Tourismus Reiseunternehmer fordern Abschaffung der BAG-Quarantäneliste

jl

19.4.2021 - 14:25

In der Reisebranche ist von Umsatzrückgängen von über 70 Prozent die Rede.
In der Reisebranche ist von Umsatzrückgängen von über 70 Prozent die Rede.
Bild: Keystone

Die Corona-Krise trifft die Reisebranche weiterhin hart – ein Ende der Reisebeschränkungen ist vorerst nicht in Sicht. Branchenvertreter verlangen deshalb einheitliche Lösungen für ganz Europa. 

Die Corona-Pandemie hat die Reisebranche in eine historische Krise gestürzt. Und noch immer müssen die Reisebüros mit den verschiedensten und ständig wechselnden Einschränkungen zurechtkommen. Entsprechend ist auch die Verunsicherung bei den Kundinnen und Kunden weiterhin gross.

Unter dem Titel «What's the new Normal?» haben sich am Montag deshalb verschiedene Branchenvertreter zu einer Gesprächsrunde getroffen. Zu den Teilnehmern zählten Dieter Zümpel, CEO von DER Touristik Suisse, Deniz Ugur, CEO von Bentour Reisen und Karim Twerenbold, VR-Präsident der Twerenbold Reisen Gruppe. Geleitet wurde der Talk von Travelnews-Chefredaktor Jean-Claude Raemy.

Der Reisewunsch von Herr und Frau Schweizer ist gross, sind sich die Talkgäste einig. Und auch das Bedürfnis nach Beratung sei gross. Nur müsse man den Kunden fast täglich etwas Neues sagen, da sich die Bedingungen ständig änderten, sagt etwa Zümpel.

So gebe es zwar viel Arbeit, jedoch betreffe diese kaum noch das Vermitteln von Reisen, sondern viele mehr Umbuchungen und Annullierungen – eine Arbeit also, die sich wiederum nicht in höheren Umsätzen auszahle. So ist von Umsatzrückgängen von über 70 Prozent die Rede.

Abschaffung der BAG-Liste gefordert

Wenig überraschend fordern die Branchenvertreter einheitliche Lösungen von der Politik. Man sei sehr bemüht, ein sicheres Reisen mittels Hygiene-Konzepte und Testen möglich zu machen, sei aber auch von der Impfkampagne und klaren Rahmenbedingungen seitens der Politik abhängig, so Twerenbold.

So fordert die Talkrunde die Abschaffung der Quarantäneliste des BAG. Die Liste sei willkürlich und die ständigen Anpassungen machten keinen Sinn, heisst es. Konkret verlangt Zümpel, dass getestete Reiserückkehrer nicht in Quarantäne müssen.

Der Fachmann macht dazu ein Beispiel: Wenn er aus Landquart zurückkehre, könne er sich testen lassen und dann ins Büro zur Arbeit gehen. Wenn er aber aus Mallorca zurückkehre, könne er dies auch bei einem negativen PCR-Test nicht. Das sei willkürlich.

Überall gelten andere Regeln

Ein grosses Problem sei auch, dass in allen Ländern wieder andere Richtlinien gälten. Twerenbold fordert daher eine einheitliche Lösung für ganz Europa. Ob es bald zu einer solchen kommt, scheint aber höchst unsicher. So geht etwa Zümpel davon aus, das Europa bis zu den Sommerferien noch nicht komplett bereisbar sein wird.

Auf jeden Fall werde die Situation aber für die Reisebüros sehr kompliziert bleiben. So rechne man weiterhin mit extrem kurzfristigen Buchungen und jedes Mal müsse für die jeweilige Destination dann ebenfalls sehr kurzfristig vorgängig abgeklärt werden, ob die Fluggesellschaften und Hotels überhaupt bereit seien.

Hoffnung machen aber immerhin erste Erfolge der Impfkampagne. So verweist Bentour-CEO Ugur auf entsprechend Studien, die zeigten, dass die Impfstoffe wirkten. Als leuchtendes Beispiel nennt er Israel. Und dies gebe doch eine positive Perspektive.

Nachhaltige Veränderungen

Umsätze wie 2019 halten die Branchenvertreter aber erst wieder ab 2023 für realistisch. Auch könnte es zu weiteren Rückschlägen etwa durch neue Virus-Mutationen kommen.

Allerdings wird die Pandemie auch als Chance gesehen. So habe die Krise der Branche Zeit gegeben, sich in Themen wie die Digitalisierung zu vertiefen. So seien etwa Video-Beratung, Online-Bezahlkanäle und Investitionen in neue Hardware vorangetrieben worden, heisst es in der Runde.

Aber auch Nachhaltigkeit beim Reisen sei ein grösser werdendes Thema. So veränderten sich neben dem Online-Shift die Geschäftsmodelle immer mehr in Richtung nachhaltiges und verantwortungsvolles Reisen, so Zümpel.

Entsprechend sei es wichtig, die eigenen Produkte nachhaltiger zu gestalten, am Ende stehe aber auch die Frage, ob der Kunde bereit sei, dies zu bezahlen. So müsse es auch in Zukunft Platz für Massentourismus geben, fügt Twerenbold an. Zumal dieser nicht zwingend weniger nachhaltig sein müsse.

jl