Covid-Zertifikat, russische Kohle, Strassenlärm Das hat der Bundesrat heute entschieden

su, sda

27.4.2022 - 13:25

Ab Montag berechtigt auch ein positiver Antigen-Schnelltest zu einem Covid-Zertifikat. (Archiv)
Ab Montag berechtigt auch ein positiver Antigen-Schnelltest zu einem Covid-Zertifikat. (Archiv)
Bild: Keystone

Ein Covid-Zertifikat gibt es ab Montag auch nach einem positiven Antigen-Schnelltest. Und in die Armee kann man künftig mit medizinischen Einschränkungen: Das und mehr hat der Bundesrat heute entschieden.

Weitere Sanktionen gegen Russland und Belarus

Die Schweiz hat das fünfte Sanktionspaket der EU gegen Russland und Belarus weitgehend umgesetzt. Dabei geht es etwa um ein Importverbot für Kohle und für weitere Güter, die Russland wichtige Einnahmen bringen. Weiter kommt ein Exportverbot für Kerosin und andere Güter hinzu, die zur Stärkung der industriellen Kapazitäten Russlands beitragen können.

Die Sanktionen treten laut dem Bundesrat am Mittwochabend um 18 Uhr in Kraft. Ausgeklammert hat der Bundesrat Verbote betreffend die Vergabe öffentlicher Aufträge an russische Staatsangehörige und in Russland niedergelassene Organisationen oder Einrichtungen. Die Umsetzung dieses Verbotes werfe verschiedene Fragen auf, die der Bundesrat zuerst geklärt haben wolle, hiess es zur Begründung. 

Strommarkt

Die Turbulenzen am Strommarkt wegen des Krieges in der Ukraine können die Liquidität systemkritischer Stromunternehmen gefährden. Der Bundesrat hat deshalb eine Vorlage für einen Rettungsschirm von zehn Milliarden Franken in die Vernehmlassung geschickt. Dieser Rettungsschirm käme ausschliesslich in Extremsituationen zum Einsatz. Systemkritische Unternehmen müssten sich ihm anschliessen. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Bundesdarlehen sind streng.

Covid-Gesetz soll verlängert werden

Der Bundesrat will einige Punkte aus dem Covid-19-Gesetz bis Sommer 2024 verlängern. Unter anderem geht es um die Entwicklung von Medikamenten, die Zertifikate für Auslandreisen und die Übernahme von Testkosten. Für die heute vom Bund bezahlten Tests sollen ab 2023 die Kantone aufkommen.

Der Bundesrat will mit der Verlängerung sicherstellen, dass einzelne Instrumente zur Bewältigung der Pandemie auch nach 2022 noch verfügbar sind. Trotz Stabilisierung der Lage geht er davon aus, dass es auch in Zukunft zu saisonalen Ausbrüchen des Virus Sars-CoV-2 kommen wird. Die Vorschläge sind bis 9. Mai in der Vernehmlassung.

Covid-Zertifikat nach Antigen-Schnelltest

Von Covid-19 Genesene erhalten das Covid-Zertifikat ab Montag auch nach einem positiven Antigen-Schnelltest. Das hat der Bundesrat entschieden und Regelungen der EU übernommen. Deshalb sind die Zertifikate neu international gültig. Ausgestellt werden sie auch rückwirkend per 1. Oktober 2021. Neben einem positiven Antigen-Schnelltest genügt neu auch eine laborbestätigte immunologische Analyse auf das Coronavirus Sars-CoV-2 für die Ausstellung des Genesenen-Zertifikats. Solche Zertifikate wurden in der Schweiz schon im Januar und Februar 2022 ausgestellt, waren aber damals nur im Inland gültig.

Personalie bei der Finanzkontrolle

Pascal Stirnimann wird neuer Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK). Er folgt auf Michel Houissoud, der Ende August das ordentliche Pensionsalter erreicht. Der Bundesrat hat Stirnimann am Mittwoch ernannt. Bevor er ab 1. September übernehmen kann, muss das Parlament zustimmen. Stirnimann verfüge über ein hervorragendes Wissen und viel Erfahrung im Revisionsbereich, in der Privatwirtschaft und in der Bundesverwaltung, schrieb der Bundesrat. Seit 2015 ist der Betriebsökonom FH und diplomierte Wirtschaftsprüfer als Leiter Interne und Externe Revision beim Bundesamt für Verkehr tätig.

Pascal Stirnimann wird neuer Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle.
Pascal Stirnimann wird neuer Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle.
Archivbild: Keystone

Wissenschaftliche Innovationen

Der Bundesrat hat der Förderagentur für wissenschaftsbasierte Innovation, Innosuisse, für das vergangene Jahr gute Noten erteilt. Trotz der schwierigen Umstände aufgrund der Corona-Pandemie hätten die Unternehmen ihre Innovationsaktivitäten weitergeführt, schreibt die Regierung in einer Mitteilung vom Mittwoch. Die Nachfrage bei der Förderung von Innovationsprojekten ist gemäss dem Jahresbericht gegenüber dem Vorjahr um rund 13 Prozent angestiegen. Im Weiteren leitete Innosuisse 2021 im Zusammenhang mit der aktuellen Nichtassoziierung der Schweiz ans EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe» kurzfristig umsetzbare Übergangsmassnahmen ein.

Casino-Konzessionen

Ende 2024 laufen alle bisher erteilten 21 Casino-Konzessionen aus. Im Hinblick auf die im Mai beginnende Neuausschreibung hat der Bundesrat beschlossen, zwei zusätzliche Spielzonen in Lausanne und Winterthur zu schaffen. Ansonsten gibt es nur punktuelle Anpassungen. Die Regierung hat diese Grundsatzentscheide zur Neuvergabe der Spielbankenkonzessionen getroffen. Zuvor hatte sie einen Bericht der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) über die Casinolandschaft Schweiz zur Kenntnis genommen. Wie die Kommission ist auch der Bundesrat der Meinung, dass das Konzessionssystem nicht grundlegend reformiert werden muss.

Elektronisches Patientendossier

Beim elektronischen Patientendossier harzt es seit Jahren. Nun nimmt der Bundesrat das Heft in die Hand. Er will das Dossier der Grundversicherung unterstellen. Damit erhält der Bund mehr Kompetenzen. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) mit der Ausarbeitung einer Vernehmlassungsvorlage beauftragt. Die Landesregierung stellte fest, dass es bei der Einführung des elektronischen Dossiers an einer klaren Aufgaben- und Kompentenzzuteilung fehlt. Auch die nachhaltige Finanzierung ist unsicher.

Berufsbildung

Der Bundesrat hat am Mittwoch den Geschäftsbericht der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung (EHB) genehmigt. Deren Jahr stand im Zeichen der Umwandlung von einem Hochschulinstitut in eine Hochschule. Diese Umwandlung vollzog sich am 1. August 2021. 2022 ist das Ziel, dass der Akkreditierungsrat die neue Hochschule als solche akkreditiert und damit den Schlusspunkt unter den Statuswechsel setzt.

Sexuelle Belästigung

Die Schweiz braucht bessere Daten zur sexuellen Belästigung. Dass es Lücken in den Statistiken gibt, liegt einerseits daran, dass nicht alle Studien dasselbe unter sexueller Belästigung verstehen. Anderseits melden sich nicht alle Opfer bei der Polizei. Das ist einem Bericht ans Parlament zu entnehmen, den der Bundesrat verabschiedet hat. Sexuelle Belästigung habe viele Formen, schrieb der Bundesrat. Es könne sich um sexistische Bemerkungen, das Verschicken von pornografischen Nachrichten oder auch um «körperliches Aufdrängen» handeln. In neun von zehn Fällen von sexueller Belästigung sind Frauen die Opfer.

Geheimnisschutz mit Nato

Die Schweiz und das Verteidigungsbündnis Nato arbeiten in gewissen Bereichen zusammen. Der Bundesrat hat eine Vereinbarung genehmigt, die den gegenseitigen Schutz von klassifizierten Informationen regelt. Die Vereinbarung besteht seit 1997 und bildet die Grundlage für die Teilnahme der Schweiz an friedensfördernden Operationen der KFOR im Kosovo. Wegen der Digitalisierung muss die Vereinbarung präzisiert werden.

Sozialversicherungsabkommen mit Grossbritannien

Das Parlament kann über das Sozialversicherungsabkommen befinden, das die Schweiz und Grossbritannien seit 1. November 2021 provisorisch bereits anwenden. Der Bundesrat hat den Räten die Botschaft zugestellt. Das Abkommen koordiniert die Sozialversicherungssysteme der beiden Staaten seit dem Brexit. Unter anderem sieht das neue Abkommen vor, Rentenleistungen ins Ausland zu exportieren. Ausnahme bleibt hier die Invalidenversicherung (IV). Damit das Abkommen definitiv in Kraft treten kann, muss es in beiden Vertragsstaaten von den Parlamenten bewilligt werden.

Schutz vor Strassenlärm

Der Bund unterstützt die Kantone auch in den kommenden zwei Jahren finanziell beim Schutz vor Strassenlärm. Der Fokus liegt auf Massnahmen an der Quelle, dazu gehören lärmarme Strassenbeläge oder Geschwindigkeitsreduktionen. Die Landesregierung hat am Mittwoch einen Kredit von 52 Millionen Franken bewilligt. Das entspricht gemäss Mitteilung rund einem Fünftel der von den Kantonen eingesetzten Mittel für Massnahmen gegen Strassenlärm. Laut dem Bund sind auch heute noch mehr als eine Million Menschen an ihrem Wohnort übermässigem Strassenlärm ausgesetzt. Dies, obwohl sich in den vergangenen zehn Jahren die kantonalen Investitionen verzehnfacht haben und die Zahl der geschützten Personen deutlich gestiegen ist.

Militärdienst mit medizinischer Einschränkung

Auch Personen mit medizinischer Einschränkung können Militär-, Zivil- und Zivilschutzdienst leisten. Bei der Tauglichkeitserfassung passt sich die Armee den gesellschaftlichen Entwicklungen an. Das hat der Bundesrat auf ein Postulat hin festgehalten. Seit 1995 gebe es die differenzierte Zuteilung, die es ermögliche, medizinisch Eingeschränkte im Militär zuzulassen, auch wenn sie nicht tragen, heben, marschieren oder schiessen können.

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