Vierte WelleDarum steht das Tessin bei den Intensivbetten so gut da
SwissTXT/pab/uri
8.9.2021
Die Intensivstationen in den Spitälern bleiben wegen der Covid-Patienten stark ausgelastet. Gut ist die Situation indes im Tessin – das hat spezielle Gründe.
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08.09.2021, 15:26
08.09.2021, 16:05
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Während die Situation auf den Intensivstationen in den Kantonen Tessin und Graubünden laut Experten noch im grünen Bereich ist, bereitet die Lage in der Deutschschweiz Sorgen: Hier müssen Patienten bereits in andere Spitäler verlegt und Operationen wieder verschoben werden.
Wie Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD), gestern auf der Medienkonferenz der Experten des Bundes erklärte, sind schweizweit bereits wieder 84 Prozent der zertifizierten Intensivbetten belegt. Die Hälfte entfalle dabei auf Covid-Patienten, wobei deren Anteil in den vergangenen fünf Tagen um zwei Prozent gestiegen sei.
Schweiz bei Intensivbetten unterdurchschnittlich
Ausgerechnet bei den in der Pandemie besonders wichtigen Intensivbetten ist die Schweiz jedoch alles andere als auf der Höhe. «Wir sind nicht spitze», erklärte zu den aktuellen Problemen Luca Crivelli, stellvertretender Direktor an der Swiss School of Public Health (SSPH+) in Zürich, in einer Sendung von Radiotelevisione Svizzera RSI.
Demnach liege die Schweiz hinsichtlich der Intensivbetten unterhalb des europäischen Durchschnitts. In der EU kämen 12,9 Intensivbetten auf 100'000 Personen, in Deutschland seien es sogar 33,9 Betten. Die Schweiz hingegen komme gerade mal auf 11,8 Betten auf 100'000 Personen.
Allerdings gab Crivelli auch zu bedenken, dass diese Zahlen kein komplettes Bild zeigen, denn die Zertifizierung von Intensivbetten sei in der Schweiz auch besonders streng. Laut dem Tessiner Experten müsse man hinsichtlich der Intensivbetten langfristig denken: «Wir wissen, dass wir die Verfügbarkeit erhöhen müssen, weil die Babyboomer immer älter werden.»
Es hängt nicht nur an den Betten, sondern auch am Personal
Dabei gehe es jedoch nicht nur um eine Steigerung der reinen Bettenzahl, so Cravelli. Vielmehr liege das Problem in der «Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal, das zwei bis drei Jahre Ausbildung benötigt».
Man müsse im Bedarfsfall die Möglichkeit haben, die Intensivpflegekapazitäten als Ganzes hochzufahren. Genau das sei dem Tessin auch vor eineinhalb Jahren dank des Ospedale multisito gelungen. Man habe nicht nur genügend Material gehabt, sondern auch die personelle Ausstattung habe gestimmt: «Das gesamte Intensivpflegepersonal des EOC ist zertifiziert und hoch spezialisiert. Es war also möglich, rasch mehr Personen einzustellen, ohne an Qualität zu verlieren», meint Cravelli.
Laut dem Experten sei eine entsprechende schnelle Reaktion in anderen Schweizer Kantonen derzeit so nicht möglich. Auch dürfte nach Meinung Cravellis bereits «zu spät» sein, um einen entsprechenden Prozess noch anzustossen. «Jetzt», so Crivelli, «können wir nur noch solidarisch handeln.»