Sogar Babys müssen verlegt werdenLungenentzündungen bringen Spitäler an den Anschlag
tmxh
29.2.2024
Einige Spitäler in der Schweiz geraten wieder an ihre Grenzen: Immer mehr Patient*innen werden mit Lungenentzündungen eingeliefert. Selbst Neugeborene müssen verlegt werden.
tmxh
29.02.2024, 17:21
01.03.2024, 08:31
tmxh
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Zunehmende Fälle von Lungenentzündungen und anderen Atemwegserkrankungen belasten die Schweizer Spitäler.
Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Covid-19 und Grippe bis zu Mykoplasmen und RS-Viren.
Selbst Babys mussten aufgrund der Überlastung bereits verlegt werden.
Nach dem Abklingen der Corona-Pandemie schien die Welle an Atemwegserkrankungen in den Schweizer Spitälern abzuflauen. Neue Zahlen zeigen nun jedoch abermals einen gegenteiligen Trend: Immer mehr Patient*innen müssen mit Lungenentzündungen und anderen Atemwegsinfektionen behandelt werden. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung des Bundesamts für Statistik (BfS).
Zwischen 2012 und 2022 sei die Zahl der Einweisungen demnach um 37 Prozent gestiegen. Insgesamt habe es sich 2022 um 94’350 Patient*innen gehandelt, knapp ein Drittel davon sei wegen einer Lungenentzündung behandelt worden. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von Covid-19 und Grippe bis zu Mykoplasmen und RS-Viren.
«Grosse Herausforderungen»
Die Hospitalisierungen wegen Atemwegserkrankungen seien laut BfS stark saisonabhängig und können in manchen Winterwochen bis zu zehn Prozent der Eintritte ausmachen, «was die Spitäler vor grosse Herausforderungen stellt». Das bestätigen auch Fachleute in den Spitälern: Mancherorts führte die hohe Anzahl an Einweisungen zu einer Überlastung der Kapazitäten – in einigen Fällen hätte man sogar Babys in andere Einrichtungen verlegen müssen.
So berichtet etwa Patrick Meyer Sauteur vom Kinderspital Zürich im Gespräch mit dem «Tages-Anzeiger», dass die Schweizer Kinderspitäler seit Herbst 2023 wegen sehr hoher Auslastung immer wieder vor Platzproblemen stehen. Grund sei vor allem die starke RSV-Welle, die bei Babys und Kleinkindern grassiert und die zu Verlegungen von Patient*innen in andere Spitäler geführt habe, teilweise sogar per Helikopter.
Auch Fälle von Mykoplasmen hätten zugenommen: Mit den Coronavirus-Massnahmen im Frühjahr 2020 seien diese laut Meyer Sauteur gänzlich verschwunden, gegen Ende des letzten Jahres jedoch unvermittelt wieder aufgetreten. Im letzten Quartal 2023 wurden im Kispi 58 Fälle bei Kindern registriert, was einen beispiellosen Höchststand markiert und die übliche Jahreszahl weit übersteigt. Dieses Phänomen wurde auch in anderen Regionen Europas, in Asien und in den USA beobachtet.
Hinzu kommen die Corona-Erkrankungen: «2022 wurde bei mehr als einer von fünf Hospitalisierungen (20,9 Prozent) mit der Hauptdiagnose Atemwegserkrankung auch eine Nebendiagnose Covid-19 gestellt», heisst es im Bericht des BfS. Der Erreger Sars-CoV-2 bleibt in Europa präsent und hat zuletzt im Dezember eine hohe Zahl an Krankheitsfällen in der Schweiz verursacht.
Hoffnung durch neuen RSV-Impfstoff
Die Überlagerung mehrerer Infektionswellen hat insbesondere bei Babys und Kleinkindern zu akuten Entzündungen geführt, während ältere Menschen und Personen mit Immunschwäche eher zu schweren Lungenentzündungen neigen. Sekundärinfektionen, oft nach einer Grippe, erhöhen laut Experten das Risiko schwerer Lungenentzündungen. Auch Infektionen durch den Schimmelpilz Aspergillus fumigatus können nach einer Grippe auftreten.
Grippeimpfungen können besonders bei älteren Menschen das Risiko einer Erkrankung und damit verbundene gesundheitliche Folgen deutlich reduzieren und entlasten die Spitäler in der Wintersaison. Was die RS-Viren bei Babys angeht, besteht die Hoffnung, dass ab Herbst 2024 in der Schweiz ein neuer Impfstoff namens Nirsevimab verfügbar sein soll, der Situation für Säuglinge in der kommenden Saison verbessern könnte.
Ein Thema bleiben derweil auch die Infektionen innerhalb der Spitäler. Anfang Februar hatte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen gemeinsamen Fahrplan und Massnahmenkatalog von Bund, Kantonen und Spitälern bekannt gegeben, dessen Ziel lautet, die Infektionsfälle in Spitälern weiter zu verringern. Ziel sei es, die Zahl der Infektionen bis 2030 auf fünf und bis 2035 auf vier Prozent zu senken.