Bahnverkehr Corona behebt bei den SBB den Lokführermangel

sob

29.1.2021

Ein SBB-Lokführer auf der Bahnlinie zwischen Mendrisio und Stabio im Tessin. (Archivbild)
Ein SBB-Lokführer auf der Bahnlinie zwischen Mendrisio und Stabio im Tessin. (Archivbild)
KEYSTONE

Die SBB leiden unter notorischem Lokführermangel – aber nicht mehr lange. Dank Corona werden SBB und andere Bahnen von Bewerbungen regelrecht überrannt. Fast 10'000 waren es im Lauf des letzten Jahres.

Die SBB taten sich lange Zeit schwer, neues Personal zu rekrutieren. Der Arbeitsmarkt war völlig ausgetrocknet. In der Pandemie ist das Interesse am Beruf Lokführer aber sprunghaft gestiegen – die Ausbildungszentren der SBB kommen nicht mehr nach, wie die «Neue Zürcher Zeitung» schreibt.

«Allein im letzten Jahr sind 9234 Bewerbungen eingegangen», sagt SBB-Sprecher Martin Meier, «der Eingang ist sehr gut.» Wer Lokführer werden will, muss sich gedulden, bis er einen freien Platz für die Ausbildung bekommt: Alle Klassen seien bis Mai 2021 gefüllt, sagt Meier – und es werde weiter rekrutiert.

Drohender Engpass abgewendet

Weil in den nächsten Jahren mit den Babyboomern die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen, ist der Bedarf an Nachwuchs und beruflichen Quereinsteigern bei den Bahngesellschaften enorm.

Nun scheint sich die Situation zu entspannen. Gemäss jetziger Planung der SBB werden im Herbst bei der SBB über 350 Lokführerinnen und Lokführer gleichzeitig in Ausbildung sein – dies entspricht einem Allzeitrekord. Üblicherweise dauert die Ausbildung zum Lokführer bei den SBB 14 bis 16 Monate. Weil der Schulbetrieb in den Ausbildungszentren in Olten, Zürich-Altstetten, Lausanne und Bellinzona aufgrund coronabedingter Schutzmassnahmen nur eingeschränkt durchgeführt werden kann, verlängert sich die Ausbildungszeit bei einem Teil der angehenden Lokführer um einige Wochen. Nach heutigem Stand erwarten die SBB bis Ende des laufenden Jahres einen Ausgleich des Lokführerbestandes.

Viele Piloten bewerben sich als Lokführer

Auch andere Bahnunternehmen wie die BLS oder die Rhätische Bahn (RhB) stellen ein erhöhtes Interesse am Beruf des Lokführers fest, wie die NZZ weiter berichtet. «Bei uns sind alle Ausbildungsplätze bis Ende 2021 besetzt», sagt BLS-Sprecherin Tamara Traxler. Man sei bereits daran, Auszubildende fürs Jahr 2022 zu rekrutieren. Die BLS hat die Zahl der Klassen im letzten Jahr von vier auf sieben erhöht. Gegenwärtig sind 54 Lokführerinnen und Lokführer in Ausbildung. Bei der RhB heisst es, dass man für die Ausbildungsplätze für das Jahr 2021 bereits «ausreichend gute Bewerbungen» erhalten habe.

Unter den Bewerbern befinden sich auch viele Piloten. «Wir stellen fest, dass sich gerade auch Personen aus der Aviatikbranche für die Ausbildung interessieren», sagt SBB-Sprecher Meier. Einige hätten auch bereits mit dem Ausbildungsprogramm angefangen.

Grund dafür ist, dass seit dem Ausbruch der Pandemie aus dem einstigen Traumberuf Pilot ein Job mit höchst ungewissen Zukunftsaussichten geworden ist. Weil die erhoffte Erholung der Luftfahrtindustrie auf sich warten lässt, sehen sich die Airlines mit einem enormen Überbestand an qualifizierten Linienpiloten konfrontiert, der noch Jahre anhalten dürfte. Viele Piloten erlebten deshalb in den letzten Monaten ihr persönliches Grounding.

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