Schrumpfendes Geschäft In welcher Form braucht es die Post noch?

Von Monique Misteli

9.3.2023

Konzerngewinn der Post sinkt gegenüber dem Vorjahr

Konzerngewinn der Post sinkt gegenüber dem Vorjahr

Die Post hat im vergangenen Jahr einen Konzerngewinn von 295 Millionen Franken ausgewiesen. Das sind 157 Millionen Franken weniger als 2021. Auch der Krieg in der Ukraine hat das Ergebnis beeinflusst.

09.03.2023

Die Post macht noch Gewinn, aber deutlich weniger als im Vorjahr. Experten sehen eine Debatte über den Grundversorgungsauftrag als notwendig.

Von Monique Misteli

Von 295 auf 157 Millionen Franken – um fast die Hälfte ist der Gewinn bei der Schweizerischen Post im Geschäftsjahr 2022 gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Das kommunizierten die Verantwortlichen am Donnerstagmorgen anlässlich ihrer Bilanzmedienkonferenz in Bern

Teuerungseffekte, tiefere Erträge aufgrund der Zinswende bei Postfinance und rückläufige Brief- und Paketmengen seien für das schlechtere Ergebnis verantwortlich, begründen die Verantwortlichen. 

Um die Löcher in der Konzernkasse nicht weiter aufreissen zu lassen, will Post-CEO Roberto Cirillo zweispurig fahren. Erstens effizienter werden, was ein Kostensparprogramm von 100 Millionen zur Folge haben soll. Zweitens sollen die Preise für Briefe und Pakete angehoben werden. Dafür setzte man sich in den kommenden Monaten mit dem Preisüberwacher zusammen. Der entscheidet am Ende, ob und in welchem Umfang die Preise angehoben werden.

Cirillo zeigt sich zuversichtlich, dass der Preisüberwacher den Antrag für höhere Preise versteht und diesen gestatten wird. Dies, obwohl der Konzern erst Anfang 2022 den Tarif für A-Post-Briefe um 10 und jenen für B-Post-Briefe um 5 Rappen nach oben geschraubt hat. 

Unternehmensstrategie hinterfragen

Samuel Rutz von der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse ist hingegen weniger optimistisch, dass der Preisüberwacher den Antrag gutheissen wird: «Die Preise wurden zuvor fast 20 Jahre nicht verändert, da kann ich mir kaum vorstellen, dass ein Jahr später eine erneute Erhöhung durchkommt.»

Zur Person
Samuel Rutz
Avenir Suisse

Dr. Samuel Rutz beschäftigt sich als Senior Fellow und Leiter Programmplanung & Forschung schwerpunktmässig mit Privatisierung, Wettbewerbs- sowie Regulierungsfragen. Nach dem VWL-Studium an der Universität Zürich und mehreren Jahren als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Wirtschaftsforschung der ETH, arbeitete er bei der Wettbewerbskommission, ab 2005 als Chefökonom und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung.

Vielmehr lohne sich zu hinterfragen, ob die Unternehmensstrategie 2021–2024, die vom Bundesrat abgesegnet wurde, noch zweckführend ist, so Rutz.

Damit meint Rutz, insbesondere den nach wie vor bestehenden Fokus auf den Grundauftrag der Post, obwohl die entsprechenden Leistungen seit Jahren rückläufig sind. Die Anfang 2022 vorgenommenen Preiserhöhungen verblassten angesichts des geschrumpften Briefvolumens von 3,7 Prozent. 

Das hatte zur Folge, dass das Logistikgeschäft schlechter abschnitt. Mit dem Versenden und Zustellen von Briefen und Paketen hat der Konzern knapp einen Viertel oder 107 Millionen Franken weniger verdient. Die gestiegenen Personalkosten aufgrund Firmenübernahmen (Expansionsstrategie) drückten das Bilanzergebnis ebenfalls.

Und auch der Betriebsgewinn der Postfinance ist um 43 Millionen gesunken. Weil das Gesetz der Bank Hypothek- und Kreditgeschäfte verbietet, hatte Postfinance während der Ära der Negativzinsen mehr zu kämpfen als ihre Konkurrenten, erklärt Rutz. Immerhin: Langfristig betrachtet dürfte sich dies laut dem Experten ändern, da die Schweizerische Nationalbank seit vergangenem September wieder zum positiven Leitzins zurückgekehrt ist.

Der Grundauftrag der Post

1) Die Grundversorgung mit Postdiensten: Der Auftrag umfasst das Versenden und Zustellen von adressierten Briefen, Paketen und Zeitschriften.
2) Die Grundversorgung im Zahlungsverkehr: Die Post muss Zahlungsverkehrsdienstleistungen allen natürlichen und juristischen Personen mit Sitz in der Schweiz anbieten. Für 90 Prozent der Bevölkerung müssen die Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs zu Fuss oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb von 20 Minuten erreichbar sein.

Die Post finanziert die Grundversorgung mit ihren Erträgen aus den Postdiensten und den Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs inner- und ausserhalb der Grundversorgung. Postexterne Mittel sind vom Gesetz nicht vorgesehen.

Bundesrat lässt externe Zweitmeinung einholen

Wie soll es mit der Post nun weitergehen, wenn die Wachstumsstrategie nicht die erhofften Ergebnisse bringt?

Laut Rutz bleiben der Post mit ihrem Grundauftrag drei Möglichkeiten, in einem schwierigen Umfeld ein besseres Betriebsergebnis zu liefern. Und zwar über Leistungsabbau, Preiserhöhungen und Expansion in neue Märkte. Bis auf den Leistungsabbau sind das alles Massnahmen, die die Post zuletzt bereits ergriffen hat. 

Da stelle sich schon die Frage, ob und wann der heutige Grundversorgungsauftrag hinfällig werde, so Rutz. Er fordert deshalb eine Debatte in Gesellschaft und Politik, was man in Zukunft von der Post will.

Den Bundesrat scheint diese Notwendigkeit bereits umzutreiben: Im Sommer 2022 erhielt die Post von ihm einen Bericht, in dem die Strategie des Staatsbetriebs kritisch überprüft wird.

In einem zweiten Schritt will der Bundesrat nun eine externe Zweitmeinung einholen.

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