Liebe Energiepolitiker*innen, wie kommen wir durch den Winter?
blue News will von Energiepolitiker*innen wissen, welche Rezepte sie gegen eine Strommangellage haben. Und wie sie ganz persönlich Energie sparen.
28.09.2022
Kommt es im Winter zu einer Strommangel-Lage? Wie der Nationalrat dem drohenden Szenario mittels einer dringlichen Debatte beikommen will. Und warum dabei der Bundesrat verbal angegriffen wird.
Dass die Schweizer*innen ohnehin schon mit Inflation und stark steigenden Krankenkassen konfrontiert sind, macht das Szenario einer drohenden Energiekrise nicht einfacher. Was also tun? Darüber debattiert der Nationalrat in einer dringlichen Debatte zum Thema Energiepreise.
Und der Ton ist zwischenzeitlich rau in der grossen Kammer. Alle sechs Fraktionen reichen dringliche Vorstösse ein (mehr dazu oben im Video). Nicht nur beschuldigen sie sich dabei zum Teil gegenseitig, keine oder falsche Rezepte zu haben. Der Frust wendet sich auch gegen den Bundesrat, im Rat vertreten durch Umweltministerin Simonetta Sommaruga und Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Dieser habe nicht genügend vorgesorgt trotz sich abzeichnender Krise, lautet der Vorwurf aus dem Parlament.
Grosse Kammer wird kühler
Der Nationalratssaal wird in der Wintersession nur noch auf 20 Grad geheizt. Diesem Ordnungsantrag von Andrea Geissbühler (SVP/BE) hat der Rat nach der dringlichen Debatte mit 158 zu 20 Stimmen zugestimmt. Das spare Energie und zugleich Heizkosten, so die Idee.
SP und Grüne fordern gezielte Hilfen an Haushalte. Im Fokus haben sie ausserdem Unternehmen, die viel Strom verbrauchen, diesen heute im freien Markt beziehen und besonderen Preissteigerungen ausgesetzt sind. «Der Bund hat die Axpo gerettet und muss nun auch die Haushalte schützen», sagt Roger Nordmann (SP/VD). Auch die Menschen im Land seien «too big to fail», nicht nur die Axpo, ergänzt Cédric Wermuth (SP/AG).
«Bundesrat ist zu passiv»
Die FDP dagegen erwartet vom Bundesrat «mehr Engagement für eine bessere Integration in den europäischen Strommarkt», sagt Matthias Jauslin (AG). Und die GLP will eine solide Datengrundlage für gezielte Hilfe statt rascher und unspezifischer Massnahmen. Auch die Mitte kritisiert die Landesregierung: Die vom Bundesrat an den Tag gelegte Passivität sei nicht nachvollziehbar, sagt Nicolo Paganini (SG).
Harsche Worte kommen von der SVP: Christian Imark (SO) kritisiert «die gescheiterte Energiestrategie» und die «versagenden falschen Konzepte und Prognosen des Bundes». Sein Fraktionskollege Pierre-André Page (FR) findet: «Wir spüren keinen Willen, die Krise zu lösen, zum Nutzen von Bevölkerung und Unternehmen.»
Bundesrat «tut alles, um Wirtschaft nicht zu gefährden»
Die anwesenden Bundesräte lassen die Kritik aus dem Parlament nicht auf sich sitzen. Der Bundesrat habe sehr viel getan, um die Schweiz für den Winter gut aufzustellen, sagt Sommaruga. Und doch könne es zu einer Mangellage kommen.
«Der Bundesrat ist sich der Herausforderung bewusst, welche die Energiepreise für Private und die Betriebe darstellen», sagt Parmelin. Er unterschätze die Lage nicht und tue alles, was möglich sei, um die Wirtschaft nicht zu gefährden.
Parmelin verweist – wie das der Bundesrat auch in seinen Antworten zu den Interpellationen der Fraktionen getan hat – auf eine Arbeitsgruppe. In dieser sind fünf der sieben Departemente der Bundesverwaltung vertreten. Der Inhalt: mögliche Entlastungsmassnahmen. Bis Ende Oktober sollen Ergebnisse vorlegen.