Norweger über F-35 «Der Preis ist deutlich niedriger ausgefallen, als wir kalkuliert haben»

Von Philipp Dahm

8.7.2021

In den USA gilt die F-35 als Fass ohne Boden. Die Erfahrungen europäischer Betreiber sprechen eine ganz andere Sprache: In Norwegen hat der Jet seine finanziellen Ziele nicht nur erreicht, sondern übertroffen.

Von Philipp Dahm

In den USA hat die F-35 nicht den besten Ruf. Kein Wunder: Im September 2019 werden die Kosten für Entwicklung und Bau sowie den Betrieb über die gesamte Lebensdauer auf insgesamt 1,5 Milliarden Dollar geschätzt. Eineinhalb Jahre später räumt die Air Force ein, dass «die F-35 zu viel kostet».

Zuletzt hat der US-Kongress den Druck auf den Hersteller Lockheed Martin erhöht, die Betriebskosten zu senken, die bis auf 38'000 Dollar pro Flugstunde hochschiessen könnten. Beim Anschaffungspreis sind im Budget 77,9 Millionen Dollar pro F-35 veranschlagt, mit den Nebenkosten wie etwa Bewaffnung steigt der Betrag aber auf geschätzt 110,3 Millionen.



Was gilt denn nun? Weil die Situation in der Schweiz mit den US-Verhältnissen schwer vergleichbar ist, hilft nur ein Blick ins europäische Ausland, wo die F-35 ebenfalls im Einsatz ist.

Die Niederlande haben 2013 den Kauf von 37 F-35 für 4,5 Milliarden Euro beschlossen: Das macht einen Preis pro Flugzeug von inflationsbereinigt gut 140 Millionen Franken. Die Armee ist offenbar zufrieden mit dem Jet: Vor zwei Jahren wurden neun weitere Exemplare bestellt, die jeweils 111 Millionen Franken kosteten.

Erfahrungen aus Norwegen

Belgien hat sich im Jahr 2018 für den US-Flieger entschieden – und das wie die Schweiz explizit mit dem Preis begründet, bei dem die Konkurrenz nicht habe mithalten können. Für 34 F-35 hat Brüssel 4,2 Milliarden Franken in die USA überwiesen: Die Anschaffung schlug dort mit gut 123 Millionen Franken pro Maschine zu Buche.

Norwegen ist nach Grossbritannien und Italien das dritte europäische Land gewesen, das auf die F-35 setzt: 2012 wurden die ersten Bestellungen aufgegeben. 18 Maschinen sind heute im hohen Norden im Einsatz – und die Erfahrungen, die in Skandinavien gesammelt worden sind, dürften VBS und Armasuisse Mut machen.

Norwegische F-35 im März 2020 bei einem Nato-Manöver aus Island.
Norwegische F-35 im März 2020 bei einem Nato-Manöver aus Island.
Bild: Christian Timmig/Nato

Denn dort hat die F-35 die in sie gesetzten fiskalischen Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. «Der Preis für die Flugzeuge ist deutlich niedriger ausgefallen, als wir es 2012 kalkuliert haben», erklärt uns Vegard Norstad Finberg .«Die letzte Lieferung hat uns weniger als 80 Millionen Dollar pro Maschine gekostet.»

«Betriebskosten im kalkulierten Rahmen»

Im Vergleich dazu seien die Flugzeuge anderer Hersteller «ein bisschen teurer», ordnet der Oberstleutnant im Verteidigungsministerium den Wert ein. Und ergänzt: «Die Betriebskosten liegen im kalkulierten Rahmen.» Insgesamt würden sich alle Ausgaben in dem Budget bewegen, das vor neun Jahren erstellt worden war.

Böse Überraschungen habe es laut Norstad Finberg kaum gegeben: «Diejenigen Zusatzkosten, die wir hatten, sind durch den Wechselkurs zum Dollar und zum Teil durch bauliche Massnahmen wegen erhöhter Sicherheitsanforderungen entstanden.» Das tönt nach einer Punktlandung der F-35 in Norwegen.

Eine F-35 Lighting II wird im Juni 2019 von Mechanikern der US Air Force und der Royal Norwegian Air Force auf der Orland Air Base in Norwegen gewartet.
Eine F-35 Lighting II wird im Juni 2019 von Mechanikern der US Air Force und der Royal Norwegian Air Force auf der Orland Air Base in Norwegen gewartet.
Bild: Austin M. May/USAF

Viel zu meckern haben die Norweger augenscheinlich nicht: Das einzige Manko sei das Global Sustainment System, mit dem die Wartung der F-35 zentral gesteuert werden soll. Es sei «noch nicht ausgereift», verursache jedoch keine Mehrkosten. Das Problem soll bis 2025 gelöst sein – und somit noch vor der Auslieferung der Schweizer Jets.

«Mit Abstand das beste Resultat«

Der Vergleich mit den europäischen Betreibern der F-35 beweist, dass die Betriebskosten in Höhe von bis zu 35'000 Franken pro Flugstunde ein amerikanisches Problem sind. Im Falle von Norwegen kursiert ein Wert von lediglich knapp 12'000 Franken pro Flugstunde, der aber wohl eher als Anhaltspunkt denn als Fakt gesehen werden sollte.



Die Anschaffungs- und Betriebskosten haben zu 50 Prozent zum Schweizer Entscheid beigetragen: Die F-35 habe «mit Abstand das beste Resultat erzielt», versichert Viola Amherd. Die Ausgaben über 30 Jahre werden auf 15,5 Milliarden Franken geschätzt. Beim zweitbesten Angebot wären laut VBS rund 2 Milliarden Franken mehr fällig geworden.

Die Zahlen konnten zwar nicht von Journalisten überprüft werden – aber von einer Zürcher Wirtschaftskanzlei, die von der Verteidigungsministerin dazu beauftragt wurde. Und so ist es anscheinend also doch möglich, dass ein Jet der fünften Generation die älteren Modelle auch finanziell weit hinter sich gelassen hat.