Atommüll-Tiefenlager Nagra-Entscheid für Nördlich Lägern: «Die Geologie hat gesprochen»

SDA/Red.

12.9.2022

Nagra-CEO Braun: «Die Geologie hat gesprochen»

Nagra-CEO Braun: «Die Geologie hat gesprochen»

Die Nagra schlägt nach fast 50-jähriger Standortsuche die Region Nördlich Lägern in der Zürcher Gemeinde Stadel für das Endlager von radioaktivem Abfall vor. Der Entscheid für das Gebiet Nördlich Lägern ist eindeutig gefallen, auf Grund der geologischen Verhältnisse.

12.09.2022

Die Nagra schlägt nach fast 50-jähriger Standortsuche die Region Nördlich Lägern in der Zürcher Gemeinde Stadel für das Endlager von radioaktivem Abfall vor. Auf einer Medienkonferenz informierten die Expert*innen über die Standortwahl.  

SDA/Red.

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Die Nagra schlägt nach fast 50-jähriger Standortsuche die Region Nördlich Lägern in der Zürcher Gemeinde Stadel für das Endlager von radioaktivem Abfall vor.
  • Die Brennelement-Verpackungsanlage soll beim Zentralen Zwischenlager in Würenlingen AG entstehen.
  • Der Entscheid für das Gebiet ist aufgrund der geologischen Verhältnisse eindeutig gefallen, sahte Matthias Braun, der CEO der Nagra. 
  • Aufgrund des langen Bewilligungsverfahrens ist mit dem Bau des Atomendlagers erst im Jahr 2045 zu rechnen.
  • Die vom Bau des Endlagers für radioaktive Abfälle betroffenen Gemeinden dürften entschädigt werden.
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  • 10 Uhr

    Die Medienkonferenz ist beendet

    Wir danken für das Interesse.

  • 9.59 Uhr

    Wie steht es um Erdbebensicherheit? 

    Mayer sagt, das letzte Erdbeben am Samstagabend habe im Rheingraben stattgefunden und hier werde in vielen Millionen Jahren der Kontinent tatsächlich mal auseinanderbrechen. «Sie müssen ihr Ferienhaus aber nicht verkaufen», erklärt er scherzhaft. 

    Selbstverständlich würden aber auch die seismischen Bedingungen in die geologischen Betrachtungen einfliessen, so Mayer. Dazu gebe es gut ausgearbeitete Berichte. Altorfer führt hierzu noch an, dass die Schäden bei einem Erdbeben generell in der Tiefe viel geringer seien, als an der Oberfläche. 

  • 9.57 Uhr

    Stichwort Entschädigungen

    Gibt es Entschädigungen? Neukom sagt, man müssen zwischen Entschädigungen und Abgeltungen unterscheiden. Ersteres gibt es, wenn etwas zerstört werde. Abgeltungen für die Gemeinden seien nicht an Schäden gekoppelt und sind noch nicht gesetzlich geregelt. Doch sie sollen kommen. Man sei deswegen in Kontakt und wolle die Verhandlungen transparent führen. Diese Abgeltungen sollten «fair» verteilt werden und könnten auch deutsche Gemeinden betreffen, so Neukom. Abgeltungen gebe es aber nicht für Privatpersonen, sondern nur für Gemeinden. Die Höhe der Abgeltungen müssten die Energieversorger und die Gemeinden aushandeln. Einen Import von Atommüll etwa aus Deutschland werde es nicht geben.

    Die Expert*innen informieren auf einer Medienkonferenz. 
    Die Expert*innen informieren auf einer Medienkonferenz. 
    Screenshot
  • 9.52 Uhr

    Warum kam der Standort plötzlich wieder auf die Liste?

    Mayer sagt, man habe bei dem tiefen Standort zunächst Unsicherheiten befürchtet. Man sei zu Beginn aber zu vorsichtig gewesen, denn es habe sich auch gezeigt, dass der Standort doppelt so gut sei, als zunächst angenommen.

  • 9.50 Uhr

    Die Fragerunde ist eröffnet

    Wie viel kostet das Tiefenlager? Das will eine Journalistin wissen.

    Die Endlagerung des Atommülls soll laut Roman Mayer etwa 20 Milliarden kosten. Die Kostenfrage habe bei der Standortfrage aber keine Rolle gespielt. 

  • Abgeltungen für Gemeinden

    Als Zürcher Kantonsrat habe er sich das Endlager natürlich nicht gewünscht, aber die Sicherheit sei das wichtigste Kriterium, so Neukom. Die Gemeindevertreter seien auch sehr aktiv und würden eine wichtige Aufgabe wahrnehmen. «Der Prozess der Abgeltungen wird demnächst starten», sagt Neukom auch und sichert die Unterstützung der Kantone zu, die allerdings kein Geld bekommen würden.

  • 9.45 Uhr

    Neukom zu Standort-Gerüchten

    Wissenschaftliches Arbeiten sei deshalb Grundvoraussetzung für das Endlager, sagt Neukom, der auch Chef des ADK ist. Zwei kantonale Expertengruppen würden den Vorgang unterstützen und sind beratend tätig. Sie hätten zum Beispiel eingegriffen, als Nördlich Lägern wegen vermeintlicher Ausschlusskriterien aus der Auswahl hätte fallen sollen. Dem Gerücht, Nördlich Lägern sei nun ausgewählt worden, weil der Widerstand dort am geringsten sei, erteilt Neukom eine Absage. Aus geologischer Sicht sei der Standort am besten geeignet.

  • 9.38 Uhr

    Zeitenwende

    Martin Neukom, Regierungsrat des Kantons Zürich, erinnert an die «Atom-Diskussion» im Jahr 2008: «Damals wurden die erneuerbaren Energien noch belächelt», sagt der Grüne. Die zeitlichen Dimensionen des Projekts seien enorm, ergänzt er mit Blick auf die Zukunft. 

  • 9.34 Uhr

    «Es ist ein sehr transparenter Vorgang»

    «Die Standortwahl selbst ist völlig reglementiert», sagt Altorfer. Es werde zum Beispiel geprüft, ob wirklich ein Kombi-Lager und hochradioaktiven und schwach- und mittelaktiven Atommüll gebaut werden kann, wie es die Nagra vorsieht. «Es ist ein sehr transparenter Vorgang. Alles wird dokumentiert, internationale Experten werden beigezogen.» Das ENSI habe neun zentrale Fragen, die Punkt für Punkt geklärt werden würden.

  • 9.29 Uhr

    Was das ENSI macht

    Felix Altorfer, Leiter Aufsichtsbereich Entsorgung ENSI, will «eigentlich eher über die Zukunft sprechen». Das Rahmenbewilligungsgesuch soll 2024 eingereicht werden. Der wichtigste Bericht sei dabei die Begründung der Standortwahl, die die Behörde unabhängig prüfen werde.  Eine Kommission, die aus je vier Schweizer und deutschen Professoren bestehe, sieht sich das Ganze an. Weiter werde es einen Sicherheitsbericht und einen Sicherungsbericht geben.

    Altorfer versucht zudem Sorgen zu zerstreuen: Der Opalinuston am Ort sei so beschaffen, dass die Bevölkerung aufgrund des Tiefenlagers maximal eine Dosis von einem hunderttausendstel Millisievert abbekomme. IM Falle von natürlicher Strahlung sei es bedeutend mehr – nämlich sechs Millisievert.

  • 9.23 Uhr

    Stichwort Kooperation

    Monika Stauffer schlägt in dieselbe Kerbe. Sie spricht über lokale Konferenzen und den «Einbezug von Gemeinden und Zivilorganisationen». Diese sei so einmalig, dass sich das Ausland für das Schweizer Procedere interessiere. Es sei mit «Sachlichkeit und Besonnenheit» auf den Regionalkonferenzen diskutiert worden. Die Konkretisierung der Projekte werde nun auf Regionalkonferenzen weiter erörtert.

  • 9.20 Uhr

    Miteinander statt gegeneinander

    «Sicherheit entsteht durch Zusammenarbeit», sagt Mayer. Die Ideen zur Verpackungsanlage und zum Lager-Eingang seien aus den Regionen gekommen, die Zusammenarbeit funktioniere gut.

    Plan der Oberflächeninfrastrukturen des Tiefenlagers. 
    Plan der Oberflächeninfrastrukturen des Tiefenlagers. 
    Screenshot Medienkonferenz
  • 9.18 Uhr

    Überbauungen in ZH und AG

    «Der grösste geeignete Bereich [des entsprechenden Gesteins] ist ein grosser Vorteil, und dieser Bereich ist am grössten in Nördlich Lägern», sagt Mayer. Ein weiterer wichtiger Punkt sei auch der Eingang zum Lager in Haberstal ZH. Die Verpackungsanlage werde beim Zwischenlager in Würenlingen AG geplant. Hier könnten Synergieeffekte genutzt werden.

    Grafische Darstellung des Atommüll-Tiefenlagers in Nördlich Lägern: Der Standort des Eingangs liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Stadel.
    Grafische Darstellung des Atommüll-Tiefenlagers in Nördlich Lägern: Der Standort des Eingangs liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Stadel.
    Screenshot Medienkonferenz
  • 9.14 Uhr

    Dichtes Gestein

    Matthias Braun, CEO der Nagra, erklärt, der Entscheid sei einstimmig getroffen worden: «Nördlich Lägern ist der Standort mit den grössten Sicherheitsreserven.» Die lokale Geologie habe gesprochen, so Mayer: Es geht um den Opalinuston. «Das Gestein ist sehr dicht.» Es sei die «wichtigste geologische Barriere». Der Opalinuston sei in Nördlich Lägern besonders dicht und hat laut Mayer dort die grösste Distanz zu wasserführenden Schichten.

  • 9.09 Uhr

    Der Zeitplan

    Sechs Standorte wurden in der ersten Wahl sondiert, von denen in einem zweiten Schritt drei übrig geblieben sind. Der Standort, der heute genannt wird, ist der, für den ein Rahmenbewilligungsverfahren gestartet wird. «Das wird seine Zeit benötigen», sagt Mayer. 2029 könnte so eine Bewilligung erfolgen. Der Bau wird erst ab 2045 beginnen.

    Der zeitliche Ablauf der Etappe3. 
    Der zeitliche Ablauf der Etappe3. 
    Screenshot Medienkonferenz
  • 9.06 Uhr

    Zum Procedere

    Roman Mayer vom BFE erklärt die Pflicht, radioaktive Abfälle, die derzeit noch in Zwischenlagern liegen, nachhaltig abzulegen. Seit 2005 ist das neue Kernenergiegesetz inkraft, seit 2008 suchen Bund, Kantone und Nagra gemeinsam das geologische Tiefenlager. Ein Sachplan legt die entsprechenden Kriterien fest, die für das Lager gelten.

  • 9 Uhr

    Beginn der Pressekonferenz

    «Seit 14 Jahren läuft die Suche nach möglichen Standorten», heisst es von Marianne Zünd zum Auftakt der Medienkonferenz. Das BFE hat die betroffenen Gemeinden, Kantonen und Grundeigentümer demnach vorher informiert und am Samstag bestätigt, dass Nördlich Lagern das Endlager der Wahl ist.

Vor die Medien treten: 

  • Roman Mayer, Vizedirektor Bundesamt für Energie BFE
  • Matthias Braun, CEO Nagra
  • Monika Stauffer, Leiterin Sektion Radioaktive Abfälle, Bundesamt für Energie BFE
  • Felix Altorfer, Leiter Aufsichtsbereich Entsorgung ENSI
  • Martin Neukom, Regierungsrat Kanton Zürich, Vorsitzender Ausschuss der Kantone im SGT

Ausgangslage

Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) informiert um 9 Uhr in Bern über den Entscheid, der am Samstag nach einer Informationsveranstaltung für die betroffene Bevölkerung durchgesickert war. Fest steht auch, wo die sogenannte «Heisse Zelle» gebaut wird: Die Brennelement-Verpackungsanlage soll beim Zentralen Zwischenlager in Würenlingen AG entstehen.

Nach dem Standortentscheid vom Montag wird die Nagra gegen Ende 2024 ihr Gesuch bei den Bundesbehörden einreichen. Voraussichtlich erst 2029 wird der Bundesrat den definitiven Standortentscheid fällen. Danach muss das Bundesparlament das Lager genehmigen. Es ist absehbar, dass es danach eine Volksabstimmung geben wird.

Baustart ist für das Jahr 2045 vorgesehen. Gemäss Planung der Nagra könnten erste Abfälle dann um das Jahr 2050 eingelagert werden. Danach folgt eine «Beobachtungsphase», die 50 Jahre lang dauern soll. Im Jahr 2115 soll das Lager dann verschlossen werden.

Das Haberstal in Windlach in der Gemeinde Stadel, aufgenommen mit einer Drohne am Freitag, 9. September 2022. Hier soll das Atommüll-Endlager gebaut werden.
Das Haberstal in Windlach in der Gemeinde Stadel, aufgenommen mit einer Drohne am Freitag, 9. September 2022. Hier soll das Atommüll-Endlager gebaut werden.
Bild: Keystone