Obergericht bremst Stadt aus Frau darf in Zürich weiter alleine in Sechszimmerhaus wohnen

phi

12.4.2024

Diese Dame, die in ihrer Küche sitzt, hat mit den beschriebenen Fällen rein gar nichts zu tun. Das Foto, das zudem noch in Winterthur und nicht in Zürich entstanden ist, dient hier nur als Symbolbild.
Diese Dame, die in ihrer Küche sitzt, hat mit den beschriebenen Fällen rein gar nichts zu tun. Das Foto, das zudem noch in Winterthur und nicht in Zürich entstanden ist, dient hier nur als Symbolbild.
Bild: Keystone

Zürich wollte Mietenden städtischen Wohnraums, die zu viel verdienen oder alleine sechs Zimmer bewohnen, neue Regeln vorschreiben. Nun hat das Obergericht das unterbunden, weil die Leute schon so lange dort leben.

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  • Die Stadt Zürich hat ihre Vermietungsverordnung (VGV) zum 1. Januar 2019 gestrafft.
  • Alle zuvor abgeschlossenen Mietverträge sollten bis zum 1. Januar 2024 angepasst sein.
  • Dagegen sind zwei Personen vorgegangen: Der eine verdiente wohl zu viel für seine Wohnung, die andere lebte alleine in einem Sechszimmerhaus.
  • Das Zürcher Obergericht hat die nachträglichen Änderungen durch die Stadt nun als «unzumutbar» verworfen, doch ein Rekurs vor dem Bundesgericht wurde bereits abgekündigt.

In Zürich gibt es rund 10'000 städtische Wohnungen. Wer dort wie viele Zimmer beziehen kann, ist in der Vermietungsverordnung (VGV) festgelegt, die seit 2019 gilt: So soll die Zahl der Mietenden die Anzahl der Zimmer nur um eins unterschreiten. Wer alleine lebt, darf also höchstens eine Zweizimmerwohnung beziehen.

Auch auf das Einkommen wird geschaut: Es darf die sechsfache Bruttomiete nicht übersteigen. Vermögen über 200'000 Franken werden zum Teil aufs Einkommen angerechnet, weiss der «Tages-Anzeiger». Rund 4'900 Verträge wurden abgeschlossen, bevor die VGV vor fünf Jahren verschärft wurde. Rund 2'700 Verträge wurden danach abgeschlossen.

Wer seine Wohnung vor dem 1. Januar 2019 angemietet hat, hat fünf Jahre Zeit bekommen, die neue VGV zu akzeptieren und entsprechende Angaben einzureichen. Die Stadt darf diese anschliessend überprüfen – zum Beispiel beim Steueramt. Werden die Kriterien nicht mehr erfüllt, werden den betroffenen Mietenden zwei «zumutbare» Ersatzwohnungen angeboten.

Wenn man diese aber ablehnt, droht die Kündigung. Nach Ablauf der Frist am 1. Januar 2024 gab es 50 Personen, die die VGV-Änderungen nicht akzeptieren. Mit 48 von ihnen konnte sich die Stadt noch einigen. Doch zwei Mietende zogen zunächst vor das Mietergericht – und haben mit ihren Einsprüchen nun auch vor dem Obergericht recht bekommen.

Zum einen geht es um eine Frau, die vor 29 Jahren mit ihrem Mann ein Sechszimmerhaus bezogen hat, für das sie 2'860 Franken monatlich zahlten. Der Gatte ist inzwischen verstorben. Die Betroffene müsste sich nun vier Mitbewohnende suchen oder aber in eine Zweizimmerwohnung ziehen.

Zum anderen geht es um einen Mieter, der für monatlich 2'493 Franken in einer Dachwohnung mit dreieinhalb Zimmern lebt. Offenbar verdient der Mann zu viel. Doch für beide Parteien bleibt vorerst alles, wie es ist, nachdem das Zürcher Obergericht die Stadt in die Schranken gewiesen hat.

Die nachträglichen Änderungen im VGV seien nicht zumutbar, urteilte das Obergericht. Das Einkommen dürfe wie im Fall des Mieters nicht plötzlich zum Kündigungsgrund werden. Mit Blick auf die Mieterin hiess es, die Vorgabe, vier neue Mitbewohnende zu suchen, verletzte die Privatsphäre der Frau und sei ebenfalls unzumutbar.

Noch nicht einmal die Möglichkeit zur Untervermietung könne die Stadt einschränken: Das verstosse gegen Bundesrecht. Diese Rechtssprechung bedeutet in der Praxis, dass keiner der vor dem 1. Januar 2019 geschlossenen Verträge wie vorgesehen verändert werden darf.

Die Stadt setzt die Kontrolle bei diesen Verträgen nun vorerst aus, doch sie zieht das Urteil auch weiter vors Bundesgericht.