Klimaaktivist*innen legen in Bern den Morgenverkehr lahm
Am Dienstagmorgen haben Klimaaktivist*innen die Autobahnausfahrt bei Bern-Wankdorf blockiert. Eine Professorin klebte sich dabei am Asphalt fest.
11.10.2022
Am Dienstagmorgen haben Klimaaktivist*innen die Autobahnausfahrt bei Bern-Wankdorf blockiert. Eine Professorin klebte sich dabei am Asphalt fest. Nun äussert sie sich zu ihren Beweggründen.
«Natürlich habe ich Angst vor Konsequenzen», sagt Julia Steinberger gegenüber 20 Minuten. Sich am Asphalt festzukleben und habe sie viel Überwindung gekostet, erklärt sie weiter.
Mit der Teilnahme an der Klima-Aktion wollte sie jedoch ein Zeichen setzten und zu verstehen geben, dass auch Professorinnen und Professoren Bürger*innen dieses Landes sind, die aus wissenschaftlicher Sicht den Staat kritisieren dürfen und auf Missstände aufmerksam machen müssen.
Julia Steinberger ist Professorin an der Universität Lausanne und forscht zu ökologischer Ökonomie.
«Wenn ich mich opfern muss, dann ist das so»
Als Fachexpertin wisse Steinberger, dass die Welt in einer existenziellen Klimakrise stecke. Wenn die Regierung nicht gewillt ist, dagegen etwas zu unternehmen, dann sei sie bereit, die Konsequenzen zu tragen. Auch wenn dies bedeute ihren Job zu verlieren, sagt sie im Interview mit dem Newsportal: «Wenn ich mich opfern muss, dann ist das so.»
Auf die Frage, ob es nicht weniger extreme Möglichkeiten gäbe, auf die Krise aufmerksam zu machen, entgegnet die Uni-Professorin, dass die bisherigen Vorschläge von der Regierung nicht gehört wurden.
Klima-Aktivisten fordern 4 Milliarden
Steinberger und die Klima-Aktivisten fordern den Bundesrat gemeinsam auf, angemessene Massnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. Konkret fordern sie 4 Milliarden Franken, um 100'000 zusätzliche Personen in den Berufen der thermischen Gebäudesanierung auszubilden. Damit könne man die CO2-Emissionen und die Heizungsrechnung drastisch senken, sagt die 48-jährige Mutter.
Uni Lausanne unterstützt das öffentliches Engagement
Die Universität Lausanne verweist auf einen internen Bericht, der sich mit dem öffentlichen Engagement von Akademikerinnen und Akademikern auseinandersetzt. In Bezug auf die Teilnahme Steinbergers an der Demo heisst es auf Anfrage von «20 Minuten»: «Die Universität Lausanne unterstützt das öffentliche Engagement von Akademikerinnen und Akademikern. Was jedoch den zivilen Ungehorsam betreffe, so kann die Universität Lausanne nicht in jedem Fall die Justiz ersetzen.»
Gemäss Pascal Caduff von der Anwaltskanzlei Lenz und Caduff unterliegt eine Professorin einer öffentlichen Universität einer erhöhten Treuepflicht gegenüber ihrer Arbeitgeberin.
Sie habe darum alles zu unterlassen, was die Vertrauenswürdigkeit beeinträchtigen könnte. «Sollte die Arbeitgeberin zum Schluss gelangen, dass die Professorin ihre Treuepflicht verletzt hat, so könnten Sanktionen wie Mahnung, Verweis oder Kündigung verhängt werden», sagt der Arbeitsrechtsexperte auf Anfrage des Newsportals.
Sechs Personen wurden festgenommen
Laut der Kantonspolizei Bern wurden bei der Aktion insgesamt sechs Personen angehalten und für weitere Abklärungen auf eine Polizeiwache gebracht. Davon hätten sich drei auf der Strasse festgeklebt. Gegen die Demonstrierenden wird zuhanden der Staatsanwaltschaft rapportiert. Im Raum stehen Nötigung, Behinderung einer Amtshandlung, Störung des Verkehrs sowie Störung des öffentlichen Verkehrs.