Krieg, Energiekrise und Inflation schlagen auf die Rendite der Pensionskassen. Gleichzeitig verlieren die gesparten Altersguthaben an Wert. Das kann Versicherte mehrere Tausend Franken kosten.
smi
03.10.2022, 16:24
smi
Ein Schritt vor, zwei zurück: In dieser Lage finden sich die Pensionskassen zurzeit. Angesichts der angespannten Wirtschaftslage können sie die Guthaben der Versicherten nur noch mit 1 Prozent verzinsen. Die Teuerung liegt aktuell bei rund 3,5 Prozent. Das bedeutet: Das angesparte Geld fürs Alter schrumpft bei diesem Zinsunterschied 2022 um 2,5 Prozent.
Die «Tamedia-Zeitungen» zitieren den Pensionskassenexperten Marco Jost vom Beratungsunternehmen PPCmetrics. Dieser erklärt, die Versicherten seien in den letzten Jahren trotz tiefer Zinsen gut gefahren, weil die Teuerung noch tiefer lag.
In der aktuellen Zinssituation ist eines der Ziele der Vorsorge gefährdet: Der Erhalt des Lebensstandards. Damit ist gemeint, dass die Zinsen, die den Altersguthaben gutgeschrieben werden, die Inflation mindestens wettmachen. Oder anders ausgedrückt: Dass das gesparte Geld schneller wächst, als es durch die Teuerung an Wert verliert.
6000 Franken Verlust bei 300'000 Franken Guthaben
Wie stark die Pensionskassenguthaben unter Druck geraten, hängt auch von deren Umfang ab. Wer viel hat, verliert mehr. Die Tamedia-Zeitungen rechnen ein Beispiel durch: Ein Vorsorgeguthaben von 300'000 Franken wird mit 1 Prozent verzinst, die Jahres-Teuerung beträgt 3 Prozent. Das angesparte Geld verliert 2 Prozent an Wert und ist deshalb Ende des Jahres 6000 Franken weniger wert als zu Beginn.
Zwar hat die Schweizerische Nationalbank wie auch andere Zentralbanken die Zinswende eingeleitet. Dennoch geht Experte Jost davon aus, dass die Verzinsung der Altersguthaben tief bleiben werde.
Ein weiterer Grund für die angespannte Situation der Pensionskassen ist der Deckungsgrad. Dieser ist die Messgrösse dafür, wie weit Pensionskassen mit dem vorhandenen Vermögen ihre Verpflichtungen gegenüber den Versicherten erfüllen können.
Der Deckungsgrad ist seit Dezember 2021 von rund 120 Prozent auf gegen 100 Prozent gesunken. Liegt er unter 100 Prozent, müssen die Pensionskassen Massnahmen ergreifen und dokumentieren, mit denen sie aus der Unterdeckung herauskommen.
Die Pensionskassen sind stabil, aber gefordert
Trotz ungünstiger Zeichen sei Alarmismus fehl am Platz, findet auch ein weiterer von den Tamedia-Zeitungen zitierter Experte. Langfristig hätten die Vorsorgeguthaben stets einen Ertragsüberschuss eingebracht.
Ein weiteres Problem ist der Umwandlungssatz. Dieser bestimmt, welcher Anteil des Guthabens als Rente ausgezahlt wird. Aktuell liegt er bei 6,8 Prozent. Angesichts der steigenden Lebenserwartung und des tiefen Zinsniveaus liegt der Umwandlungssatz gemäss Fachleuten zu hoch.
Das Vermögenszentrum rechnet vor, dass die Pensionskassen aktuell 4,5 Prozent Rendite auf den Guthaben der Versicherten erwirtschaften müssten, um Renten gemäss dem geltenden Umwandlungssatz zu finanzieren. Da dies zurzeit nicht realistisch ist, fehlem den Pensionskassen auch die Mittel, um die Inflation zu kompensieren.