«Haben keine Vorabinfo erhalten» Erbin stellt über 100 Mieter auf die Strasse

Sven Ziegler

20.12.2024

An der Döltschihalde müssen 100 Personen ihr Zuhause verlassen.
An der Döltschihalde müssen 100 Personen ihr Zuhause verlassen.
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In der Stadt Zürich stehen bald über 100 Mieter auf der Strasse. Die Betroffenen bangen um ihre Zukunft.

Sven Ziegler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • 58 Mietparteien verlieren bis 2025 ihre Wohnungen an der Döltschihalde wegen geplanter Totalsanierungen.
  • Der Mieterinnen- und Mieterverband kritisiert fehlende Alternativen und mangelnde Unterstützung für die Betroffenen.
  • Mietende hoffen auf ein Rückkehrrecht, doch weder Mietpreise noch konkrete Zusicherungen sind bekannt.

In der Siedlung an der Döltschihalde in Zürich-Wiedikon spitzt sich ein Konflikt zu: Über 100 Menschen, verteilt auf 58 Mietparteien, haben Ende November die Kündigung ihres Vertrags erhalten. Die Eigentümerin plant eine umfassende Sanierung, die Mietenden bangen jetzt um ihre Existenz und prüfen rechtliche Schritte.

Die Siedlung am Fuss des Uetliberg galt lange als ruhiger Rückzugsort mit gemeinschaftlichem Flair. Viele der Mietenden kennen die Eigentümerin persönlich, da sie einst selbst dort lebte. Umso grösser ist nun die Enttäuschung. «Wir haben nicht einmal eine Vorabinformation erhalten», berichtet ein Betroffener dem «Tagesanzeiger».

Besonders Familien und ältere Menschen, die seit Jahrzehnten dort wohnen, fühlen sich existenziell bedroht. Sie bezahlen Mieten, die deutlich unter dem stadtzürcher Schnitt liegen. Wohnraum in der gleichen Preislage zu finden, ist nahezu unmöglich.

Zwei Eigentümer, zwei Philosophien

Die Siedlung gehört zwei Erben, die unterschiedliche Wege eingeschlagen haben. Während der eine Eigentümer durch regelmässige Renovierungen den Zustand seiner Gebäude aufrechterhält und keine Leerkündigungen ausspricht, setzt die andere Partei auf eine Totalsanierung. Diese umfasst bauliche Veränderungen wie die Aufstockung der Häuser um ein Stockwerk, die laut dem Mann der Eigentümerin nicht in bewohntem Zustand umsetzbar seien.

Der Zürcher Mieterinnen- und Mieterverband kritisiert die Vorgehensweise. Sprecher Walter Angst betont im «Tagesanzeiger», dass eine schrittweise Sanierung den Mietenden hätte ermöglichen können, in der Siedlung zu bleiben. Auch Aufstockungen könnten unter bestimmten Bedingungen auch durchgeführt werden, während das Gebäude bewohnt ist.

Das aktuelle Angebot der Eigentümerin, das in der Stadt bei Leerkündigungen üblich sei, bezeichnet Angst als wenig sozialverträglich, da Unterstützung bei der Wohnungssuche fehle.

Reaktionen und Perspektiven

Einige Mietende planen, die Kündigung vor der Schlichtungsstelle anzufechten, um eine Verlängerung der Frist bis zum tatsächlichen Baustart zu erreichen. Andere wollen Konflikte vermeiden, um ihre Chancen auf eine Rückkehr in die sanierten Wohnungen nicht zu gefährden. Doch die Ungewissheit bleibt: Weder künftige Mietpreise noch ein Rückkehrrecht sind bislang zugesichert. Für viele steht fest, dass der Verlust ihrer Heimat unwiderruflich ist.

Der Fall an der Döltschihalde erinnert an ähnliche Massenkündigungen in der Stadt, darunter der viel diskutierte Rauswurf der Bewohner*innen mehrerer Sugus-Häuser.