Omikron-Welle im Tessin Personal-Ausfälle bringen Spitäler und den ÖV ans Limit

4.1.2022

Behandlung von Covid-Patienten im Spital von Lugano. (Archiv)
Behandlung von Covid-Patienten im Spital von Lugano. (Archiv)
Bild: Keystone

Im Tessin befinden sich derzeit rund 25'000 Personen in Quarantäne – das hat Auswirkungen auf den ÖV und die Versorgung in den Spitälern. In Locarno und Mendrisio müssen pädiatrische Notaufnahmen bereits temporär schliessen.

Bei einer Bevölkerung von rund 350'000 Personen im Tessin werden bereits mehrere Tage in Folge mehr als 1'000 Neuinfektionen registriert. Etwa 25'000 Personen befinden sich im Kanton in Isolation oder Quarantäne, weil sie entweder sich selbst angesteckt haben oder aber mit Infizierten in Kontakt kamen.

Wie Radiotelevisione Svizzera RSI berichtet, wirken sich diese Zahlen inzwischen auf öffentliche Dienstleistungen wie den ÖV, die Postdienste und die Spitalversorgung aus. So hat in Locarno das Nahverkehrsunternehmen Ferrovie Autolinee Regionali Ticinesi (Fart) seit Montag den Fahrplan eingeschränkt. Rund 20 von 140 Fahrern sind erkrankt, weshalb die Buslinien nicht mehr im herkömmlichen 10-Minuten-Takt bedient werden können. Nun gilt der 15-Minuten-Takt, wie er an Sonn- und Feiertagen vorgesehen ist.

Ähnlich verhält es sich beim Transportunternehmen Tilo, das zwei Strecken gestrichen hat. Weil hier rund 10 Prozent der etwa 130 Lokführer krank sind oder sich in Quarantäne befinden, fällt die S10 zwischen Chiasso und Como San Giovanni in beiden Richtungen aus. Auch die S40, die Como via Mendrisio mit Varese verbindet, verkehrt derzeit nicht zwischen Como und Varese.

«Zunehmend angespannte» Situation bei den SBB

Ebenfalls ist die Situation bei den SBB gemäss einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme auf der Website «zunehmend angespannt». Die Zahl der krankheitsbedingten Ausfälle nehme zu und teilweise bestünden «keine personellen Reserven» mehr. Einzelne Zugausfälle «infolge kurzfristiger Krankmeldungen» seien in den nächsten Tagen nicht ausgeschlossen.

Insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr mit den Nachbarländern komme es wegen fehlenden Fahrpersonals im Ausland zu Fahrplanänderungen, schreiben die SBB abschliessend. Reisende werden gebeten, kurz vor Abfahrt den Online-Fahrplan zu konsultieren.

Postauto hat sein Angebot aufgrund abwesender Mitarbeiter noch nicht reduziert, obwohl das Unternehmen im Tessin diesbezüglich die grössten Probleme hat. Sorgen bereitet hier aber der Schulstart am kommenden Montag, wenn die Services wieder stärker genutzt werden.

Bessere Situation in der Region Lugano

Optimistischer ist man in der Region Lugano, wo die Verkehrsgesellschaften Autolinee Regionali Luganesi (ARL) und Trasporti Pubblici Luganesi (TPL) bislang noch nicht ins Schlingern kommen. Für die Busse gilt hier der vom Bundesamt für Verkehr herausgegebene Schutzplan, der eine physische Trennung des Fahrers vorsieht. In einigen Fällen bei der TPL bleibt zudem die Vordertür verschlossen. Für die Fahrer besteht aber noch keine besondere Verpflichtung zum Tragen einer Maske.

Laut RSI sieht sich auch die Schweizerische Post mit coronabedingten Abwesenheiten der Mitarbeitenden konfrontiert. allerdings noch auf einem recht geringen Niveau. Die Situation habe noch keine Auswirkungen auf die verschiedenen Dienstleistungen, hiess es vonseiten der Post.

Prekäre Situation in den Spitälern

Covid-bedingte Fehlzeiten wirken sich auch auf die Personalsituation der Spitäler im Tessin aus. Die Dachorganisation Ente Ospedaliero Cantonale (EOC) macht deshalb – wie bereits in früheren Corona-Wellen – von einer Sonderregelung Gebrauch: Man ruft hier bereits wieder medizinisches Personal zurück, das zwar unter Quarantäne gestellt, dabei aber negativ getestet wurde.

Laut Mattia Lepori, dem stellvertretenden Leiter des medizinischen Bereichs des EOC, liegt der Krankenstand beim medizinischen Personal momentan «in der Grössenordnung von 10 bis 11 Prozent, wobei hauptsächlich Personen wegen Covid-Infektionen isoliert wurden. Wir verzeichnen aber auch eine recht hohe Zahl von Erkrankungen, die nicht mit Covid zusammenhängen», sagte Lepori.

Diese angespannte Mitarbeiter-Situation hat inzwischen zur nächtlichen Schliessung der pädiatrischer Notfallstationen in Mendrisio und Locarno geführt. Auch bei der Klinik Lugano Moncucco knirscht es bereits in personeller Hinsicht.

Testmangel

Die Spitäler machen sich bereits Gedanken, wie sie mit weiteren Personalreduktionen umgehen sollen. Besonders gilt das im Fall von planbaren Operationen, die wohl verschoben werden. Entsprechende Schritte erachtet auch das EOC für notwendig – vor allem in der nächsten Woche, wenn die Weihnachtsferien zu Ende sind.

Ein weiteres Thema, dem bisher nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde – wo sich indes ein zusätzliches Problem abzeichnet, ist das Testangebot: Derzeit können im Tessin nämlich maximal 3'500 Corona-Tests am Tag durchgeführt werden. Angesichts der vielen Ansteckungen dürfte das nicht ausreichen.

Swisstxt/pab/uri/SDA