F/A-18-Crash am Sustenpass Fluglotse verurteilt, Pilot freigesprochen

tbz/sda

9.1.2024

Ein Helikopter der Schweizer Rettungsflugwacht REGA sucht nach dem vermissten F/A-18 Piloten neben Wrackteilen des Militaerflugzeugs ueber dem Chelengletscher oestlich des Hinter Tierberg.
Ein Helikopter der Schweizer Rettungsflugwacht REGA sucht nach dem vermissten F/A-18 Piloten neben Wrackteilen des Militaerflugzeugs ueber dem Chelengletscher oestlich des Hinter Tierberg.
Bild: KEYSTONE

Ende August 2016 starb ein F/A-18-Kampfjet-Pilot nach einer Kollision mit der westlichen Bergflanke des Hinter Tierbergs in der Sustenpass-Region. Nun wurde ein Fluglotse verurteilt, ein zweiter Pilot wurde freigesprochen.

tbz/sda

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  • Das Militärgericht spricht den Fluglotsen im Fall Sustenpass der fahrlässigen Tötung schuldig. Er wird zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 170 Franken verurteilt. Zudem muss er Gerichtskosten in Höhe von 40'000 Franken bezahlen.
  • Der angeklagte Pilot wird freigesprochen.
  • Beim Crash einer F/A-18 im August 2016 kam der Pilot ums Leben.
  • Zum Unglück führten fehlerhafte Flughöhenangaben des Lotsen.

Das Militärgericht findet in der Verhandlung um den Kampfjet-Absturz am Sustenpass einen Schuldigen. Der angeklagte Fluglotse, der den fatalen Funkspruch abgesetzt hatte, wird wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt – der Pilot, der mit dem Verstorbenen Patrouille flog, wird freigesprochen.

Der Fluglotse wird der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen und zu einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 170 Franken verurteilt. Er muss zudem von den insgesamt knapp 79'000 Franken Gerichtskosten einen Anteil von 40'295 Franken bezahlen.

Die übrigen Verfahren, unter anderem wegen fahrlässiger Nichtbefolgung von Dienstvorschriften und Verschleuderung von Material wurden eingestellt.

Massiv zu niedrige Flughöhe

Das Gericht sah den Fluglotsen im Gegensatz zum anführenden Militärpiloten in einer Mitverantwortung für den tödlichen Unfall. Auch wenn man einbeziehe, dass bei ihm viele unglückliche Umstände zusammengelaufen seien, habe er aus Sicht des Gerichts einen verheerenden Fehlentscheid getroffen, sagte der vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung.

«Es ging um eine Entscheidung, die in Sekunden getroffen werden musste», so Gerichtspräsident Hofer laut «Blick». Der Fehlentscheid habe darin bestanden, dass er dem später verunglückten Piloten auf Rücksprache eine falsche, das heisst massiv zu niedrige Mindestflughöhe angegeben habe. Der Versuch, diesen Fehler zu korrigieren, kam dann zu spät. Dies sei beim angeklagten Piloten anders – er trage keinen strafrechtlich relevanten Beitrag am Unglück.

Dass sich die Abflugprofile der beiden Flugzeuge stark unterschieden und so die Radar-Kopplung unmöglich wurde, sei ein Unglück, so Hofer. Nach Ansicht des Gerichts bestehe im Abflugverhalten jedoch kein strafrechtlich relevanter Beitrag des Piloten, der deshalb von allen Vorwürfen freigesprochen wurde.

Was war passiert?

Ende August 2016 kollidierte ein F/A-18 Kampfjet mit der westlichen Bergflanke des Hinter Tierbergs in der Sustenpass-Region. Der Pilot des Militärflugzeugs kam dabei ums Leben, das Flugzeug wurde vollständig zerstört. Heute ist klar: Der 27-jährige Pilot flog zu niedrig, weil ihm eine falsche Flughöhe mitgeteilt wurde.

Beide Piloten starteten innerhalb von 15 Sekunden auf dem Militärflugplatz Meiringen. Der erfahrene Pilot und Fluglehrer, genannt «Leader», hob zuerst ab, gefolgt von einem 27-jährigen Piloten, genannt «Trailer», der kurz vor dem Abschluss seiner Umschulung zum F/A-18-Piloten stand, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet.

Das Wetter war nass und trüb, aber die Sicht in Meiringen war gut. Ab einer Höhe von etwa 1'500 Metern verhinderte jedoch eine geschlossene Wolkendecke die Sicht auf die umliegenden Berge. Nach dem Start versuchte der «Trailer», seinen Radar mit jenem des «Leaders» zu synchronisieren, um ihm durch die Wolkendecke zu folgen.

Dies gelang ihm nicht, weshalb er den Tower in Meiringen kontaktierte und weitere Anweisungen erbat. Der Fluglotse wies ihn an, auf Flughöhe 100 zu fliegen, was 10'000 Fuss oder 3048 Meter über dem Meeresspiegel entspricht. In diesem Bereich wäre jedoch eine Flughöhe von 150, das heisst 15'000 Fuss, angemessen gewesen.

Ein Helikopter der Schweizer Armee sucht nach dem vermissten F/A-18 Piloten neben Wrackteilen des Militaerflugzeugs.
Ein Helikopter der Schweizer Armee sucht nach dem vermissten F/A-18 Piloten neben Wrackteilen des Militaerflugzeugs.
Keystone/Philipp Schmidli

Der Pilot folgte den Anweisungen und wechselte auf den Funkkanal der Flugsicherung in Dübendorf. Währenddessen bemerkte der Fluglotse seinen Fehler, kontaktierte Dübendorf telefonisch und erhielt die Nachricht: Der Pilot war mit dem Hinter Tierberg kollidiert, 58 Sekunden nach dem verhängnisvollen Funkspruch.

Seit diesem Unglück sind über sieben Jahre vergangen. Diese Woche findet die Verhandlung statt. Die Untersuchung gestaltete sich schwierig, da die Blackbox der F/A-18 durch den starken Aufprall völlig zerstört wurde. Daher konnten keine Flugdaten ausgewertet werden. Stattdessen wurden Funkaufnahmen, Zeugenaussagen und die Expertise verschiedener Fachleute herangezogen, wodurch 5'500 Seiten Akten entstanden.