Supermarkt Kassierer an vorderster Front – wie steht es um ihren Schutz? 

Von Gil Bieler

17.3.2020

Home Office ist keine Option: eine Verkäuferin in einer Lidl-Filiale. 
Home Office ist keine Option: eine Verkäuferin in einer Lidl-Filiale. 
Bild: Keystone

Das Verkaufspersonal ist nicht zu beneiden: Obwohl der Bundesrat am Montag rigorose Massnahmen beschlossen hat, bleiben Lebensmittelläden offen. Was tun die Detailhändler zum Schutz ihrer Angestellten?

Man sieht der Angestellten in einer Winterthurer Buchhandlung die Anspannung an. Die ältere Dame bemüht sich um ein freundliches Lächeln, wenn sie Kunden bedient. Doch sie wäre bestimmt lieber daheim. Als ihre jüngere Kollegin nachfragt, gibt sie offen zu: Ja, sie habe schon Angst.

Das Verkaufspersonal trifft die Coronavirus-Krise besonders hart. Der Bundesrat empfiehlt allen Arbeitnehmern, wenn möglich im Homeoffice zu arbeiten. Für im Verkauf tätige Arbeitnehmer ist das aber keine Option. Kommt hinzu: Der Bundesrat hat zwar am Montag angeordnet, dass alle Läden, deren Betrieb nicht lebensnotwendig ist, bis zum 19. April schliessen müssen. Doch Lebensmittelgeschäfte bleiben offen.



Wie schützen die grossen Schweizer Detailhändler ihr Personal vor einer Ansteckung? Das beliebteste Mittel hierfür sind Desinfektionsmittel. Bei allen angefragten Detailhändlern werden diese derzeit angeboten, ob für das Personal oder zusätzlich auch für die Kundschaft.

Schutzscheiben für das Kassenpersonal sind dagegen erst bei der Migros ein Thema: In diesen Stunden sei damit begonnen worden, solche Plexiglasscheiben zu installieren, erklärt Migros-Sprecher Marcel Schlatter auf Anfrage. Das Ziel sei, diese flächendeckend anzubringen.

Bei Coop heisst es, man habe bereits vor Jahren einen Pandemieplan erstellt, dem man nun folge. «Wir haben die tägliche Reinigung intensiviert, zu der beispielsweise auch die Self-Checkout-Kassen, Kassenterminals und Einkaufswagen gehören», teilt Coop-Sprecherin Rebecca Veiga mit. Zudem würden am Boden vor den Kassen auffällige Linien angebracht, um die Kunden auf das Abstandhalten hinzuweisen. Dasselbe geschehe mit Hinweisen über das Radio in den Läden.

Wie man auf die Erklärung der Notlage für das ganze Land reagiere, wollte man bei Coop und der Migros vorab nicht kommunizieren. Die Coop-Medienstelle teilt lediglich mit: «Wir sind im Austausch mit den Behörden und werden die Vorgaben umsetzen.»

Besser mit Kärtli bezahlen als mit Bargeld

Bei Volg versucht man, den Kontakt mit Bargeld möglichst zu minimieren. So könne das Personal die Kunden auf die Möglichkeiten des bargeldlosen Bezahlens hinweisen, die wenn immer möglich zu bevorzugen seien, erklärt Tamara Scheibli von der Volg-Medienstelle. Das Personal könne ausserdem Einweghandschuhe tragen.

Zum Thema Hamsterkäufe erklärt Scheibli, die Verkaufsstellen würden noch häufiger beliefert als sonst. «Die Versorgung der Bevölkerung ist gesichert, und es sind genügend Lebensmittel und Bedarfsgüter verfügbar. Hamsterkäufe sind somit nicht nötig.»



Was aber, wenn sich Verkäufer trotz all dieser Vorsichtsmassnahmen vor einer Ansteckung fürchten?

Bei Lidl hat man eine interne Hotline eingerichtet, bei der sich Mitarbeiter melden können: Je nach Bereich und in Absprache mit dem jeweiligen Vorgesetzten werde individuell nach Lösungen gesucht, erklärt Lidl-Sprecherin Corina Milz. Bei Volg heisst es hierzu: «Kranke Mitarbeitende sowie als besonders gefährdet geltende Mitarbeitende sind angewiesen, zu Hause zu bleiben.» Coop und Migros klären solche Schritte einzeln ab.

Unia nimmt Politik und Arbeitgeber in die Pflicht

Für Lorenz Keller von der Gewerkschaft Unia ist klar: Politik und Arbeitgeber müssten nun ihr Möglichstes tun, um die Arbeitnehmer zu schützen. So sollten etwa Verkaufsmitarbeiter, die selber zu einer Risikogruppe zählen, der Arbeit fernbleiben dürfen und trotzdem ihren Lohn erhalten.

«Wenn sie sich entscheiden müssen, ob sie sich selber in Gefahr bringen oder keinen Lohn erhalten, dann ist niemandem gedient.»

Keller ist ein Beispiel eines Angestellten bekannt, der aus Rücksicht auf seine Partnerin, die an einer schweren Krankheit leide, der Arbeit fernbleibe. «Nach aktueller Gesetzgebung erhält er dann keinen Lohn.» Aus Sicht der Unia ein No-Go. Politik und Arbeitgeber seien hier in der Pflicht, nachzubessern.

Die Coronavirus-Krise in der Galerie

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