Camping und CoronaWas man übers Übernachten im Freien jetzt wissen muss
Von Julia Käser
30.7.2020
Die letzten freien Logierplätze für den Sommer sind heiss begehrt. Wieso Campingplatzbetreiber dennoch mit einem schwarzen Jahr rechnen und Wildcamping nicht immer eine gute Idee ist: eine Übersicht.
Sei es im Tessin, am Ufer des Vierwaldstättersees oder im Berner Oberland, eines fällt sofort auf: Camping boomt. Daran ist vor allem Corona schuld – doch nicht nur. Campen liege bereits seit ein paar Jahren im Trend, weiss Daniel Graf, Mediensprecher des TCS. «Schon 2019 war ein Rekordjahr.»
Auch mit der momentanen Situation ist man zufrieden. Graf: «Seit Juni läuft es sehr gut. Die Logiernächte waren im Juni 20 Prozent über dem Vorjahr und die Plätze sind bis Mitte August nahezu ausgebucht.» Die Buchungsanfragen für den Herbst lägen ebenfalls über jenen des Vorjahres. Laut Graf wird hier schliesslich das Wetter entscheidend sein.
Von der Tatsache, dass viele Schweizerinnen und Schweizer die Ferien in diesem Jahr im Inland verbringen, kann TCS Camping, der grösste Anbieter in der hiesigen Branche, jedoch nur bedingt profitieren – weil die Campingplätze während den Sommermonaten meistens ausgebucht seien, so Graf gegenüber «Bluewin».
Düstere Aussichten trotz Auslastung im Sommer
Trotz aktuell guten Zahlen und augenscheinlich ausgelasteten Campingplätzen rechnet Graf deshalb nicht mit einem am Ende doch noch guten Jahr für die Branche. «Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir die Umsätze und Logiernächte der Frei- und Brückentage im Frühling, die dem Corona-Shutdown zum Opfer fielen, nicht kompensieren können.»
Dabei hatte das Jahr für die Campingplatz-Betreiber verheissungsvoll begonnen: Sowohl im Januar als auch im Februar verzeichneten sie deutlich mehr Logiernächte als im Vorjahr, wie aktuelle Zahlen des Bundesamts für Statistik (BfS) zeigen.
Aufgrund der Corona-Pandemie brachen die Übernachtungen anschliessend komplett ein: Während 2019 im März knapp 47'000 Logiernächte verbucht wurden, waren es in diesem Jahr nur noch gut die Hälfte. Anfang April wurden die Campingplätze im Rahmen der Corona-Massnahmen des Bundes bis zum 6. Juni schliesslich flächendeckend geschlossen.
Es werde folglich unmöglich sein, die gesamte Campingsaison auf dem Niveau des Vorjahres abzuschliessen, bilanziert Graf schliesslich. Ähnlich klingt es beim Verband Schweizerischer Campings (Swisscamps). Dessen Präsident liess gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA verlauten, man erwarte bis Ende Jahr ein Minus von rund 500'00 Übernachtungen – im Vergleich zum Vorjahr.
Keine einheitliche Regelung beim Wildcamping
Der vergangene Shutdown hin oder her: Aktuell reissen sich Herr und Frau Schweizer um die letzten noch freien Logierplätze auf Campings. Kurzentschlossenen, die ihre Camping-Ferien üblicherweise sehr spontan planen, rät Graf deshalb: «Man sollte sich unbedingt beim Campingplatz der Wahl im Voraus darüber informieren, ob es noch Platz hat.»
Wird man in der gewünschten Region nicht fündig, kann man sich immer noch dafür entscheiden, wild zu campen – doch das ist längst nicht überall eine gute Idee. Graf rät, sich bei den jeweiligen Gemeinden zu erkundigen, wo und in welchem Rahmen Wildcamping erlaubt sei.
Eine einheitliche Regel fehlt in der Schweiz und auch einen Tatbestand stellt Wildcamping an sich nicht dar, wie ein Sprecher der Berner Kantonspolizei gegenüber «Bluewin» erklärt. Geregelt werde das freie Übernachten jedoch etwa durch die Naturschutz-Gesetzgebung oder durchs Strassenverkehrsgesetz.
So ist das Campen in sämtlichen Naturschutzgebieten, Jagd- sowie Wildruhezonen und im Nationalpark strikt untersagt. Im schlimmsten Fall drohen Ordungsbussen oder eine Anzeige.
Kein Problem sind in aller Regel einzelne Übernachtungen im Gebirge oberhalb der Waldgrenze – sofern man sich nicht in einer Gruppe aufhält – oder auf Privatgrundstücken mit einer entsprechenden Erlaubnis des Besitzers. Dorthin dürfen Campierer ausweichen, sollten die Campingplätze Corona sei dank überfüllt sein.
Viele Wildcampierer dank Corona?
Auf Anfrage heisst es sowohl bei der Kapo Bern als auch bei der Kantonspolizei Graubünden, die generelle Verantwortung liege bei den einzelnen Gemeinden. Folglich sei es schwierig, Aussagen zur gegenwärtigen Situation rund um die unerlaubten Übernachtungen im Freien zu machen.
So erhält die Berner Polizei aktuell zwar Meldungen zu Wildcampierern, die gegen die Regel verstossen, oder macht auf ihren Patrouillen entsprechende Beobachtungen – von einer aussergewöhnlichen Situation in diesem Jahr kann laut dem Sprecher aber nicht die Rede sein.
Besorgt zeigt sich schliesslich die Naturschutzorganisation Pro Natura. Gegenüber dem TagesAnzeiger spricht man dort von «unhaltbaren Zuständen» in bestimmten Naturschutzgebieten und plädiert – auch unabhängig von der Coronakrise – für ein härteres Durchgreifen der Behörden gegen Wildcampierer.