Fehlender Schnee in den Bergen Dem Skisport droht das Aus

Monique Misteli

9.11.2022

Skifahren bei guten Schneeverhältnissen dürften wohl der Vergangenheit angehören (Symbolbild).
Skifahren bei guten Schneeverhältnissen dürften wohl der Vergangenheit angehören (Symbolbild).
Keystone

Die Winter werden wärmer, der Schnee fällt spärlicher und das Skigeschäft wird mit Schneekanonen am Laufen gehalten. Das ist umstritten und stellt den Schweizer Wintertourismus vor grosse Herausforderungen. 

Monique Misteli

Die Winter werden kürzer, die Schneedecke dünner – Skitourismus in den Alpen ist eine Industrie, die ohne Schneekanonen und künstliche Speicherseen kaum mehr funktioniert.

Mehr als die Hälfte aller hiesigen Pisten werden mittlerweile künstlich beschneit. Tendenz steigend. In Österreich sind es gar 70 Prozent, meldet SRF.

Der warme Herbst zwang sogar den internationalen Skiverband, Rennen abzusagen. Und in einigen Regionen wurde der Start der Skisaison verschoben. Der Grund: Die Schneekanonen konnten wegen der warmen Temperaturen noch nicht betrieben werden.

Zudem ist die künstliche Beschneiung ressourcenintensiv. Umweltschützer kritisieren, man brauche dafür zu viel Wasser und Strom, Energie, die derzeit sowieso knapp sei. Und Beschneiung ist unglaublich teuer: Der Bau eines beschneiten Pistenkilometers koste schätzungsweise eine Million Franken.

Kann Skitourismus überhaupt noch funktionieren, wenn ja, wie?

Aufrüsten sei eine fragwürdige Flucht nach vorne

Für den Klimaforscher und begeisterten Skifahrer aus Gstaad, Reto Knutti, ist das stetige Aufrüsten der Skigebiete eine fragwürdige Flucht nach vorne. Das Bild der skiverrückten Schweiz sei veraltet, sagt Knutti zu SRF. Es gebe weniger Skifahrer*innen, weniger Schnee, zudem werde das Skifahren immer teurer. 

Null-Gradgrenze steigt um 400 Meter

Das Problem dürfte sich noch verschärfen: Die Null-Gradgrenze ist im Winter bereits um 400 Meter gestiegen. Gemäss Klimaszenarien könnte sie bis 2050 um weitere 400 Meter steigen. Skigebiete in mittlerer Lage hätten kaum Zukunft, prognostiziert die Naturschutzorganisation Pro Natura.

Kunstschnee brauche viel Wasser und Strom und sei schädlich für das empfindliche alpine Ökosystem. Die betroffenen Regionen sollten deshalb die Situation als Gelegenheit nutzen und naturverträglichere Geschäftsmodelle entwickeln, fordert Pro Natura.

Den Saisonstart nach hinten verschieben, Pistenkilometer reduzieren, alternative Wintersportmöglichkeiten anbieten sowie Konzentration auf Skigebiete in grosser Höhe, das sind Ideen aus dem Lager der Ausbau-Kritiker.

Staatliche Hilfe für Schneekanonen gefordert

Doch Menschen, die vom Skitourismus leben, kontern: Das, was so viel Energie verbrauche, sei eine Investition in Arbeitsplätze. FDP-Ständerat Hans Wicki forderte vor drei Jahren gar Staatshilfe für Schneekanonen.

Für die Skigäste im Winter sei die Schneesicherheit einer Destination das wichtigste Kriterium. Wer das nicht garantieren könne, verliere Gäste. Und wenn Bahnen Konkurs gingen, würden bald auch Hotels und Gewerbebetriebe schliessen, sagt Berno Stoffel von Seilbahnen Schweiz. Hunderttausende Arbeitsplätze würden gemäss ihm verloren gehen. Zudem würden Bergbahnen rund 0,3 Prozent des gesamten Strombedarfs der Schweiz ausmachen, geben die Seilbahnen Schweiz bekannt.

Konkrete und destinationsübergreifende Lösungen, wie es mit dem Skitourismus in der Schweiz weitergeht, existieren bis dato noch nicht. Fakt ist, dass etwas ändern muss. In welcher Form, bleibt jedoch offen.