Experiment belegt Die Credit-Suisse-Pleite schadet der FDP nicht

red.

8.4.2023

Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Parteipräsident Thierry Burkart müssen nicht fürchten, dass die FDP wegen der Credit-Suisse-Pleite vom Stimmvolk abgestraft wird.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Parteipräsident Thierry Burkart müssen nicht fürchten, dass die FDP wegen der Credit-Suisse-Pleite vom Stimmvolk abgestraft wird.
Keystone/PETER SCHNEIDER

Wird der Absturz der Credit Suisse für die Freisinnigen zur Hypothek? blue News wollte es genau wissen und hat mit Politologen der Universität Zürich ein Experiment durchgeführt, das überraschende Resultate liefert.

red.

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Nach dem Credit-Suisse-Debakel wurde die FDP von der SVP und der Linken heftig attackiert.
  • Schaden in der Wählergunst haben die Freisinnigen aber nicht genommen, wie die jüngsten Kantonalwahlen zeigten.
  • Ein Experiment von blue News und den Politikwissenschaftlern Oliver Strijbis und Maxime Walder liefert eine verblüffende Erklärung dafür.

«Die SVP hat den Untergang der Credit Suisse dazu genutzt, Kampagne gegen den ‹FDP-Filz› zu machen», sagt Oliver Strijbis, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Zürich und der Franklin University Switzerland. Auch die Linke hat die bürgerlichen Parteien, inklusive der FDP, für Verfehlungen im Zusammenhang mit der Credit Suisse ins Visier genommen.

Dem Stimmvolk war die Kritik egal: «Bei den kantonalen Wahlen vom letzten Sonntag hat die FDP nur in Genf deutlich an Wählerstimmen verloren», so Strijbis. «Dies jedoch nicht wegen der Credit Suisse.»

Wieso aber schadet der Untergang der Credit Suisse der FDP nicht?

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, hat blue News gemeinsam mit Strijbis und Maxime Walder (Universität Genf) eine Umfrage durchgeführt, die auch ein Experiment war. Ziel des Versuchs war es, den Effekt der Ereignisse rund um den Kollaps der Credit Suisse auf die Wählerpräferenzen zu untersuchen.

Zusätzliche Informationen für «Experimentalgruppe»

Einem zufällig ausgewählten Teil der Teilnehmer*innen wurde vor der Umfrage ein kurzer Text mit einer Abbildung zu den Boni der CS-Kader zum Lesen gegeben. Diese Personen bildeten die «Experimentalgruppe».

Die «Kontrollgruppe» hingegen hat diese Informationen nicht bekommen. Hier wurden die Teilnehmer*innen lediglich danach gefragt, welche Themen ihnen am wichtigsten sind.

Später wurden beide Gruppen dann nach ihrer Wahlabsicht bei den Nationalratswahlen im Herbst befragt. «Der Vergleich der Gruppen erlaubt es zu untersuchen, welchen Einfluss das Thema der CS-Pleite und der Boni für die ehemaligen Kader auf die Wahlabsichten hat», erläutert Oliver Strijbis den Aufbau des Experiments.

Credit Suisse-Pleite hat keine Auswirkungen

Weil die Frage nach der Wahlintention kurz nach dem Text zur Credit Suisse gestellt wurde, dürften viele Umfrageteilnehmer der Experimentalgruppe dieses Thema noch präsent gehabt haben. Dadurch liesse sich herausfinden, welcher Partei es hilft und welcher es schadet, wenn die Wähler*innen mit diesem Thema konfrontiert werden, so Strijbis.

Für die von rechts und links gescholtene FDP jedenfalls, das zeigen die Ergebnisse, hat die CS-Pleite keine Auswirkungen. Die Wahlabsichten der 1286 Umfrageteilnehmer*innen der Experimentalgruppe und der Kontrollgruppe unterscheiden sich kaum.

Wahlintentionen für die Nationalratswahlen 2023, unterschieden nach Experimentalgruppe und Kontrollgruppe.
Wahlintentionen für die Nationalratswahlen 2023, unterschieden nach Experimentalgruppe und Kontrollgruppe.
Quelle/Grafik: Oliver Strijbis und Maxime Walder

«Interessanterweise zeigt sich, dass Personen aus der Experimentalgruppe nicht weniger geneigt sind die FDP zu wählen als jene aus der Kontrollgruppe», analysiert Strijbis. Zudem, so der Politikwissenschaftler weiter, können die Parteien, welche die FDP anklagen, keinen Profit daraus schlagen.

FDP profitiert von Kompetenzzuschreibung

Für Strijbis ist das eine interessante Erkenntnis. «Die politikwissenschaftliche Erklärung dafür ist, dass Parteien nur dann in der Wählergunst zulegen können, wenn ein Thema auf der Agenda ist, bei dem sie für besonders kompetent gehalten werden.» Beim Thema Wirtschaftspolitik aber werde die FDP als deutlich kompetenter wahrgenommen als alle anderen Parteien.

Welche Partei ist am kompetentesten in der Wirtschaftspolitik?
Welche Partei ist am kompetentesten in der Wirtschaftspolitik?
Quelle/Grafik: Oliver Strijbis und Maxime Walder

«Ganz offensichtlich nimmt man es den anderen Parteien einfach nicht ab, dass diese viel bessere Lösungen für die Banken und die Boni ihrer Manager bereithalten», so Oliver Strijbis.

Dass der Artikel über die CS die Umfrageteilnehmer*innen gar nicht beeinflusst hat und die Abweichungen zwischen den beiden Gruppen zufällig sind, hält der Politikwissenschaftler für eher unwahrscheinlich. Das gleiche Experiment habe er unter anderem auch zum Klimawandel oder der Asylpolitik gemacht: «Dort gibt es deutliche Effekte auf die Wahlintention.»