Erstes SRG-WahlbarometerGrüne und SP verlieren, SVP und FDP haben Aufwind
SDA, gbi
26.10.2022
Die «grüne Welle» der eidgenössischen Wahlen 2019 lässt nach: Wäre Anfang Oktober gewählt worden, hätten die Grünen die grössten Verluste erlitten. In einer Umfrage zeigt sich stattdessen eine «liberale Welle».
SDA, gbi
26.10.2022, 17:10
26.10.2022, 17:44
SDA, gbi
Wie gut stehen die Parteien ein Jahr vor den eidgenössischen Wahlen 2023 da? Dieser Frage ist das Forschungsinstitut Sotomo im Auftrag der SRG nachgegangen. Die am Mittwoch veröffentlichte Studie zeigt: Trotz Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine und drohender Energiemangellage sei die Schweizer Parteienlandschaft im Vergleich zu den letzten Wahlen 2019 bemerkenswert stabil, schreiben die Studienautoren.
Nur bei zwei der sechs grösseren Parteien zeigen sich Veränderungen im Wähleranteil, die mehr als einen Prozentpunkt ausmachen. Der grösste Zuwachs an Wählerinnen und Wählern können demnach die Grünliberalen mit 1,5 Prozentpunkten verbuchen.
Den grössten Verlust müssen dagegen die Grünen mit 1,5 Prozentpunkten hinnehmen. Dennoch bleiben die Grünliberalen beim erwarteten Wähleranteil 2,4 Prozentpunkte hinter den Grünen zurück.
Korrektur der grossen Verschiebungen
Deutlich stärkste Partei bleibt Stand heute die SVP mit 26,1 Prozent (+0,5 Prozentpunkte). Dahinter zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der SP(16,3 Prozent, -0,5) und der FDP (16,1 Prozent, +1) ab.
Es folgen Die Mitte/EVP (15,4 Prozent, -0,5), Grüne (11,7 Prozent, -1,5) und die GLP (9,3 Prozent, +1,5).
Zur Studie
Ausgewertet wurden die Angaben von rund 21'000 Stimmberechtigten aus allen Landesteilen. Die Erhebung der Daten fand vom 26. September bis zum 7. Oktober unter anderem über die Online-Kanäle der SRG statt. Der Stichprobenfehler wird von Sotomo mit plus/minus 1,3 Prozentpunkten angegeben. Durch die Gewichtung ergebe sich eine hohe Repräsentativität für die aktive Stimmbevölkerung.
Nach der grünen Welle von 2019 wäre nun wohl von einer liberalen Welle die Rede, weil GLP und FDP mit einem summierten Plus von 2,5 Prozentpunkten den grössten Zuwachs erzielten. Im Vergleich zum letzten Wahlbarometer vom Oktober 2021 ist der erwartete Wähleranteil der FDP von 13,6 auf 16,1 Prozent gestiegen. Die Politologen schreiben die Trendwende zum Teil dem neuen Parteipräsidenten Thierry Burkart zu.
Das rot-grüne Lager verliert aktuell 2 Prozentpunkte im Vergleich zu den Wahlen 2019. Die Parteien rechts der Mitte (SVP und FDP) gewinnen 1,5 Prozentpunkte. Nach dem für Schweizer Verhältnisse markanten Linksrutsch von 2019 scheine das Pendel wieder zurückzuschlagen, halten die Meinungsforscher fest.
Klimawandel und Energiewende als Topthemen
Für den Wahlentscheid stehen in der Schweiz neben der traditionellen Parteibindung vor allem Sachthemen im Vordergrund. Gemäss dem Wahlbarometer sind für die Bevölkerung der Klimawandel und die Energiewende die wichtigsten politischen Herausforderungen.
Auch die Versorgungssicherheit und die Krankenkassenprämien werden häufig als brennende Themen genannt.
Die Corona-Pandemie, die im Jahr 2020 noch alle anderen Themen überstrahlte, ist dagegen fast nicht mehr der Rede wert. Anfang Oktober 2022 wird – trotz erneut steigender Fallzahlen – die Bekämpfung der Pandemie gerade einmal von einem Prozent der Befragten zu den wichtigsten Herausforderungen des Landes gezählt.
Laut den Politologen haben im vergangenen Jahr vor allem soziale Themen an Bedeutung gewonnen. Auffällig sei zugleich der Rückgang der Nennungen von guten Beziehungen zur EU sowie der Reform der Altersvorsorge.
Amherd führt das Sympathierating an
Die Teilnehmer der Umfrage konnten sich auch darüber äussern, wie sie die Mitglieder des Bundesrats wahrnehmen. Klarer Chef im Ring bleibt diesbezüglich Innenminister Alain Berset. Der schon vorher als besonders einflussreich wahrgenommene Magistrat habe nach zweieinhalb Jahren Pandemie noch einmal einen deutlichen Sprung im Rating gemacht, schreiben die Studienautoren.
Auch Ueli Maurer, Karin Keller-Sutter und Simonetta Sommaruga werden von mehr Befragten als Mitglied mit viel Einfluss betrachtet als mit eher wenig Einfluss. Als Bundesrat mit am wenigsten Einfluss schätzen die Befragten Aussenminister Ignazio Cassis ein. Guy Parmelin und Viola Amherd werden ebenfalls nur von wenigen Befragten als einflussreiche Bundesräte betrachtet.
Dieser Befund ändert allerdings nichts daran, dass Amherd die Sympathieskala anführt. Knapp dahinter folgt der ebenfalls beliebte Berset. Die wenigsten Sympathien bei den Befragten heimsen die Bundesräte Maurer und Cassis ein.
«Geniessen Sie das Leben – aber es lohnt sich noch, aufzupassen»
Zurück zur «normalen Lage»: Der Bundesrat streicht auch die letzten Covid-Massnahmen per 1. April. Im Interview mit blue News spricht Bundesrat Alain Berset über die nächste Phase der Pandemie und Long Covid.