen

tjnj, sda

28.5.2023

Wird zunehmend teuer: die Miete in Ballungszentren.
Wird zunehmend teuer: die Miete in Ballungszentren.
Bild: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Der Referenzzinssatz wird vermutlich zum ersten Mal angehoben. Dadurch werden die Mieten steigen. Auch die Teuerung trägt dazu bei. Die Entwicklung könnte im Herbst wiederum die Inflation befeuern.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Hypozinsen haben sich im Zuge der Zinswende von ihren historischen Tiefstständen gelöst.
  • Darum ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der sogenannte hypothekarische Referenzzinssatz nächsten Donnerstag angehoben wird.
  • Das würde zu einem Anstieg der Mieten führen.
  • Ein weiterer Grund für die Erhöhungen ist die derzeit relativ hohe Teuerung. Diese darf zu 40 Prozent an Mieter*innen weitergegeben werden.
  • Expert*innen glauben, dass ein Anstieg der Mieten im Herbst die Inflation anheizen könnte.

Am nächsten Donnerstag wird der sogenannte hypothekarische Referenzzinssatz aller Voraussicht nach zum ersten Mal überhaupt angehoben. Das wäre der Startschuss für eine Erhöhung der Mietzinsen in der Schweiz auf breiter Front und würde auch die Teuerung anheizen.

Es geht um mehr als ein paar Franken: Wer heute für seine Wohnung 2000 Franken im Monat ausgibt, muss unter Umständen bald 2130 Franken bezahlen, also fast sieben Prozent mehr. Das ergibt im Jahr ein Plus an Wohnungskosten von knapp 1600 Franken.

Für viele Familienbudgets ist das ein hoher Betrag – besonders in Zeiten, in denen das Wohnen unabhängig von diesem Kostenschub wegen der gestiegenen Öl-, Gas- und Stromtarife ohnehin schon massiv teurer geworden ist.

Hypozinsen steigen

Der Hauptgrund für den nahenden Preisanstieg ist der Mechanismus des Hypo-Referenzzinssatzes, welcher sich nun das erste Mal seit seiner Einführung im Jahr 2008 zu Ungunsten der Mieterschaft auswirken dürfte. Weil sich die Hypozinsen im Zuge der Zinswende von ihren historischen Tiefstständen gelöst haben, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Referenzzinssatz steigt.

So beliess das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) bei seiner letzten Beurteilung im März den Zins zwar noch einmal bei 1,25 Prozent. Auf diesem rekordtiefen Niveau steht er seit März 2020.

Doch der dem Referenzzinssatz zugrunde liegende Durchschnittszins auf inländische Hypothekarforderungen stieg schon damals auf 1,33 von 1,18 Prozent.

Schlechte Nachrichten für Mieter*innen

Sollte der vierteljährlich berechnete Wert nun auf über 1,37 Prozent steigen, wird der Referenzzinssatz auf 1,50 Prozent angehoben; er wird jeweils auf den am nächsten liegenden Viertelprozent-Wert auf- oder abgerundet.

Für Mieter*innen sind das schlechte Nachrichten. Denn bei einer Anhebung des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte, dürfen die Vermieter den Mietzins um 3,0 Prozent anheben – sofern sie auch die vorherigen Senkungen weitergegeben haben.

Zur Erinnerung: Bei Einführung im Jahr 2008 hatte der Satz 3,5 Prozent betragen, danach sank er schrittweise. Laut einer Schätzung der Zürcher Kantonalbank basieren derzeit rund die Hälfte aller Mietverhältnisse auf dem aktuellen Referenzzinssatz.

Umfrage: Vermieter*innen planen Mieterhöhungen

Wie eine Mitte April von der Nachrichtenagentur AWP unter gut einem Dutzend grosser Vermieter*innen durchgeführte Umfrage ergab, werden die meisten den Anstieg für eine Mietzinserhöhung nutzen.

«Kommt es zu der erwarteten Referenzzinssatzerhöhung, gehen wir davon aus, dass wir die betroffenen Mietwohnungsverträge in unserem Portfolio entsprechend anpassen werden», teilte etwa die Versicherungsgruppe Swiss Life mit, eine der grössten Vermieterinnen des Landes.

Der Sprecher einer grossen Immobiliengesellschaft meinte damals: «In den letzten Jahren haben die Mieterinnen und Mieter dank sinkender Hypothekarzinsen von tieferen Mieten profitiert. Mit den steigenden Finanzierungskosten auf Seite der Eigentümer ist es aber auch nachvollziehbar, dass das Pendel nun in die andere Richtung ausschwingt.»

Teuerungen tragen Mitschuld

Doch der Referenzzinssatz ist nicht der einzige Grund für den sich abzeichnenden Kostenschub. Der andere ist die derzeit relativ hohe Teuerung. Diese darf zu 40 Prozent weitergegeben werden.

Zudem können die Vermieter*innen auch noch «allgemeine Kostensteigerungen» überwälzen, wobei manche Schlichtungsbehörden Pauschalsätze anwenden, wie ein Sprecher des Bundesamts für Wohnungswesens sagt. 

Alles in allem kommt also happige Post auf Mieter*innen zu. Das BWO warnt aber vor Verallgemeinerungen. Ganz generell könne eine Mietzinsveränderung immer nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden, teilte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP mit.

Höhere Mieten könnten Inflation anheizen

Ökonom*innen warnen derweil vor den volkswirtschaftlichen Folgen des Mietzinsschubs. Die Expert*innen der Raiffeisen-Bankengruppe gehen etwa davon aus, dass die Mieten im Herbst die Inflation anheizen werden.

Das stelle für die Schweizerische Nationalbank ein Dilemma dar. Diese «will mit den höheren Zinsen die Inflation eigentlich dämpfen, treibt sie über den Referenzzinssatz aber selbst nach oben.» Die SNB werde selber also zum «Inflationstreiber», so das Fazit der Raiffeisen-Ökonom*innen.

Aufgrund der hohen Inflation hat die Nationalbank ihren Leitzins in den letzten Quartalen in vier Schritten von -0,75 auf +1,50 Prozent angehoben.