Bundesratskandidatin Rytz Ja, sie will – doch nein, es wird kaum reichen

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10.12.2019

Regula Rytz, grüne Nationalrätin und Bundesratskandidatin, politisiert am linken Rand ihrer Partei.
Regula Rytz, grüne Nationalrätin und Bundesratskandidatin, politisiert am linken Rand ihrer Partei.
Bild: Keystone

Morgen Mittwoch gilt es ernst: Grünen-Chefin Regula Rytz greift dann den Bundesratssitz von Ignazio Cassis an. Wie stehen ihre Chancen? Die Ausgangslage.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Bundesrätin Rytz?

Sie ist angetreten, um die erste grüne Bundesrätin der Schweiz zu werden: Grünen-Präsidentin und Nationalrätin Regula Rytz. Sie will den Sitz von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis angreifen. Doch Rytz’ Chancen, am Mittwoch gewählt zu werden, sind gering. Äusserst gering. Denn die anderen Parteien haben ihre Vorbehalte.

Was sagen die Bürgerlichen?

Zwar hat Rytz als ehemaliges Mitglied der Berner Stadtregierung Exekutiverfahrung vorzuweisen, doch sie politisiert am linken Rand ihrer Partei. Die Bürgerlichen argumentieren zudem damit, dass das Schweizer Politsystem auf Stabilität basiere. Kontinuität sei wichtig, weil sich die Bundesräte sonst permanent im Wahlkampf befänden. Und es ist tatsächlich so: Amtierende Bundesräte werden höchst selten abgewählt.



Auch an Rytz' Vorgehen wird Kritik laut: Die 57-Jährige habe nach dem historischen Wahlsieg der Grünen am 20. Oktober zu lange gezögert, bevor sie ihre Kandidatur angemeldet habe. Rytz trat im Kanton Bern für den zweiten Wahlgang im Ständerat an – ohne Erfolg. Bei einer Wahl hätte sie eine Kandidatur für den Bundesrat aber ausgeschlossen. Deshalb zweifeln einzelne Politiker wie GLP-Nationalrat Beat Flach öffentlich daran, wie ernst es ihr mit ihrer Bundesratskandidatur ist. Doch es kann auch sein, dass Rytz damit einen Anspruch anmeldet, von dem die Grünen wissen, dass er sich erst zu einem späteren Zeitpunkt umsetzen lasse.

Die Mitte-Fraktion indes hat Rytz nicht einmal zu einem Hearing eingeladen, obwohl CVP-Chef Gerhard Pfister den Anspruch der Grünen auf einen Bundesratssitz nicht bestreitet. Rytz sei zwar die richtige Kandidatin, eine Abwahl aber sei falsch. Pfister schlägt stattdessen vor, die Amtszeit für Bundesräte auf acht Jahre zu beschränken.

Was macht die andere Partei mit einem «grün» im Namen?

Die Grünliberalen wollen ihre Strategie erst kurz vor den Wahlen festlegen – trotz Hearing am vergangenen Dienstag. Danach sagte GLP-Fraktionschefin Tiana Moser verschiedenen Medien, dass zwar die aktuelle Zusammensetzung des Bundesrates nicht mehr dem Wählerwillen entspreche. Ein dritter Sitz für die Linke würde die Wähleranteile aber ebenfalls nicht richtig abbilden. Laut Moser wird jedes Mitglied der GLP-Fraktion «ganz alleine» entscheiden – gibt es also Stimmfreigabe der GLP?

Und wie klingt es von links?

Nicht nur die Bürgerlichen, selbst einzelne SP-Mitglieder zögern laut SRF, Rytz ihre Stimme zu geben. Zwar kann die Bernerin laut SP-Präsident Christian Levrat mit der Unterstützung rechnen – das Hearing der SP findet aber erst heute Dienstag am Nachmittag statt. 

Wie viele Stimmen braucht Rytz denn?

Die Vereinigte Bundesversammlung zählt 246 Mitglieder. Für das absolute Mehr ist die Hälfte der Stimmen plus 1 nötig – also 124 Stimmen. Bei leeren Stimmen sinkt das absolute Mehr.

Mit den Stimmen der SP und jener der eigenen Fraktion käme Rytz auf 83 Stimmen. Das Zünglein an der Waage spielen also die CVP und die GLP. Die Fraktion der Grünliberalen hat 16 Stimmen, die Mitte-Fraktion aus CVP, EVP und BDP 44 Stimmen.

So weit die Theorie – doch wie funktioniert die Wahl konkret, wenn alle Bisherigen erneut antreten?

Die Stimmabgabe in der Vereinigten Bundesversammlung ist geheim. Jeder der sieben Sitze wird einzeln und nacheinander besetzt, in der Reihenfolge des Amtsalters. Zuerst bestätigt werden muss also der Dienstälteste Ueli Maurer (SVP). Es folgen Simonetta Sommaruga (SP), Alain Berset (SP) und Guy Parmelin (SVP). Und dann wird es mit Ignazio Cassis (FDP), dessen Sitz Rytz angreift, spannend. Anschliessend folgen noch die beiden neuesten Bundesratsmitglieder Viola Amherd (CVP) und Karin Keller-Sutter (FDP).

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