Bundesrats-Entscheide im Überblick Auch wer E-Zigi dampft, soll eine Tabaksteuer berappen

gg, sda

26.10.2022 - 14:10

E-Zigaretten sind mit Blick auf die Gesundheit im Vergleich zu Zigaretten das kleinere Übel. Harmlos sind sie deshalb aber nicht. (Archiv)
E-Zigaretten sind mit Blick auf die Gesundheit im Vergleich zu Zigaretten das kleinere Übel. Harmlos sind sie deshalb aber nicht. (Archiv)
Bild: Mascha Brichta/dpa-tmn

Konsument*innen von E-Zigaretten sollen künftig eine Tabaksteuer entrichten. Bei der Schweizer Neutralitätspolitik sieht der Bundesrat hingegen keinen Handlungsbedarf. Die jüngsten Entscheide.

Gesundheitswesen

Die Weiterbildung zur medizinischen Praxiskoordinatorin respektive zum Praxiskoordinator hat sich aus Sicht des Bundesrats bewährt. Sie erfülle die Erwartungen, lautet das Fazit eines Postulatsberichts, den die Landesregierung am Mittwoch verabschiedete. Es bestehe kein Handlungsbedarf, teilte sie mit. Die Weiterbildung steht medizinischen Praxisassistentinnen und -assistenten seit 2015 offen. Eines der Ziele ist, diese vermehrt bei der Betreuung chronisch kranker Menschen einzusetzen.

Innovationsförderung

Die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung Innosuisse kann künftig Innovationsprojekte von Jungunternehmen zur Vorbereitung ihres erstmaligen Markteintritts fördern. Die heutige Förderpalette von Innosuisse für Start-ups werde dadurch mit einem wichtigen Element ergänzt, schreibt der Bundesrat zu einer entsprechenden Verordnungsänderung. Die Regierung hat daneben die Totalrevision der Beitragsverordnung von Innosuisse genehmigt. Demnach haben sich Unternehmen bei Innovationsprojekten künftig mit Eigenleistungen im Umfang von vierzig bis sechzig Prozent an den direkten Gesamtprojektkosten zu beteiligen. Alle Verordnungsbestimmungen sollen zusammen mit dem revidierten Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG) am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Hinterbliebene

Stirbt die Mutter eines Kindes kurz nach dessen Geburt, soll der hinterbliebene Vater künftig 14 Wochen Mutterschaftsurlaub beziehen können. Dies will der Bundesrat. Er hat zu einer Vorlage der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) Stellung genommen. Wie andere Väter auch sollen Betroffene zudem zwei Wochen Vaterschaftsurlaub frei beziehen können. Eine Besserstellung will die Landesregierung auch für hinterbliebene Mütter: Stirbt der Vater eines Kindes innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt, sollen auch sie Anspruch auf insgesamt 16 statt nur 14 Wochen Urlaub haben

Nationalbank

Der Bundesrat will das Mandat der Schweizerischen Nationalbank (SNB) nicht auf klimapolitische Ziele ausweiten. Die SNB berücksichtige bereits Klima-, Umwelt- und andere Nachhaltigkeitsaspekte, sofern diese die Preis- und Finanzstabilität tangierten oder finanzielle Risiken für die SNB beinhalteten, teilte die Regierung am Mittwoch im Rahmen der Veröffentlichung des Berichts «Die Schweizerische Nationalbank und die Nachhaltigkeitsziele der Schweiz» mit. Die SNB verfüge über ein hohes Mass an Unabhängigkeit. Ihr Mandat beschränke sich auf die Preisstabilität, schrieb der Bundesrat dazu. Eine Erweiterung des Mandats der SNB würde unausweichlich zu Konflikten mit dem Ziel der Preisstabilität führen und die Geldpolitik verpolitisieren.

Entwicklungshilfe

Die Infrastruktur in Entwicklungsländern in Subsahara-Afrika und Süd- und Südostasien soll mit der Hilfe der Schweiz verbessert werden. Der Bundesrat hat einen Beitrag von 75 Millionen Dollar gesprochen. Das Geld stammt aus dem Rahmenkredit «Entwicklungszusammenarbeit». Zugute kommt der Beitrag der Private Infrastructure Development Group (PIDG). Die Organisation mobilisiert Kapital des Privatsektors für den Bau von nachhaltiger Basis-Infrastruktur, wie der Bundesrat in einer Mitteilung schreibt. Die Schweiz unterstützt die PIDG seit ihrer Gründung 2002.

Solarstrom auf Bundesgebäuden

Bis ins Jahr 2034 sollen auf allen geeigneten Gebäuden des Bundes Solarzellen installiert werden. Damit soll die Energieautonomie der Bundesimmobilien erhöht werden. Das schreibt der Bundesrat in einem Bericht. Mit der Fotovoltaik-Offensive will der Bund künftig 87 statt 13 Gigawattstunden Energie aus der Sonne gewinnen. Die Kosten für die Installationen werden auf 143,4 Millionen Franken geschätzt. Der Bund will mit einem Online-Monitor den Ausbaustand regelmässig dokumentieren. Den Stein ins Rollen gebracht hatte das Parlament mit zwei überwiesenen Motionen.

Milliardenloch in der Bundeskasse erwartet

Der Bund rechnet für das laufende Jahr mit einem Defizit von 4,1 Milliarden Franken. Der Bundesrat ist über die entsprechende Hochrechnung der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) informiert worden. Sie basiert auf den Zahlen bis Ende September. Der Fehlbetrag ergebe sich hauptsächlich durch die hohen ausserordentlichen Ausgaben im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, hiess es.

In ihrer letzten Hochrechnung war die EFV noch von einem Defizit von 5 Milliarden Franken ausgegangen. Budgetiert war ursprünglich ein Minus von 2,3 Milliarden Franken.

Keine Abstimmung am 12. März

Der für eine eidgenössische Volksabstimmung reservierte Termin vom 12. März 2023 wird ungenutzt bleiben, da keine Erlasse des Bundes zur Abstimmung vorliegen. Das teilte der Bundesrat am Mittwoch mit.

Der nächstfolgende Abstimmungstermin und damit der letzte vor den Parlamentswahlen im Herbst ist der 18. Juni 2023. Der Bundesrat wird zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, welche Vorlagen dann zur Abstimmung gelangen.

Sicher scheint, dass Volk und Stände dann über die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer entscheiden werden. Möglich ist auch eine Referendumsabstimmung zum neuen Klimaschutzgesetz, gegen welches die SVP aktuell Unterschriften sammelt.

Arbeitsmarkt

Der Bundesrat sieht die Schweiz auf gutem Weg, was Beratungsangebote für den beruflichen Wiedereinstieg angeht. Es sei wichtig, dass Mütter nach einer allfälligen Baby-Pause der Arbeitswelt erhalten blieben, teilte er am Mittwoch mit. Dies im Hinblick auf die Laufbahnentwicklung und soziale Absicherung der Betroffenen, aber auch angesichts des Fachkräftemangels. Anlass des Communiqués war die Verabschiedung eines Postulatsberichts. Demnach können die Bedürfnisse durch die bestehenden Berufsberatungsangebote der Kantone mehrheitlich abgedeckt werden.

Energie

Die budgetierten Ausgaben des Bundes für das Jahr 2023 wachsen um 4,05 Milliarden Franken. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom Mittwoch eine entsprechende Nachmeldung zum Voranschlag 2023 genehmigt. Vier Milliarden davon gingen auf den Rettungsschirm für die Elektrizitätswirtschaft zurück, teilte der Bundesrat mit. Damit könne das Energieunternehmen Axpo im Rahmen der definierten Fristen auch 2023 bei Bedarf auf ein Bundesdarlehen zurückgreifen. Unter Berücksichtigung der Nachmeldungen ergebe sich für das Jahr 2023 ein Finanzierungsdefizit von 4,8 Milliarden Franken. Die Schuldenbremse werde aber im ordentlichen Haushalt weiterhin eingehalten.

Neutralität

Der Bundesrat hält eine Neuausrichtung der Schweizer Neutralitätspolitik nicht für notwendig, wie er nun bekräftigt hat. Die geltende Praxis biete genügend Spielraum, um auf die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs zu reagieren, teilte er anlässlich der Verabschiedung eines Postulatsberichts zum Thema mit. Ähnlich hatte sich die Landesregierung bereits im September geäussert und eine Neudefinition im Sinne des von Bundespräsident Ignazio Cassis verwendeten Begriffs der «kooperativen Neutralität» abgelehnt.

Schengen-Einreisebestimmungen

Sachverständige sollen auch künftig vor Ort kontrollieren können, ob die Schengen-Einreisebestimmungen an Flughäfen oder die Beachtung des Datenschutzes beim Zugang zu Datenbanken eingehalten werden. Neu sollen für alle Akteure kurze, verbindliche Fristen eingeführt werden. Zudem sollen unangekündigte und thematische Schengen-Evaluierungen häufiger durchgeführt werden als bisher. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Vernehmlassung zur Übernahme einer neuen Rechtsgrundlage eröffnet. Die Grundprinzipien des bisherigen Verfahrens werden in der neuen Verordnung beibehalten, wie der Bundesrat schreibt. Die Vernehmlassung dauert bis am 9. Februar 2023.

E-Zigaretten

Konsumentinnen und Konsumenten von E-Zigaretten sollen künftig eine Tabaksteuer berappen müssen. Das sieht die Teilrevision des Tabaksteuergesetzes vor, deren Botschaft der Bundesrat verabschiedet hat. Die Steuer soll demnach dem geringeren Schädlichkeitspotenzial von E-Zigaretten Rechnung tragen und entsprechend tiefer sein als bei klassischen Tabakzigaretten.

Konkret soll der Steuersatz bei wiederverwertbaren E-Zigaretten 20 Rappen pro Milliliter nikotinhaltige Flüssigkeit betragen. Bei E-Zigaretten zum Einmalgebrauch beträgt der vorgeschlagene Steuersatz einen Franken pro Milliliter Flüssigkeit – unabhängig vom Nikotingehalt.

Naturschutz

Die Schweiz setzt sich auf internationaler Ebene für den Schutz der Biodiversität und der Gewässer in Feuchtgebieten ein. Der Bundesrat hat das Mandat für die 14. Tagung der Vertragsparteienkonferenz des Übereinkommens über Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung verabschiedet. Das Treffen wird vom 5. bis 13. November online durchgeführt. In der Schweiz unterstehen elf Gebete dem Schutz der sogenannten Ramsar-Konvention. Das Abkommen wurde 1971 in der iranischen Stadt Ramsar geschlossen.

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