Thierry Burkart über Kriegsfolgen«Immer wieder Extrarunden»: FDP-Chef kritisiert den Bundesrat
gbi/SDA
24.7.2022
Ob Sanktionen oder Kriegsverletzte: Im Bundesrat herrsche «Silodenken» statt Zusammenarbeit vor, sagt FDP-Präsident Thierry Burkart. Zudem stört er sich an Politiker*innen, die Kiew gute Ratschläge erteilen wollen
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24.07.2022, 10:45
24.07.2022, 11:38
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Um den Krieg in der Ukraine zu beenden, sollte Kiew mit Russland verhandeln und womöglich sogar einige Regionen aufgeben – das raten Politiker*innen in der Schweiz, aber auch anderen westlichen Ländern der ukrainischen Staatsführung. Solchen Äusserungen kann FDP-Parteipräsident Thierry Burkart jedoch nichts abgewinnen.
«Russland hat einen souveränen Staat angegriffen. Diese völkerrechtswidrige Invasion hat die Nachkriegsordnung Europas zerstört, nichts weniger», erklärt Burkart in einem Interview mit dem «SonntagsBlick». «Die Einzigen, die entscheiden, ob sie ihr Land verteidigen oder ob sie verhandeln, sind die Ukrainer. Niemand anderes hat das Recht, darüber zu befinden.»
Die Geschichte zeige, dass sich Aggressoren nicht im Zaum halten liessen, indem man ihre Forderungen erfülle. Aus seiner Sicht verbiete es sich daher, «vom gemütlichen Schweizer Wohnzimmer aus die Ukraine aufzufordern, unter Abtretung eines Teils ihres Staatsgebiets für einen Verhandlungsfrieden Hand zu bieten, damit es uns besser geht».
Bundesrat brauche «immer wieder Extrarunden»
Der Bundesrat agiere bei der Bewältigung der Folgen des Krieges nicht immer glücklich, beobachtet Burkart. Er bedauere, «dass es immer wieder Extrarunden braucht, bis der Bundesrat die richtige Entscheidung fällt», sagt er mit Blick auf die Diskussion um die Aufnahme ukrainischer Kriegsverletzter oder die Übernahme von EU-Sanktionen.
Er habe den Eindruck, «dass die Zusammenarbeit unter den Departementen nicht optimal funktioniert und immer wieder Kompetenzstreitigkeiten auftreten». Er erkenne ein «Silodenken» bei den Bundesratsmitgliedern, das müsse besser werden.
AKW müssten «so lange laufen, wie Sicherheit garantiert ist»
Auch der drohende Stromengpass ist ein Thema. Hier plädiert Burkart für einen Mix an Massnahmen – wobei die Rahmenbedingungen für Atomkraftwerke verbessert werden müssten. «Damit wir in unserem Land genügend Strom haben, müssen sie so lange laufen, wie ihre Sicherheit garantiert ist», sagte der Aargauer.
Die regulatorischen Rahmenbedingungen müssten dabei so ausgestalten sein, dass die notwendigen Investitionen in die Sicherheit dieser Anlagen für die Betreiber wirtschaftlich attraktiv seien. «Denn bis die Erneuerbaren die Kernkraft ersetzen können, wird es – falls überhaupt einmal möglich – noch einige Jahre dauern.»
Es brauche einen möglichst breiten Energiemix, glaubt der FDP-Chef. Prioritär müsse dabei der Ausbau der erneuerbaren Energien forciert werden. Das heisst: «Für den raschen Ausbau von erneuerbaren Energien sind die gesetzlichen Hürden dringend abzubauen.»