Drohende Evakuierung in Brienz GR: «Aufgebrachte Stimmung im Dorf – viele offene Fragen»
In Brienz GR droht eine erneute Evakuierung. Denn der oberste Teil der Schutthalde bewegt sich mit zunehmender Geschwindigkeit auf das Dorf zu. Die Stimmung bei den Bürgern ist angespannt, viele sind wütend. Die Ungewissheit zerrt an den Nerven.
11.11.2024
Das Bündner Bergdorf Brienz GR muss bis Sonntag evakuiert werden. Das hat die Gemeinde beschlossen.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Das Bündner Bergdorf Brienz GR muss bis Sonntag evakuiert werden.
- Das hat die Gemeinde beschlossen.
- Ein Infoabend unterrichtet die Bevölkerung zu den Details der Evakuierung und Sperrung des Dorfs.
Das Dorf Brienz muss evakuiert werden. Das hat der Gemeindevorstand auf Empfehlung des Gemeindeführungsstabes beschlossen, wie die Gemeinde in einer Mitteilung schreibt.
Sämtliche Bewohner:innen müssen das Dorf bis am Sonntagmittag, 17. November um 13 Uhr verlassen haben. Die Evakuierung dürfte mehrere Monate andauern.
Der Frühwarndienst der Gemeinde Albula, zu der das Dorf Brienz gehört, hat die Gefahrenlage zusammen mit der Fachgruppe Geologie und Naturgefahren sowie weiteren Geologen analysiert und die vorsorgliche Evakuierung von Brienz zum kommenden Wochenende empfohlen. Es muss davon ausgegangen werden, dass das Dorf mehrere Monate nicht betreten werden kann.
Betretungsverbot ab sofort
Gemeindevorstand und Gemeindeführungsstab möchten den Betroffenen möglichst viel Zeit für eine Evakuierung geben und haben gemeinsam mit der Leitung des kantonalen Führungsstabs die Frist auf den Sonntagmittag um 13 Uhr festgelegt. Bis dann müssen alle Menschen und Tiere das Dorf verlassen haben.
Aus Sicherheitsgründen gilt ab sofort ein Betretungsverbot. Die Zufahrtsstrassen nach Brienz sind gesperrt. Einzig Bewohnerinnen, Bewohner und Zweitheimische, die in Brienz Gebäude evakuieren, haben Zutritt.
Angst vor Schutthalde
In der Schutthalde hoch über Brienz bewegen sich seit der zweiten Septemberhälfte rund 1,2 Millionen Kubikmeter Felsschutt mit 20 bis 35 Zentimetern pro Tag talwärts. Es besteht die Gefahr, dass er sich löst und dann als schneller Schuttstrom in Richtung des Dorfes abgleitet.
Nach Einschätzung der Geologen und Naturgefahrenexperten ist es am wahrscheinlichsten, dass sich Schutthalde wieder beruhigt. Ein Schuttstrom bis in das Dorf ist aber nicht auszuschliessen. Eine solche Steinlawine könnte Geschwindigkeiten von 80 oder mehr Stundenkilometern erreichen. Sie könnte das Dorf teilweise oder ganz zerstören.
Halbe Million Franken Soforthilfe
Noch am Dienstag hat der Kanton Graubünden Brienz eine Soforthilfe von einer halben Million Franken zugesichert. «Angesichts der anstehenden Evakuation hat die Regierung beschlossen, eine zusätzliche Soforthilfe in der Höhe von 500’000 Franken zu leisten», hiess es in der Mitteilung
Dieser Beitrag soll unter anderem helfen, ungedeckte Umzugs- und Mietkosten zu decken. Über die Verteilung entscheide die Gemeinde Albula in Koordination mit der Spendenkommission..
blue News war noch am Montag in Brienz und konnte mit den Bewohnern sprechen. Zu diesem Zeitpunkt war die Evakuierung noch nicht beschlossen. Die Eindrücke aus dem Bergdorf siehst du im Video.
Weitere Stimmen von Bewohnern gab es während des Infoabends am Dienstagabend. «Ich würde gerne zu Hause bleiben, aber ich darf nicht», beschwerte sich ein Mann. «Wenn die Brienzer nochmal weggehen müssen, werden wir nicht mehr gehen. Dann wird es einen Skandal geben.»
Drohende Evakuierung in Brienz GR: «Aufgebrachte Stimmung im Dorf – viele offene Fragen»
In Brienz GR droht eine erneute Evakuierung. Denn der oberste Teil der Schutthalde bewegt sich mit zunehmender Geschwindigkeit auf das Dorf zu. Die Stimmung bei den Bürgern ist angespannt, viele sind wütend. Die Ungewissheit zerrt an den Nerven.
11.11.2024
Liveticker: Infoabend zum Brienzer Rutsch
Am Dienstagabend veranstaltete die Gemeine einen Infoabend zur Evakuierung. Den kompletten Liveticker gibt es hier nachzulesen.
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20.28 Uhr
Albertin beendet Infoabend
«Versuchen wir die Evakurierung miteinander und nicht gegeneinander zu schaffen», richtet Albertin sich an die Bevölkerung. Solidarität funktioniere: «Auch diese Herausforderung wird uns als Gesellschaft stärken.» Mit diesen Worten beendet der Gemeindepräsident die Konferenz.
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20.19 Uhr
Keine Intervention durch Feuerwehr
Nach Evakuierung des Dorfes wird es keine Intervention durch die Feuerwehr geben. Dafür sei die Gefahr für die Feuerleute zu gross, wird eine weitere Frage beantwortet.
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20.11 Uhr
Stundenweise Rückkehr nicht vorgesehen
Eine stundenweise Rückkehr in das Dorf, wie sie bei vergangenen Evakuierungen möglich war, sei diesmal nicht vorgesehen, stellt Pascal Porchet auf eine Nachfrage aus dem Publikum klar. Die Möglichkeit werde aber geprüft, wenn es einen Anlass dafür gebe.
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20.07 Uhr
Weitere Publikumsbeiträge
Ein weiterer Anwohner bezweifelt, dass die Steine das Dorf erreichen würden. «In zwei bis drei Jahren vielleicht, aber nicht jetzt», sagt der Mann.
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19.55 Uhr
Anwohner: «Ich würde gerne zu Hause bleiben.»
«Wenn die Brienzer nochmal weggehen müssen, werden wir nicht mehr gehen», beendet der Mann seinen Redebeitrag. «Dann wird es einen Skandal geben.» «Ihr geht nicht für uns», entgegnet Gemeindepräsident Daniel Albertin. «Ich würde gerne zu Hause bleiben, aber ich darf nicht», beschwert sich der Mann. «Das ist richtig», sagt Albertin.
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19.49 Uhr
Finanzielle Probleme werden in Fragerunde angesprochen
Ein aufgebrachter Bürger spricht die finanziellen Probleme, die die Evakuierung für Besitzer*innen von Immobilien mit sich bringt, an. Die Kosten würden vom Schätzungsamt nicht geschätzt werden. Er äussert Lob für das Vorhaben, die Regierung in einer späteren Veranstaltung einzubinden. Dann könne er diese Fragen an Regierungsvertreter richten.
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19.40 Uhr
Hotel bietet leer Zimmer für Evakuierte
Über die Betreuung von Betroffenen informiert Jürg Marguth. So gibt es eine Hotline und eine E-Mail-Adresse, an die sich wenden kann, wer Unterstützung bei der Wohnungssuche benötigt. Das geschlossene Hotel Albula & Julier hat Zimmer bereitgestellt für Menschen, die keine Unterbringung gefunden haben.
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19.36 Uhr
Details zur Räumung werden bekanntgegeben
Es folgen Details zur Räumung. Eine vollständige Räumung sei nicht nötig, da von der Möglichkeit der Rückkehr ausgegangen werde. Was für den Alltag benötigt wird oder nicht finanziell ersetzt werden kann, sollte aber mitgenommen werden.
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19.35 Uhr
Phase Orange ausgelöst
Porchet stellt den Vorgang der Evakuierung vor. Man befinde sich nur in der Phase Orange, in der die Evakuierung vorbereitet wird. Bis kommenden Sonntag um 13 Uhr muss das Gebiet verlassen worden sein. Ab dann gilt ein absolutes Betretungsverbot inklusive Strassensperre und Überflugsverbot (Phase Rot).
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19.29 Uhr
500'000 Franken Nothilfe von Regierung
Pascal Porchet vom Amt für Miiltär und Zivilschutz verkündet Details zum Briefing der Regierung zur Notlage. Diese habe die Unterstützung gegenüber der Gemeinde und dem Kanton in Aussicht gestellt. Die Regierung werde weitere 500'000 Franken zur Nothilfe bereitstellen. Zum Projekt Umsiedlung habe sie ebenfalls Unterstützung angekündigt.
Die Regierung werde bei einer späteren Bevölkerungsinformation anwesend sein, um zu informieren und Fragen zu beantworten.
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19.26 Uhr
Schuttlawinen nach Sperrung könnten Brienz zerstören
Eine Sprengung könne unvorhersehbare Schuttlawinen auslösen, die Brienz nicht nur beschädigen würde - sondern zerstören. Eine auf Grosssprengung spezialisierte Einheit wird andere Varianten einer Sprengung jedoch weiter untersuchen.
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19.23 Uhr
Sicherheitssprengung nicht möglich
Nun spricht Andreas Huwiler vom Amt für Wald und Naturgefahren. Er erklärt, warum eine Sicherheitssprengung im Brienzer Fall keinen Sinn macht. Der Sprengstoff müsse via Bohrungen in die Steinmasse gebracht werden. 10'000 Bohrungen seien dafür nötig sowie 360 Tonnen Sprengmittel. Die Sprengkraft entspreche mehr als dem Dreissigfachen der grössten Bombe der Welt - im Besitz des US-Militärs. Auch Arbeitssicherheit könne nicht gewährleistet werden. Eine Maschine, die diese Arbeit in kurzer Zeit vornehmen könnte, existiert nicht.
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19.19 Uhr
Rückkehr erst nach mehreren Monaten
Erst nach einer wesentlichen Veränderung der Situation zum besseren sei eine Aufhebung der Evakuierung möglich, so Schneider. Das werde vermutlich Monate dauern.
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19.18 Uhr
Evakuierung nötig wegen Unvorhersehbarkeit
Durch die räumliche Ausbreitung, die Möglichkeit eines schnellen Schuttstroms und die Grenzen der Zuverlässigkeit der zeitlichen Prognose sei das Risiko zu hoch geworden, um nicht zu handeln.
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19.15 Uhr
Geringe Wahrscheinlichkeit für schnellen Schuttstrom
Ein sehr schneller Schuttstrom könne nicht ausgeschlossen werden - sei aber sehr unwahrscheinlich. In diesem Fall, so Schneider, würde auch Brienz vom Schutt erreicht werden. Zwar sei die Wahrscheinlichkeit gering, aber auch gross genug, um nicht als blosses Restrisiko abgetan zu werden.
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19.13 Uhr
Hangrutsch wird sich nach mehreren Monaten beruhigen
Eine Beruhigung der Lage sei im Zeitraum mehrerer Monate sehr wahrscheinlich, beruhigt Schneider. Wie weit genau der Rutsch fortschreiten muss, um zum Stillstand zu kommen, kann jedoch nicht gesagt werden.
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19.09 Uhr
Geschwindigkeit der Schutthalde durch Regen begünstigt
Die Schutthalde habe sich «wie abgelöst» und dann beschleunigt, so Schneider. Der viele Regen zum Sommerbeginn habe die Bewegung begünstigt. Später hätten intensive Regentagen im September und Oktober die Geschwindigkeit der Schutthalde stark intensiviert.
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19.07 Uhr
Geologe erklärt Lage
Als nächstes spricht Geologe Stefan Schneider, um die Erkenntnisse zu erläutern, die zur Entscheidung der Evakuierung führten.
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19.06 Uhr
Bündner Regierung spendet 5000 Franken
Albertin betont, welche Strapazen die Evakuierung für die Bevölkerung mit sich bringt. Die Bündner Regierung hat 5000 Franken Unterstützung zur Verfügung gestellt, um Betroffene zu unterstützen.
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19.02 Uhr
Daniel Albertin begrüsst zum Infoabend
Gemeindepräsident Daniel Albertin begrüsst zum Infoabend zum Brienzer Rutsch.